Artikel aus dem Jahr 2016

Im Zweifel für die Freiheit

Standpunkt aus Berlin Depesche Nr. 97 (Mai 2016)

Bundestagsrede von Martin Dörmann in der Aktuelle Stunde am 27. April zum Umgang mit der Presse- und Medienfreiheit in der Türkei und der Causa Böhmermann

Presse- und Meinungsfreiheit sind Grundpfeiler jeder Demokratie. Es muss uns deshalb umtreiben, dass in immer mehr Staaten Journalisten und andere kritische Stimmen mit Repressalien bedroht werden. Wir sollten laut vernehmbar unsere Stimme erheben, um unabhängige Berichterstattung zu schützen.

Das gilt auch und gerade für die Türkei, die aus vielen Gründen ein wichtiges Partnerland für Deutschland ist. Umso mehr muss uns beunruhigen, dass die Türkei auf der von Reporter ohne Grenzen aufgestellten Liste der Pressefreiheit weit hinten liegt, nämlich auf Platz 151 von 180 Staaten.

Seit Jahren gibt es dort eine sehr negative Entwicklung in Bezug auf Presse- und Meinungsfreiheit, entscheidend forciert durch die zunehmend autokratische Politik des heutigen Staatspräsidenten Erdogan.

Hunderte türkische Journalisten müssen sich wegen kritischer oder investigativer Veröffentlichungen vor Gericht verantworten. Inzwischen sind beinahe 2000 Menschen mit Strafverfahren wegen Beleidigung des Präsidenten oder ähnlicher Vorwürfe überzogen worden.

Die FAZ schrieb gestern von einem „Zustand fortgeschrittenen Majestätsbeleidigungswahns“ des Präsidenten, der mit den Methoden eines Polizeistaats vorgehe. Nun sind auch verstärkt ausländische Journalisten im Visier. Es häufen sich Berichte über schwarze Listen. Der Spiegel-Online-Korrespondent Hasnain Kazim musste kürzlich aus Angst vor einer Festnahme das Land verlassen. Gestern schrieb er auf Spiegel Online:

„Die Türkei setzt internationale Pressevertreter unter Druck, mit Einreiseverboten, Anzeigen und Hasskampagnen im Internet. Die Reporter spüren jetzt die Angst, die ihre einheimischen Kollegen schon lange kennen.“ Vermehrt interveniert die Türkei jetzt bei unliebsamen Beiträgen sogar im Ausland, wie mit der Einbestellung des deutschen Botschafters wegen eines Erdogan-kritischen Satireliedes in der ARD-Sendung „extra3“.

Vor diesem Hintergrund war es richtig, dass Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Justizminister Heiko Maas im Kabinett gegen den Antrag der Türkei im Fall Böhmermann und damit gegen eine Strafverfolgungsermächtigung wegen Majestätsbeleidigung gestimmt haben; denn bei dieser Ermessensentscheidung kam es eben nicht auf juristische Erwägungen an, sondern vor allem auf die politische Wirkung.

Die Verweigerung der Ermächtigung wäre ein starkes Signal gewesen, für Satire- und Meinungsfreiheit und gegen die Strategie des türkischen Präsidenten, kritische Stimmen mit den Mitteln des Strafrechts einzuschüchtern.

Die Kanzlerin hat leider anders entschieden und damit in Kauf genommen, dass hierdurch in den Augen vieler Menschen die gegenteiligen Signale gesetzt wurden.

Das Votum der Kanzlerin ist aber auch widersprüchlich; denn sie selbst hat ja die Sondervorschrift des § 103 Strafgesetzbuch, landläufig als Majestätsbeleidigung bekannt, als für die Zukunft entbehrlich bezeichnet und deren Abschaffung angekündigt.

Die Justiz kann ja bekanntlich – wie im vorliegenden Fall – wegen des normalen Beleidigungstatbestandes unabhängig ermitteln, genauso wie bei jedem anderen Bürger, aber eben nicht mit einer erhöhten Strafandrohung wie bei Staatsoberhäuptern.

