Artikel der Kategorie Berlin Depesche

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Abschied vom Bundestag

Editorial aus Berlin Depesche Nr. 108 (Oktober 2017)

Ich blicke dankbar auf 15 spannende Jahre im Parlament und zahlreiche Begegnungen mit tollen Menschen zurück

Liebe Leserinnen und Leser,

dies ist die vorerst letzte Ausgabe meiner Wahlkreiszeitung „Berlin Depesche“, die ich als Bundestagsabgeordneter seit Beginn meiner Mandatstätigkeit 2002 herausgegeben habe. Immerhin 108 Ausgaben sind es bis heute geworden.

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Interview Wahlausgang

Aus: Kölnische Rundschau, 26. September 2017

Der Rechtsanwalt Martin Dörmann (55) saß seit 2002 für die SPD im Bundestag. Viermal in Folge holte er den Wahlkreis 93 Köln I direkt, doch diesmal lag er 884 Stimmen hinter CDU-Kandidat Karsten Möring und verlor sein Mandat. Michael Fuchs sprach mit ihm.

Wie haben Sie den Wahlabend erlebt?

Ein Wechselbad der Gefühle. Erst kam der Schock über das schlechte Abschneiden der SPD und den Einzug der AfD in den Bundestag. Doch für mich persönlich sah es ja anfangs noch gut aus. Um so größer war dann die Enttäuschung, als klar wurde, dass es nicht reicht.

Hatten Sie eine Ahnung, wie die Wahl ausgehen wird?

Beim letzten Mal war es auch sehr knapp in meinen Wahlkreis, ich war also gewarnt, dass es eng werden würde. Aber ich war bis zuletzt überzeugt, dass ich wieder gewinnen kann.

Wir verdauen Sie das Ergebnis und den Verlust Ihres Mandats?

Da werde ich sicher noch eine Weile dran knabbern. Das tut weh. Von der Nominierung zum Direktkandidaten bis zum Wahltag vergehen ja rund anderthalb Jahre, in denen man sich mit aller Kraft für sein Ziel einsetzt, in denen man mit viel Herzblut kämpft. Und dann ist plötzlich alles auf einen Schlag vorbei. Das ist bitter. Bundestagsabgeordneter zu sein, ist für mich mehr als ein Beruf – ich war ein leidenschaftlicher Parlamentarier.

Was ärgert Sie am meisten?

Gerade angesichts des Erstarkens der AfD hätte ich sehr gerne daran mitgewirkt, im neuen Bundestag für die Demokratie zu streiten und mitzuhelfen, die SPD wieder nach vorne zu bringen.

Finden Sie es richtig, dass die SPD in die Opposition gehen will?

Ich glaube, dazu gibt es gar keine Alternative. Nach diesem desaströsen Ergebnis würden die Parteimitglieder keine Große Koalition mehr mittragen. Die SPD hat in der Regierung viel Gutes für Deutschland bewirkt – etwa beim Mindestlohn, der Rente oder der finanziellen Hilfe für die Kommunen. Aber das ist leider nicht belohnt worden. Bei den Menschen ist das nicht genug angekommen.

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Interview mit M. Dörmann

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„Wir wollen eine Offensive für Bildung, Zusammenhalt und Investitionen“

Interview mit Martin Dörmann zur Bundestagswahl am 24. September

Welche Bilanz ziehst Du nach den letzten vier Jahren Großer Koalition?

Unter dem Strich war es in der Koalition eine konstruktive Zusammenarbeit im Interesse der Menschen. Deutschland steht heute besser da als 2013. Und daran haben wir Sozialdemokraten einen entscheidenden Anteil.

Man sollte sich erinnern: die schwarz-gelbe Koalition zuvor hat uns zurückgeworfen. Mit einer reinen Klientelpolitik, überflüssigen Steuerentlastungen für Hoteliers oder einer katastrophal gemanagten doppelten Energiewende – raus aus dem Atomausstieg und wieder rein. Hinzu kamen drastische Kürzungen bei der Arbeitsmarktpolitik und bei den Mitteln für Städtebauförderung.

