Infos der SPD-Bundestagsfraktion zu Zahlen, Kontrolle und Verfahren

Flüchtlingszahlen

Wie viele Flüchtlinge kommen aktuell zu uns?

Auch in 2016 kommen wieder sehr viele Menschen auf der Suche nach Schutz und Lebensperspektiven nach Deutschland. Trotz schlechter Witterungsverhältnisse in den Wintermonaten waren es im Januar durchschnittlich mehr als 2.000 Flüchtlinge täglich. Rund 80.000 Flüchtlinge wurden für den Monat Januar registriert. Mehr als 30.000 von ihnen stammen aus Syrien, je 16.000 Iraker und Afghanen. Darunter sind im Gegensatz zum letzten Jahr immer mehr Frauen und Kinder: Sie machen etwa 60% derjenigen aus, die die Griechisch-Mazedonische Grenze überqueren.

Für jede genaue Prognose im laufenden Jahr ist es zu früh. Ginge die Zuwanderung nach Deutschland aber im selben Tempo wie im Januar weiter, würde nach einer Million Flüchtlingen im Jahr 2015 auch dieses Jahr wieder eine solche Zahl erreicht

Wie wollen wir die Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, reduzieren?

Die Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge muss sich rasch verringern. Nur dann können wir eine menschenwürdige Versorgung sicherstellen, und nur dann schaffen wir ihre Integration. Die Verringerung bzw. Verlangsamung des Flüchtlingszuzugs ist für uns dabei nicht das Ende der Willkommenskultur, sondern Voraussetzung für ihren Erfolg.

Wir konzentrieren uns auf drei Maßnahmen:

  • Bessere Lebensbedingungen für Flüchtlinge in den Nachbarregionen der Krisen- und Bürgerkriegsgebiete. Im Falle Syriens gilt das vor allem für Jordanien, den Libanon, den Irak und für die Türkei. Für die humanitäre Versorgung, z.B. mit Lebensmitteln stellt Deutschland im Jahr 2016 1,2 Mrd. Euro zur Verfügung. Außerdem stellen wir für die langfristige Entwicklungshilfe insgesamt 700 Mio. Euro weltweit zur Verfügung, um Fluchtursachen dauerhaft vorzubeugen.
  • Die Sicherung der Außengrenzen der Europäischen Union: Derzeit sind die europäischen Grenzen praktisch offen für alle Flüchtlinge, die sich in die Hände von Schleppern begeben. Das müssen wir ändern, denn es ist vor allem für Familien ein lebensgefährlicher Weg. Wir unterstützen den Vorschlag der EU-Kommission für eine bessere europäische Grenzsicherung und Küstenwache. Außerdem soll mit der Türkei ein Rücknahmeabkommen geschlossen werden, damit es sich für Flüchtlinge nicht mehr lohnt, sich in die Hände von Schleppern zu begeben.
  • Stattdessen wollen wir mit Hilfe des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen Kontingente für Flüchtlinge vereinbaren, die aus der Türkei, dem Libanon, Jordanien und dem Irak zu uns nach Deutschland und nach Europa kommen können. Mit Kontingenten bekommen wir die Kontrolle über den Flüchtlingszuzug zurück – und die Menschen einen sicheren Weg nach Europa.

Warum wollen wir nicht die deutschen Grenzen schließen? Warum setzen wir weiter auf eine europäische Lösung?

Wir sind gegen die Schließung unserer nationalen Grenze, weil das in der Realität nicht dazu führen würde, dass weniger Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Die Menschen würden sich trotzdem auf den Weg machen und einen Grenzübertritt über die grüne Grenze versuchen. Um das zu verhindern, müsste man die Grenzen sichern wie einst die DDR – mit Mauern, Stacheldraht und im Notfall mit Waffengewalt. Das lehnen wir entschieden ab.