Nun fragt sich jeder doch: Warum soll jetzt noch zur Anwendung kommen, was eigentlich entbehrlich ist? Das öffnet letztlich Spekulationen Tür und Tor. Es darf doch gar nicht erst ein falscher Eindruck etwa in Bezug auf das Flüchtlingsabkommen der EU mit der Türkei erweckt werden. Vielmehr müssen wir klarmachen: Presse-, Kunst- und Meinungsfreiheit sind für uns nicht verhandelbar.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat Ende April einen Gesetzentwurf zur sofortigen Abschaffung dieses unzeitgemäßen § 103 Strafgesetzbuch vorgelegt; denn es sind nicht die Obamas dieser Welt, die sich darauf berufen; es sind andere.

Deshalb zum Schluss mein Appell an unseren Koalitionspartner: Lassen Sie uns diese unselige Sondervorschrift doch einfach schnell streichen! Lassen Sie uns ein klares Signal setzen, dass wir autokratischen Machthabern kein Sonderrecht mehr einräumen; denn unsere Haltung muss doch klar sein: Im Zweifel für die Freiheit.


mehr

Integrationskonzept

Integration und Innere Sicherheit im Fokus

Die Spitzen der Regierungskoalition haben sich auf bestimmte Maßnahmen in der Integrationspolitik und der inneren Sicherheit verständigt.

Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik wird Integration verbindlich in einem Gesetz geregelt. Das ist ein historischer Schritt. So schafft die Koalition Orientierung für die neu nach Deutschland kommenden Menschen und macht Integration für alle planbarer. Dieses Gesetz signalisiert: Leistung lohnt sich.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagt: „50 Jahre nach dem Beginn der Einwanderung bekommt Deutschland jetzt ein Integrationsgesetz.“

Die Koalition wird dafür sorgen, dass junge Menschen nicht länger in den Erstaufnahmeeinrichtungen zum Nichtstun verdammt sind, sondern durch 100.000 zusätzliche Arbeitsgelegenheiten einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen können.

Im Sinne eines „Förderns und Forderns“ wollen SPD und Union die Eigenbemühungen von Asylbewerbern unterstützen. So machen sie Integration für alle verbindlicher und schaffen mehr Sicherheit. Deutlich früher als bisher erhalten Schutzsuchende Zugang zu Leistungen der Ausbildungsförderung. Es wird Rechtssicherheit für alle Betriebe geschaffen, die ausbilden und für alle Flüchtlinge, die eine Ausbildung anstreben. Der Aufenthalt ist für die ganze Dauer der Ausbildung gesichert, und nach erfolgreicher Ausbildung schließt sich ein zweijähriges Aufenthaltsrechts zur Beschäftigung an („3+2“-Regelung). Die Altersgrenze für den Beginn einer Ausbildung entfällt. Die Vorrangprüfung wird für drei Jahre in Gebieten mit unterdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit ausgesetzt. Das hilft vielen, auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Um für anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte einen zusätzlichen Integrationsanreiz zu schaffen, wird eine Daueraufenthaltserlaubnis nur erteilt, wenn Integrationsleistungen erbracht worden sind. Dabei wird aber weiterhin auch die Lage im jeweiligen Herkunftsland berücksichtigt.

Die Koalition öffnet für Flüchtlinge neue und schnellere Zugänge zu Integrationskursen. Der Anspruch darauf soll auf das erste Jahr nach Ankunft konzentriert werden. Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive müssen möglichst schnell einen Kurs besuchen können. Wartezeiten sollen von bisher drei Monaten auf sechs Wochen verkürzt werden. Die Kursangebote werden entsprechend ausgeweitet.

Und schließlich haben SPD und Union eine Reihe von praktischen Problemen gelöst: So erhalten Schutzsuchende in Zukunft einen Ankunftsnachweis, um frühzeitig Zugang zu Arbeitsmarkt und Integrationsleistung zu bekommen und auch die Übernahme von Dolmetscherkosten wird klarer geregelt.

Mit dem Integrationsgesetz schreibt ein Regierungsbündnis zum ersten Mal die Angebote und die Erwartungen an Integration verbindlich fest. Damit haben die Sozialdemokraten eines ihrer zentralen Anliegen durchgesetzt: In ein paar Jahren wird dieses Integrationsgesetz als erster Schritt zu einem modernen Einwanderungsgesetz gelten.