Das alles konnten wir nicht nur korrigieren. Der SPD ist es gelungen, rund 80 Prozent des Koalitionsvertrages zu bestimmen, dem Dreiviertel unserer Mitglieder in einer historischen Abstimmung zugestimmt haben. Und den haben wir konsequent umgesetzt.

Was waren dabei die wichtigsten Projekte?

Als erstes natürlich der gesetzliche Mindestlohn. Wir haben zudem Pflege- und Rentenleistungen verbessert. Und es steht mehr Geld für Bildung, Kommunen und Infrastruktur zur Verfügung. Und das bei ausgeglichenem Bundeshaushalt.

Also alles gut?

Keineswegs. Wir haben zuletzt gesehen, dass es zunehmend schwieriger wurde, mit der Union neue Projekte auf den Weg zu bringen, nachdem der Koalitionsvertrag abgearbeitet war. Sie zeigt bis heute ja kaum Ambitionen auf gesellschaftliche Veränderung, will vielmehr meist den Status Quo verteidigen – dabei benötigt das Land noch mehr Bewegung in Richtung Innovationen und Gerechtigkeit. Deshalb brauchen wir eine Stärkung der SPD bei den nächsten Wahlen.

Die SPD sieht sich als treibende Kraft für die erreichten Erfolge. Warum hat sich das bislang nicht in den Umfragen niedergeschlagen?

Politische Prozesse sind objektiv so komplex geworden, dass sie von den meisten Menschen eher oberflächlich wahrgenommen werden. Viel wird deshalb einfach an Personen festgemacht. Wenn es gut läuft, wie derzeit für die meisten, hat die Kanzlerin einen natürlichen Amtsbonus, weil sie ja die Regierungspolitik insgesamt vertritt. Dabei waren wir wie erwähnt diejenigen, die die wichtigsten Projekte durchgesetzt haben. Es gibt zudem offenbar eine gewisse Frauensolidarität für sie, obwohl die SPD die eigentliche Treiberin bei Gleichstellungsfragen ist und Merkel da immer gedrängt werden muss.

Wie lässt sich vor diesem Hintergrund für die SPD ein erfolgreicher Wahlkampf führen?

Zum einen sollten wir die von uns erzielten Erfolge auch selbstbewusst auf unsere Fahnen schreiben und nicht anderen überlassen.

Zum anderen zeigt die Erfahrung: Je näher der Wahltermin rückt, desto intensiver beschäftigen sich die Menschen mit Inhalten und interessieren sich dafür, was die Parteien für die Zukunft zu bieten haben. Da gibt es wohl kaum einen neutralen Beobachter, der bestreiten kann, dass die SPD das viel konkretere Programm vorgelegt hat. Martin Schulz hat in wenigen Monaten mehr zukunftsorientierte Impulse gesetzt als Angela Merkel in den 12 Jahren ihrer Regierungszeit.

Die SPD ist zudem so einig und motiviert wie selten zuvor. Daher setze ich auf einen starken Mobilisierungseffekt in den nun anstehenden heißen Wahlkampfwochen. Und darauf, dass in dieser intensiven Zeit unser Kanzlerkandidat auch als Mensch stärker in den Fokus rückt und punkten kann. Über die ersten Talkrunden mit Martin Schulz habe ich bereits viele positive Rückmeldungen bekommen.

Bei den letzten Wahlen hat sich gezeigt, dass in den letzten Wochen noch viel Bewegung drin ist. Schließlich müssen wir auch klar benennen: ein möglicherweise drohendes Schwarz-Gelb würde einen erneuten Rückschlag für das Land bedeuten.

Martin Schulz hat einen Zukunftsplan vorgelegt. Sind die 10 Punkte richtig gewählt?

Ja – weil sie an den zentralen Herausforderungen ansetzen. Den meisten Menschen bei uns geht es heute gut. Doch wenn wir nicht dafür sorgen, dass mehr investiert wird, fällt Deutschland zurück und wird die Chancen der Digitalisierung nicht optimal nutzen können.