Selbst wenn es uns gelänge, die Flüchtlinge von einem Grenzübertritt nach Deutschland abzuhalten, würde das einen Dominoeffekt in anderen EU-Staaten wie Griechenland oder Bulgarien und in den Westbalkanstaaten auslösen. Viele Flüchtlinge würden in diesen Ländern bleiben wollen, wenn sie nicht mehr nach Deutschland können. Viele der Länder aber wären damit überfordert, so viele Flücht-linge wie Deutschland aufzunehmen. Die Gefahr wäre groß, dass dadurch ein Kollaps der EU-Krisen-staaten eintritt oder gar die jungen Demokratien in dieser Region destabilisiert werden.

Aber auch für die Europäische Union wäre eine Schließung der Grenze eine Katastrophe: Es wäre das Ende des Schengen-Raums und damit der europäischen Freizügigkeit. Die ist nicht nur ein persönlicher Gewinn an Reise- und Niederlassungsfreiheit, sondern ein zentrales Identifikationsmerkmal mit der EU. Und sie ist ein enorm wichtiger wirtschaftlicher Faktor. Führende Wirtschaftsvertreter warnen da-her vor einer Gefährdung des freien EU-Grenzverkehrs. „Durch Staus und Wartezeiten und zusätzliche Bürokratie … können sich die Kosten für die deutsche Wirtschaft schnell auf zehn Milliarden Euro pro Jahr summieren“, sagte zum Beispiel die DIHK.

Deshalb sind wir überzeugt: Wir müssen die Flüchtlingsfrage europäisch lösen und nicht im nationalen Alleingang. Obergrenzen und Grenzzäune helfen nicht, sondern sie gefährden die EU, sie beschädigen unsere Wirtschaft und sie bedrohen die Balkanstaaten.

Warum wollen wir Kontingente für Flüchtlinge?

Kontingente für Flüchtlinge sind unsere Alternative zur bisherigen unkontrollierten und lebensgefährlichen Fluchtroute über das Mittelmeer, Griechenland und den Balkan. Voraussetzung für solche Kontingente ist, dass wir gleichzeitig die Zahl der Flüchtlinge deutlich verringern, die auf eigene Faust über den Wasser-/Landweg nach Europa kommen. Das ist nur über eine Sicherung der europäischen Außengrenzen und mit einer intensiveren Zusammenarbeit mit der Türkei möglich. Die Türkei muss ihre Grenzen sichern, Schleusern das Handwerk legen und bei Bedarf Flüchtlinge, die außerhalb der Kontingente kommen, wieder zurücknehmen.

Mit Kontingenten für Bürgerkriegsflüchtlinge ermöglichen wir es auch Frauen und Kindern, sicher zu uns zu kommen. Von allen Flüchtlingen, die im letzten Jahr zu uns kamen, waren nur 30% Frauen. Und die Frauen und Kinder, die doch die Flucht wagen, haben eine lebensgefährliche Odyssee hinter sich. Allein seit Januar 2016 sind über 350 Menschen im Mittelmeer ertrunken. Der Weg nach Europa wurde für sie zur tödlichen Falle. Kontingente ersetzen diesen gefährlichen Weg.

Zugleich behalten wir mit Kontingenten die Kontrolle, wer nach Deutschland einreist: In ein Kontingent für syrische Flüchtlinge kommen beispielsweise nur diejenigen, die sich auch als Syrer ausweisen können. So sind die Flüchtlinge schon vor ihrer Ankunft in Deutschland registriert. Und wir können die Flüchtlingsankunft so steuern, dass unsere Kommunen ihn auch verkraften können.

Was wird gegen die Fluchtursachen in den Herkunftsländern getan?

Das humanitäre Engagement Deutschlands ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Insgesamt 1,2 Mrd. Euro stellen wir 2016 zur Verfügung, um die Flüchtlinge in Syrien und den Nachbarländern besser vor Ort zu versorgen. Außerdem investieren wir in diesem Jahr über das Entwicklungshilfeministerium in den Bereichen „Krisenbewältigung und Wiederaufbau, Infrastruktur“ sowie „Fluchtursachen bekämpfen, Flüchtlinge reintegrieren“ insgesamt 700 Mio. Euro weltweit. Gemeinsam mit den USA, der EU und Großbritannien zählt Deutschland zu den wichtigsten Gebern für Hilfen in dieser Region.

