Aus: Kölnische Rundschau, 26. September 2017

Der Rechtsanwalt Martin Dörmann (55) saß seit 2002 für die SPD im Bundestag. Viermal in Folge holte er den Wahlkreis 93 Köln I direkt, doch diesmal lag er 884 Stimmen hinter  CDU-Kandidat Karsten Möring und verlor sein Mandat. Michael Fuchs sprach mit ihm.

Wie haben Sie den Wahlabend erlebt?

Ein Wechselbad der Gefühle. Erst kam der Schock über das schlechte Abschneiden der SPD und den Einzug der AfD in den Bundestag. Doch für mich persönlich sah es ja anfangs noch gut aus. Um so größer war dann die Enttäuschung, als klar wurde, dass es nicht reicht.

Hatten Sie eine Ahnung, wie die Wahl ausgehen wird?

Beim letzten Mal war es auch sehr knapp in meinen Wahlkreis, ich war also gewarnt, dass es eng werden würde. Aber ich war bis zuletzt überzeugt, dass ich wieder gewinnen kann.

Wir verdauen Sie das Ergebnis und den Verlust Ihres Mandats?

Da werde ich sicher noch eine Weile dran knabbern. Das tut weh. Von der Nominierung zum Direktkandidaten bis zum Wahltag vergehen ja rund anderthalb Jahre, in denen man sich mit aller Kraft für sein Ziel einsetzt, in denen man mit viel Herzblut kämpft. Und dann ist plötzlich  alles auf einen Schlag vorbei. Das ist bitter. Bundestagsabgeordneter zu sein,  ist für mich mehr als ein Beruf – ich war ein leidenschaftlicher Parlamentarier.

Was ärgert Sie am meisten?

Gerade angesichts des Erstarkens der AfD hätte ich sehr gerne daran mitgewirkt, im neuen Bundestag für die Demokratie zu streiten und mitzuhelfen, die SPD wieder nach vorne zu bringen.

Finden Sie es richtig, dass die SPD in die Opposition gehen will?

Ich glaube, dazu gibt es gar keine Alternative. Nach diesem desaströsen Ergebnis würden die Parteimitglieder keine Große Koalition mehr mittragen. Die SPD hat in der Regierung viel Gutes für Deutschland bewirkt – etwa beim Mindestlohn, der Rente oder der finanziellen Hilfe  für die Kommunen. Aber das ist leider nicht belohnt worden. Bei den Menschen ist das nicht genug angekommen.

Wie geht es für Sie persönlich weiter? Werden Sie  wieder als Anwalt arbeiten?

Das weiß ich jetzt noch nicht. Ich wollte gewinnen und habe keinen konkreten Plan B. In den nächsten drei Wochen werde ich erst einmal alles regeln, was zu regeln ist – mit meinen Mitarbeitern sprechen, mein Bundestagsbüro auflösen und so weiter. Danach werde ich alles in Ruhe aufarbeiten und mir überlegen, welchen Aufgaben ich mich künftig widmen möchte.

Bleiben Sie in Köln?

Ja, Köln bleibt mein  Lebensmittelpunkt, und hier werde ich mich auch weiterhin für meine Partei einsetzen. Aber meine Zweitwohnung in Berlin werde ich vorerst behalten. Schauen wir mal, was kommt.

Treten Sie 2021 noch mal an?

Es ist viel zu früh, sich darüber jetzt Gedanken zu machen.

Was muss sich aus Ihrer Sicht in der SPD  ändern – auch in Köln?

Wir haben ein gutes Programm, und die Partei ist  so geschlossen wie selten zuvor.  Wichtig ist jetzt, dass wir unsere breite Vertrauensarbeit vor Ort weiter intensivieren. Ob Bildung, Arbeitsmarkt oder Pflege, um nur einige Themen zu nennen: Die SPD hat gute Konzepte. Jetzt müssen wir unsere Verankerung bei den Menschen vor Ort weiter vorantreiben. Das wird nicht einfach. Aber die Partei ist hochmotiviert.