Das größte Gerechtigkeitsdefizit sind ungleich verteilte Lebenschancen, die entscheidend von der Bildung abhängen. Deshalb brauchen wir eine Bildungsoffensive, die dem Bund mehr Möglichkeiten zur Mitfinanzierung gibt. Das kommt zugleich den Familien zu Gute, die wir auch finanziell entasten wollen.

Insgesamt müssen wir den Zusammenhalt in der Gesellschaft stärken. Deshalb werden wir zusätzliche Impulse für soziale und öffentliche Sicherheit setzen. Und wir setzen uns für ein besseres Europa ein, das den Solidargedanken wieder stärker betont.

Knapp zusammengefasst: wir wollen eine Offensive für Bildung, Zusammenhalt und Investitionen.

Kommen wir zur Arbeit als Abgeordneter: Was sind Deine persönlichen Arbeitsfelder in Berlin?

Als kultur- und medienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion setze ich mich vor allem für die bessere Förderung von Kultur und die Sicherung von Medienvielfalt ein. Und im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur bin ich für den Breitbandausbau zuständig.

Was konnte da bewegt werden? Und was steht an?

In den letzten Jahren konnten wir stets einen deutlichen Aufwuchs im Etat für Kultur und Medien durchsetzen. Dadurch wurden viele neue Projekte angeschoben. Für unseren Auslandssender Deutsche Welle habe ich erreicht, dass er nach vielen Jahren endlich wieder eine sehr positive Finanzierungsperspektive hat und Programme ausbauen konnte, statt Personal zu kürzen. Das will ich weiter vorantreiben.

Und beim Breitbandausbau haben wir erstmals vier Milliarden Euro Fördermittel zur Verfügung gestellt, die jetzt in die Umsetzungsphase gehen, um schnelles Internet in alle Haushalte zu bringen. Diesen Weg müssen wir weiter fortsetzen und in Richtung Gigabitnetze forcieren.

Was konntest Du konkret für Köln erreichen?

Bei zahlreichen Kölner Projekten und Initiativen habe ich mich erfolgreich für konkrete finanzielle Unterstützung durch den Bund eingesetzt – vom Musikfestival c/o pop bis hin zu zusätzlichen Städtebaumitteln zur Verbesserung des Wohnumfelds.

Ich habe auch mit dazu beigetragen, dass viele Straßenprojekte im neuen Bundesverkehrswegeplan stehen und in den nächsten Jahren verwirklicht werden. Dazu gehören der Ausbau des Bahnknotens Köln und des Autobahnrings sowie der Bau einer neuen entlastenden Rheinbrücke im Süden.

Die SPD hat zudem dafür gesorgt hat, Kommunen bei Sozialleistungen zu entlasten und zusätzliche Investitionsmittel zur Verfügung zu stellen. Insgesamt werden sie mit einen zweistelligen Milliardenbetrag gestärkt. Davon profitiert gerade eine Großstadt wie Köln. Diesen Weg gilt es auszubauen.

Wie schafft man bei einer mindestens 70-Stundenwoche den Spagat zwischen Berlin, dem Wahlkreis und der Familie?

Mit großer Motivation, guter Organisation und – leider – zwangsläufig Abstrichen beim Privatleben. Ich will aber gar nicht klagen, ich habe es mir ja selbst so ausgesucht. Letztendlich empfinde ich die Arbeit als Abgeordneter als sehr bereichernd, weil man es mit vielen Menschen und vielfältigen Themen tun hat. Da ist Langeweile weitgehend ausgeschlossen, manche Pflichtsitzung mal ausgenommen. Gerade in der letzten Wahlperiode konnte ich zudem doch einiges bewegen. Und dafür macht man ja letztlich Politik: dass sie Menschen und wichtigen Zielen konkret zugutekommt.

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Für Köln. In Berlin.

Editorial aus Berlin Depesche Nr. 107 (September 2017)

Am 24. September entscheiden die Wählerinnen und Wähler mit Ihrer Erststimme, wer sie in Berlin vertritt. Seit 2002 bin ich direkt gewählter Abgeordneter für die Stadtbezirke Porz und Kalk sowie die nördliche Innenstadt und Deutz. In diesem vielfältigen Wahlkreis bin ich fest verankert. Mein Einsatz für Köln und seine Menschen ist mir eine echte Herzensangelegenheit!