Vizekanzler Sigmar Gabriel sagt: „Integration ist anspruchsvoll. Sie ist anstrengend. Sie stellt Anforderungen an die Menschen, die zu uns kommen. Sie stellt aber auch Anforderungen an unseren Staat.“ Das Integrationsgesetz bezeichnete er als „historischen Schritt“ und fügte an: „Wer zu uns gehören will, der wird nun bessere Möglichkeiten haben, seinen eigenen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten.“

Kriminalität bekämpfen, öffentliche Sicherheit garantieren

Innere Sicherheit ist ein sozialdemokratisches Thema. Nur sehr reiche Menschen können sich einen armen Staat leisten. Deshalb ist die öffentliche Sicherheit eine zentrale Aufgabe des Sozialstaats und ein unverzichtbares Bürgerrecht. Mit den Beschlüssen des Koalitionsausschusses wird ein Paket zur Bekämpfung von Terrorismus auf den Weg gebracht. An weiteren Maßnahmen zur allgemeinen Kriminalitätsbekämpfung arbeiten die Koalitionsfraktionen, insbesondere werden die Mittel zur Einbruchssicherung erhöht.

Deutschland ist gut aufgestellt, um terroristischen Herausforderungen zu begegnen. Dank des Einsatzes von Bundesjustizminister Heiko Maas gibt es in dieser Legislaturperiode z. B. einen neuen Straftatbestand zur Terrorismusfinanzierung und des Reisens in Terrorcamps.

Die Anschläge in den vergangenen Monaten zeigen: Es mangelt nicht an Daten, es mangelt an grenzüberschreitender Zusammenarbeit, an Austausch und auch an Personal. Deshalb wird es keine neuen Maßnahmen zur Massenüberwachung geben. Vielmehr stärkt die Koalition die Kooperation der Sicherheitsbehörden und stockt die Mittel auf, damit die Behörden intensiven Druck auf hier ansässige Unterstützer des Terrors ausüben können. Ebenso müssen Beratungsstellen und Präventionsträger finanziell besser ausgestattet werden. SPD und Union wollen eine Selbstverpflichtung der Internetunternehmen, gegen terroristische Propaganda im Netz vorzugehen. Terrorfinanzierung hängt eng mit Geldwäsche zusammen, daher wird die Koalition die Geldwäschebekämpfung verschärfen. Allerdings verweigert sich die Union bisher der SPD-Forderung, über die bereits beschlossenen 3000 Stellen bei der Bundespolizei und beim Bundeskriminalamt weitere 3000 Stellen dort zu schaffen. Hierfür wird sich die SPD-Fraktion weiter einsetzen.

Sigmar Gabriel betont: „Sicherheit ist nicht nur soziale Sicherheit, sondern auch innere Sicherheit. Sie schützt die innere Freiheit in Deutschland. Innere Sicherheit ist ein sozialdemokratisches Thema. Nur sehr Reiche Menschen können sich einen armen Staat leisten, weil sie sich ihre Sicherheit über privaten Wachschutz finanzieren.“ Deshalb sei auch die öffentliche Sicherheit in Deutschland „eine zentrale Aufgabe des Sozialstaats und ein unverzichtbares Bürgerrecht“.

Koalitionsprojekte Leiharbeit und Werkverträge, Rente, Bundesteilhabegesetz

Die Koalition hat bekräftigt, dass der Koalitionsvertrag gilt und dass die verabredeten Projekte umgesetzt werden. Daran hatte es zuletzt immer wieder Zweifel gegeben, die nun ausgeräumt sind.

Der von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles vorgelegte Gesetzentwurf zur Bekämpfung des Missbrauchs bei Werkverträgen und Leih- und Zeitarbeit geht unverändert in die Ressortabstimmung sowie Länder- und Verbändeanhörung. Für die SPD-Fraktion ist klar: Die Vereinbarungen des Koalitionsvertrags hierzu dürfen nicht weiter in Frage gestellt werden. Mit diesem Gesetzentwurf wollen die Sozialdemokraten der Arbeit ihren Wert zurückgeben. Leistung muss Sicherheit und faire Löhne schaffen.