Laut Vereinte Nationen beläuft sich der humanitäre und entwicklungsorientierte Bedarf in und um Syrien für das Jahr 2016 auf insgesamt 7,7 Mrd. US-Dollar. Ende 2015 waren trotz des erheblichen Engagements der EU und Deutschlands aber nur 53 % des Bedarfs für 2016 gedeckt. Deshalb hat sich die Bundesregierung auf einer Geberkonferenzen in London erfolgreich dafür stark gemacht, dass die internationale Gemeinschaft mehr Geld für die humanitäre Hilfe bereitstellt und durch mehrjährige Hilfszusagen die Planbarkeit verbessert. Konkret wurde in London vereinbart, dass die internationale Gemeinschaft ihre Hilfsgelder um insgesamt 9 Mrd. Euro bis 2020 erhöht. Deutschland wird sich daran mit insgesamt 2,3 Mrd. Euro beteiligen.

Wir fordern darüber hinaus die Mitgliedstaaten der EU auf, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass bei der Überprüfung des mehrjährigen Finanzrahmens des EU-Haushalts einen zweistelligen Milliardenbetrag für die Bekämpfung der Fluchtursachen zur Verfügung gestellt wird.

Wie stehen wir zum Familiennachzug für Flüchtlinge?

Integration gelingt besser, wenn ganze Flüchtlingsfamilien nach Deutschland kommen. Dabei geht es nicht darum, ganze „Großfamilien“ nach Deutschland zu holen. Vielmehr ist der Familiennachzug auf die Ehegatten und die Kinder beschränkt. Großeltern, Onkel oder Tanten dürfen nach geltendem Recht nicht nachziehen. Kinder aber sind der beste Integrationshelfer, da sie über Kita und Schule viel leichter Kontakte knüpfen und Menschen zusammenbringen. Für sie spielen kulturelle Unterschiede eine viel geringere Rolle. Menschen integrieren sich schneller, wenn sie mit ihrer Familie hier leben.

Grundsätzlich erhalten nur diejenigen das Recht auf Familiennachzug, die auch in Deutschland bleiben dürfen. Wer abgelehnt wird oder sich noch im Verfahren befindet, darf seine Familie nicht nachholen. Der Familiennachzug hält sich auch zahlenmäßig im Rahmen: So holten beispielsweise 2014 15.700 Ausländer ihre Ehefrauen nach, 3.200 ihre Ehemänner und 16.000 Kinder – und das bei über 200.000 Asylanträgen in diesem Jahr!

In einem Kompromiss mit der Union haben wir nun zugestimmt, dass der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtige für zwei Jahre ausgesetzt wird. Dies betrifft nur die Personen, die sich nicht auf das Grundrecht auf Asyl berufen können und auch keinen Schutzstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention genießen, aber dennoch nicht heimgeschickt werden, weil ihnen dort zum Beispiel Folter, Tod oder schwere Menschenrechtsverletzungen drohen. Dies dürfte etwa rund 18% der Syrer betreffen.

Nach den zwei Jahren dürfen sie ihre Familien nachholen. Zugleich haben wir aber durchgesetzt, dass innerhalb künftiger Kontingente für Flüchtlinge aus der Türkei, dem Libanon oder Jordanien vorrangig Ehefrauen (bzw. Ehemänner) und Kinder von hier bereits lebenden Flüchtlingen berücksichtigt werden.

Kontrolle und Verfahren

Was tun wir, um besser zu kontrollieren, wer nach Deutschland einreist?