Ich möchte mich auch in den nächsten vier Jahren für beste Zukunftschancen und die Stärkung des Zusammenhalts einsetzen – in Deutschland und für unsere Stadt. Über Eure und Ihre weitere Unterstützung dabei würde ich mich sehr freuen.

Mit ihrem Regierungsprogramm und dem Zukunftsplan von Martin Schulz hat die SPD  sehr konkrete Konzepte für zusätzliche Investitionen, eine Bildungsoffensive, die Stärkung von Familien, gerechtere Steuern sowie ein besseres Europa vorgelegt.

Wir wollen:

Vorfahrt für Zukunftsinvestitionen: in Bildung, modernste digitale Infrastruktur, Straßen und Schienen und bezahlbare Wohnungen; eine Bildungsoffensive: mit einer „Nationalen Bildungsallianz“, die endlich überall für Schulen sorgt, in denen niemand zurückgelassen wird und unsere Kinder mit Freude lernen; gebührenfreie Bildung: von der Kita bis zum Studium oder zur Meisterprüfung; eine Stärkung der Familien: durch einen massiven Ausbau von Kitas und Ganztagsschulen, steuerlicher Entlastung sowie der Familienzeit für Kindererziehung und die Pflege von Angehörigen; gerechtere Steuern und Abgaben: Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen entlasten wir, absolute Spitzenverdiener tragen mehr; gute Arbeit: mit einem Pakt für anständige Löhne und gute Arbeitsbedingungen, die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung, einem Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit und gleichem Lohn für Männer und Frauen; eine verlässliche Rente: mit stabilem Rentenniveau ohne Anstieg des Renteneintrittsalters; mehr öffentliche Sicherheit: durch 15.000 zusätzliche Stellen bei der Polizei; ein besseres Europa: durch Wiederbelebung des Prinzips Solidarität, ein Investitionsbudget und die Stärkung der Eurozone als Kern der EU.

Ich hoffe und freue mich schon auf unsere Gespräche hierüber in den Wahlkampfwochen.

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Berlin Depesche Nr. 107

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Berliner Tagebuch

Wie arbeitet eigentlich ein Abgeordneter in Berlin?  Nachfolgend schildert Martin Dörmann beispielhaft den Ablauf der vorletzten regulären Sitzungswoche des aktuellen Bundestages im Juni – wie immer mit einer großen Vielfalt von Themen und dicht gedrängten Terminen.

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Haltung und Zukunftsprogramm machen den Unterschied

Standpunkt aus Berlin Depesche Nr. 106 (Juli 2017)

Die SPD ist weiterhin treibende Kraft für Gerechtigkeit und Fortschritt

Zum Ende dieser Legislaturperiode lässt sich ein durchaus positives Fazit der Regierungsarbeit ziehen. Deutschland steht heute besser da als vor vier Jahren, mit Rekordbeschäftigung und ausgeglichenem Bundeshaushalt. Vom gesetzlichen Mindestlohn profitieren Millionen. Rentenleistungen wurden verbessert. Für Pflege, Bildung, Kommunen und Infrastruktur steht deutlich mehr Geld zur Verfügung. Den meisten Menschen in unserem Land geht es gut.

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Berlin Depesche Nr. 106

Titelseite

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Interview Deutsche Welle

„Glaubwürdigkeit ist der Markenkern der Deutschen Welle“

Interview mit Martin Dörmann in der Zeitschrift „pro media“ (Nr.5/2017)

promedia: Herr Dörmann, worin sehen Sie die aktuelle Bedeutung der Deutschen Welle?