Auch für die weiteren zentralen Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag sind die Verfahren zur Umsetzung geklärt. Das betrifft das Bundesteilhabegesetz, mit dem die Voraussetzungen für eine bessere gesellschaftliche Teilhabe behinderter Menschen geschaffen werden sollen, ebenso wie die Bereiche Renten und Energie.

Bei der Erbschaftssteuer ist die SPD hart geblieben, weil es um eine Kernfrage sozialer Gerechtigkeit geht: Sie will Betriebe und Arbeitsplätze schützen, nicht die Steuerfreiheit großer Vermögen. Die Sozialdemokraten machen nichts mit, was verfassungswidrig und dazu noch grob ungerecht ist.

mehr

Berlin Depesche Nr. 97

Wahlkreiszeitung mit aktuellen Informationen aus Berlin und Köln

mehr

Erklärung nach § 31 GO des Bundestages zu Fracking

Persönliche Erklärung zum Entwurf eines Gesetzes der Fraktion BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN zur Änderung des Bundesberggesetzes zur Untersagung der Fracking-Technik sowie dem Antrag der Fraktion DIE LINKE „Verbot von Fracking in Deutschland„.

mehr

Bundestagsrede zur Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei

Bundestagsrede in der Plenardebatte am 27. April 2016 der aktuellen Stunde zum „Umgang mit der Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei“

mehr

Frühjahrsempfang des SPD-Stadtbezirks Innenstadt

IMG_0509bA

Sonntag, 24. April 2016, 11:00 Uhr

Bel Etage des Schokoladenmuseums, Am Schokoladenmuseum 1A, 50678 Köln

Zu Getränken, Snacks und einem sensationellen Ausblick auf die Kölner Innenstadt laden die Bundestagsabgeordneten Martin Dörmann und Elfi Scho-Antwerpes, die Landtagsabgeordneten Ingrid Hack und Stephan Gatter, die Mitglieder im Rat der Stadt Köln, Martin Börschel, Karl-Heinz Walter und Dietmar Ciesla-Baier sowie die Mitglieder der Bezirksvertretung Innenstadt mit der Vorsitzenden Dr. Regina Börschel zum Gespräch ein. 

mehr

„Fraktion vor Ort“ zur Innenpolitik mit Eva Högl, MdB

Pressefoto_Eva_Hoegl_download2

„Herausforderungen der Innenpolitik -  Öffentliche Sicherheit,  Asyl,  Integration“

Dienstag, 19. April 2016, 19:00 Uhr

Literaturhaus Köln , Großer Griechenmarkt 39, 50676 Köln

Veranstaltung der Kölner SPD-Bundestagsabgeordneten mit Referentin: Dr. Eva Högl, MdB
Stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion

mehr

Merkel-Entscheidung zu Böhmermann falsch und widersprüchlich

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat es versäumt, in Sachen Böhmermann ein klares Signal für Meinungsfreiheit zu setzen. Zudem ist es widersprüchlich, grünes Licht für eine Strafverfolgung zu geben, die man eigentlich für überflüssig hält und für die Zukunft ausschließen möchte. Sie jetzt doch noch zugunsten der Türkei wirken zu lassen, öffnet Spekulationen Tür und Tor, die Kanzlerin sei gegenüber der Türkei nicht voll handlungsfähig.

mehr

Kulturausschuss berät weitere Änderungen der Kulturgutschutz-Novelle

spd_bf_logo.gif

Die Koalition wird das Kulturgutschutzrecht neu regeln. Der illegale Handel – vor allem mit Raubgut aus Kriegs- und Krisengebieten – soll bekämpft und national wertvolles Kulturgut besser vor der Ausfuhr geschützt werden. Die heutige Anhörung hat noch einige Schwächen offenbart.

mehr

Abschlussbericht der Expertenkommission zur Zukunft der Stasi-Unterlagenbehörde

FotoExpertenkommission BStU  zu Gast in der AG Kultur und Medien 12 04 2016

Mitglieder der Expertenkommission zur Zukunft der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) zu Gast in der AG Kultur und Medien der SPD-Bundestagsfraktion

Am heutigen Dienstag hat die Expertenkommission zur Zukunft der Stasiunterlagenbehörde ihren Abschlussbericht dem Bundestagspräsidenten Norbert Lammert übergeben.

mehr