Dörmann: Die Deutsche Welle leistet einen unverzichtbaren Beitrag für Völkerverständigung und Meinungsfreiheit. Wir erleben alle, wie sehr das globale mediale Umfeld in Bewegung ist. Die Bedeutung weltweiter Kommunikation nimmt stetig zu und beeinflusst politische Prozesse stark. Mit der unüberschaubaren Vielfalt des Internets wächst das Bedürfnis nach verlässlicher, einordnender Information. Gleichzeitig betreiben autokratische Regierungen Propaganda und gehen repressiv gegen Journalisten vor. Vor diesem Hintergrund ist es wichtiger denn je, dass Deutschland mit einem Auslandssender präsent ist, der sich unseren Werten und unserem Selbstverständnis von freier Berichterstattung verpflichtet fühlt.

promedia: Wer entscheidet über den Auftrag und die inhaltliche Ausrichtung der Deutschen Welle?

Dörmann: Die allgemeinen Ziele sind im Deutsche-Welle-Gesetz geregelt. Das sind insbesondere die Förderung des Verständnisses und des Austausches zwischen Kulturen und Völkern, die Vermittlung eines umfassenden Deutschlandbildes und die Förderung der deutschen Sprache. Konkretisiert wird die inhaltliche Ausrichtung durch die Aufgabenplanung, die von der Deutschen Welle in eigener Verantwortung erstellt wird. Darin werden – im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten – die strategischen Ziele und die Schwerpunkte des Programms bestimmt. Zwar haben Bundesregierung und Parlament die Möglichkeit einer Stellungnahme. Letztlich entscheiden aber die Gremien der DW. Der Gesetzgeber hat es bewusst so angelegt, dass sie bei der Produktion ihrer Programminhalte staatlich weitestgehend unbeeinflusst bleiben soll.

promedia: Welche Rolle kann die Deutsche Welle in Ländern und Regionen spielen, in denen die Pressefreiheit

eingeschränkt ist?

Dörmann: Besonders Menschen, die unter demokratiefeindlichen Regimes leben müssen, sind auf verlässliche Informationen über ihr eigenes Land angewiesen, da sie von den staatlichen Medien nicht geboten werden. Gerade dort ist die DW als „Stimme der Freiheit“ sehr anerkannt. Sie sendet in 30 Sprachen und ist weltweit trime-dial empfangbar, also je nach Region per TV oder Radio und überall online.

promedia: Inwieweit ist die Deutsche Welle noch ein Botschafter Deutschlands?

Dörmann: Die journalistisch unabhängige Berichterstattung unseres Auslandssenders stärkt weltweit bei vielen Menschen die überwiegend positive Bewertung Deutschlands. Die Deutschen Welle bringt den deutschen Blickwinkel auf Weltnachrichten mit ein. Gleichzeitig vermittelt sie durch ihr Programm ein umfassendes Bild unserer Kultur und Gesellschaft, ermöglicht so interessierten Menschen im Ausland eine Verbindung zu unserem Land und unseren Werten. Und schließlich bietet sie mit ihren kostenlosen Sprachkursen einen leichten und beliebten Zugang zur deutschen Sprache.

promedia: Inwieweit muss die Deutsche Welle die Politik der Bundesregierung ins Ausland transportieren?

Dörmann: Die Ansicht der Bundesregierung ist lediglich eine der zu vermittelnden Auffassungen. Die Deutsche Welle arbeitet journalistisch unabhängig. Sie ist somit kein Sender, der etwa unkritisch die Positionen der Bundesregierung verbreitet. Es geht um ein umfassendes Bild unserer Gesellschaft und gerade nicht um Regierungspropaganda.

promedia: Wo sehen Sie die Stärke und auch Spezifik der Deutschen Welle im Vergleich zu anderen Auslandssendern?

Dörmann: Hohe Glaubwürdigkeit und journalistische Qualität sind der Markenkern der Deutschen Welle. Deshalb genießt sie einen extrem guten Ruf als verlässlicher Nachrichtenlieferant. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus sechzig Nationen schaffen Zugang zu Informationen für eine nahezu weltweite Nutzergemeinde. Gegenüber den anderen großen Auslandssendern arbeitet sie wirtschaftlich besonders effizient, was das Verhältnis von Etat und Nutzerzahlen angeht. Und sie zeichnet sich besonders durch einzigartige Formate aus, die bereits oft prämiert wurden. Als Beispiel sei die Reihe „Shababtalk“ erwähnt, die in Jordanien als „beste arabische Jugend- Talkshow“ ausgezeichnet wurde. Überhaupt verfolgt die DW in der für uns besonders wichtigen arabischen Welt einen fast einzigartigen dialogorientierten und interaktiven Ansatz, der ankommt.

promedia: Sollte der Auftrag weiter und flexibler gefasst werden?

Dörmann: Jedenfalls muss sich die Deutsche Welle weiterentwickeln und reaktionsfähig sein. Wir müssen sie in die Lage versetzen, auf politische und gesellschaftliche Veränderungen und vor allem auch auf neue Krisen redaktionell reagieren zu können. Etwa im Hinblick auf die Besetzung der Krim durch Russland, die Einschränkung der Demokratie in der Türkei oder bei Flüchtlingsthemen. Der Bundestag hat der Deutschen Welle hier rasch zusätzliche Mittel zur Stärkung der Berichterstattung gegeben. Ich setze mich nachdrücklich dafür ein, dass wir diesen Weg konsequent fortsetzen und ausbauen.

promedia: Reichen, um diese Aufgaben zu erfüllen, die finanziellen Mittel aus?

Dörmann: Die Herausforderungen sind gewachsen. Deshalb haben wir in dieser Legislaturperiode eine echte Trendwende eingeleitet. Die Mittel für das Programm sind erstmals seit Ende der 90er Jahre wieder wirklich gestiegen. Nun gilt es, die Planungssicherheit weiter zu erhöhen, indem nicht erst in der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses notwendige Erhöhungen des Etats beschlossen werden, sondern sie sich schon vollständig im Etatansatz der Regierung wiederfinden. Und zwar auf deutlich höherem Niveau als heute.

promedia: In welche Richtung muss sich die Deutsche Welle inhaltlich und technisch entwickeln?

Dörmann: Die Deutsche Welle ist in einem spannenden Prozess, um ein digitales Medienhaus zu werden. Dazu sind umfassende technische Verbesserungen angeschoben worden, auch mit zusätzlichen Mitteln des Deutschen Bundestags. Die Produktions- und Distributionsbedingungen haben sich weltweit stark verändert. Das ist ein sehr aktuelles Thema für alle internationalen Medien, denn die Nutzer erwarten eine schnelle Belieferung mit Informationen auf mobilen Endgeräten und ganz besonders über Soziale Medien. Da muss die DW auf Augenhöhe mit anderen agieren können. Sie macht das prima und sehr innovativ, gerade auch mit ihren Onlineangeboten. Was Investitionen in neue Technik angeht, gibt es allerdings einen großen Nachholbedarf, weil die Finanzmittel in der Vergangenheit zu knapp bemessen waren.

promedia: Also muss und wird es für die Deutsche Welle mehr Geld geben?

Dörmann: Eindeutig: Ja! Dafür setzt sich jedenfalls die SPD-Bundestagsfraktion intensiv ein. Vom derzeitigen Koalitionspartner kommen ähnliche Signale. Und der Haushaltsausschuss hat bereits im vergangenen Jahr die Bundesregierung aufgefordert, sich am deutlich besser ausgestatteten französischen Auslandsrundfunk zu orientieren. Der liegt mit derzeit rund 380 Millionen Euro um einiges vor der Deutschen Welle mit 326 Millionen Euro. Die BBC liegt mit ihrem Weltprogramm inzwischen sogar jenseits der 500 Millionen. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass es in der nächsten Wahlperiode gelingen kann, den DW-Etat dauerhaft um einen größeren zweistelligen Millionenbetrag aufzustocken. Damit ließen sich dann für mehrere Sprachen zusätzliche Programmangebote sowie sinnvolle Technikinvestitionen finanzieren. Nicht zuletzt käme das auch den Perspektiven für die Beschäftigten zu Gute.

promedia: Wie zukunftssicher ist die Existenz der Deutsche Welle abgesichert?

Dörmann: Die Existenz steht überhaupt nicht in Frage, sie ist gesetzlich geregelt. Es geht nun um zusätzliche Entfaltungsmöglichkeiten. Die sind natürlich letztlich von politischen Haushaltsentscheidungen abhängig. Aber da genießt die Deutsche Welle derzeit starken Rückenwind, den wir nutzen sollten.

promedia: Was halten Sie von dem Vorschlag, im DW-Gesetz eine Bestands und Entwicklungsgarantie festzuschreiben?

Dörmann: Diesen Vorschlag des DJV habe ich als große Anerkennung und Unterstützung für die Arbeit der DW empfunden. Er ist mir deshalb durchaus sympathisch. Allerdings würde die praktische Umsetzung, soll sie nicht rein deklaratorisch sein, einige ungeklärte Verfahrensfragen aufwerfen. Soll man etwa ein Gremium außerhalb des Bundestages schaffen, um diese Kriterien zu überprüfen? Das könnte zu unnötigen Reibungsverlusten führen. Da erscheint es mir eigentlich zielführender, sich zunächst auf den beschriebenen Weg zu konzentrieren, um die angestrebte Etaterhöhung so schnell wie möglich umzusetzen. Wir sollten uns dann im Laufe der nächsten Wahlperiode in Ruhe ansehen, inwieweit das Deutsche-Welle- Gesetz im Hinblick auf neue Rahmenbedingungen angepasst werden muss.

promedia: Also keine KEF für die Deutsche Welle und keine Beitragsfinanzierung?

Dörmann: Bundestag, Bundesregierung und Deutsche Welle sind in stetigem Austausch. Alle Beteiligten wissen, wo Entwicklungsmöglichkeiten sind. Es kommt eher auf deren solide Finanzierung an. Die Bundesregierung sollte bereits durch einen deutlich erhöhten Etatansatz den vom Parlament artikulierten Willen nachvollziehen und Planungssicherheit schaffen. Letztlich entscheidet der Bundestag durch die Verabschiedung des Bundeshaushaltes. Die vereinzelt ins Spiel gebrachte Alternative einer Beitragsfinanzierung erscheint mir dagegen wenig attraktiv. Wir erleben ja gerade den starken Druck der Länder für mehr Effizienz in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, damit der Rundfunkbeitrag möglichst stabil gehalten wird. Ich bin froh, dass wir mit der Deutschen Welle nicht in dieses Fahrwasser gelangen, sondern stattdessen sehr konkret über eine erhebliche Aufstockung der Finanzmittel sprechen.

promedia: Warum ist die Deutsche Welle in Deutschland nicht zu empfangen? Für die in Deutschland lebenden Bürger mit Migrationshintergrund wäre das doch eine wichtige Informationsquelle?

Dörmann: Die Aufgabenverteilung zwischen den öffentlich-rechtlichen Sendern, die im Inland an der politischen Meinungsbildung mitwirken, und der Deutschen Welle als Auslandssender der Bundesrepublik ist klar geregelt und hat sich bewährt. Mit Blick auf rund eine Millionen Flüchtlinge in Deutschland hat die Deutsche Welle ihre Flüchtlingsberichterstattung intensiviert und Deutschlern- Angebote erweitert. Sie ist derzeit vorübergehend sogar über die europäische Satellitenausstrahlung mit ihrem arabischsprachigen Programm in Deutschland präsent. Die DW leistet damit in einer historischen Ausnahmesituation eine wichtige Informations- und Integrationsarbeit. Würde sie sich allerdings darüber hinaus in die innenpolitische Meinungsbildung aktiv einbringen, würde sich für sie die Frage eines Systemwechsels unter die Medienhoheit der Länder stellen. Gerade weil derzeit die Finanzierungsaussichten für die Deutsche Welle im Bund so positiv sind, wäre das wohl eher ein Risiko für sie. Stattdessen sollte die bestehende Kooperation mit ARD und ZDF weiter ausgebaut werden, damit die besondere Auslands-Kompetenz der Deutschen Welle auch in Deutschland noch besser genutzt werden kann. Zudem stehen hier natürlich die Onlineangebote uneingeschränkt zur Verfügung..

 

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