Die Große Koalition hat im Herbst 2015 eine ganze Reihe von Maßnahmen beschlossen, damit die Einreise der Flüchtlinge geordneter stattfindet und kein Asylbewerber unkontrolliert nach Deutschland einreist. Dazu gehört ein einheitlicher Ausweis, den alle Asylsuchenden künftig bei der Registrierung erhalten. Ohne diesen Ausweis kann ein Flüchtling keinen Asylantrag stellen und bekommt abgesenkte Leistungen. Außerdem macht Deutschland seit September 2015 von der Möglichkeit des SchengenVertrags gebrauch, die deutsch-österreichischen Grenze verstärkt zu kontrollieren. Die Bundespolizei bekommt in den kommenden drei Jahren zusätzlich 3.000 Stellen. Damit die Flüchtlinge nach ihrer Ankunft kontrolliert weiterreisen, übernimmt der Bund die Verteilung der Asylbewerber in die Bundesländer. In Bayern wurden dafür Wartezentren eingerichtet, von wo aus die Asylbewerber innerhalb von 48 Stunden auf die Länder verteilt werden.

Was tun wir, um Asylverfahren zu beschleunigen?

Die Asylverfahren sind das Nadelöhr der Flüchtlingsankunft: Erst wenn sie entschieden sind, kann ein Flüchtling wirklich integriert werden – oder bei einer Ablehnung ausreisen oder abgeschoben werden. Leider müssen immer noch hunderttausende Asylbewerber Monate warten, bis sie den Antrag überhaupt stellen können. Schon mit den Haushalten 2013 bis 2015 hatten wir das Personal des BAMF mit zusätzlichen 1650 Mitarbeitern um mehr als 50 % erhöht. Für 2016 stellt das BAMF nochmal weitere 4000 Personen ein, insgesamt 7000 Stellen sind dann auch angemessen. Deshalb erwarten wir, dass sich die Bearbeitungszeit der Asylanträge in 2016 substantiell verringert.

Neben denjenigen, die zu Recht in Deutschland Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen, gibt es aber viele Asylbewerber, deren Antrag mit großer Wahrscheinlichkeit abgelehnt wird. Um deren Asylanträge schneller zu bearbeiten, haben wir nach Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien jetzt auch Albanien, Kosovo und Montenegro als sichere Herkunftsstaaten eingestuft. Gleiches wollen wir für Tunesien, Marokko und Algerien auf den Weg bringen. Außerdem werden Asylsuchende mit geringen Chancen auf Anerkennung in besonderen Aufnahmeeinrichtungen untergebracht, in denen die Asylverfahren in rund drei Wochen abgeschlossen sein sollen. Das bedeutet: Menschen mit geringer Aussicht auf Anerkennung ihres Asylantrags werden nicht mehr in die Städte und Kommunen verteilt und bei Ablehnung direkt aus den zentralen Aufnahmeeinrichtungen zurückgeführt.

Haben Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsstaaten noch eine Chance auf Asyl?

Ja, jeder Mensch, der in Deutschland um Asyl sucht, hat auch künftig ein Recht auf Prüfung seines Asylgesuchs und bekommt Asyl, wenn sein Gesuch begründet ist. So steht es im Europarecht und in unserer Verfassung, und daran ändert sich auch nichts durch die Einstufung eines Staates als sicherer Herkunftsstaat. Was für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten (u.a. Westbalkanstaaten) anders ist, ist die Behandlung im Verfahren: Es gibt eine Beweislastumkehr und eine verkürzte Ausreisefrist. Auch sind die Fristen für einstweiligen Rechtsschutz sowie Klage verkürzt und eine Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts nicht möglich. Gleichwohl: Es erfolgt auch hier eine individuelle Prüfung. Wer als Betroffener tatsächlich drohende Menschenrechtsverletzungen vorbringen kann, wird als schutzberechtigt anerkannt. Ganz konkret bedeutet dies, dass sich an der Zahl der positiv beschiedenen Anträge auch nach der Einstufung als sichere Herkunftsstaaten nicht wirklich etwas ändern wird. Stattdessen gehen die Verfahren schneller und abgelehnte Asylbewerber können früher abgeschoben werden.

Abschiebungen

Was tun wir, damit abgelehnte Asylbewerber schnell in ihre Heimat zurückkehren?

Wird jemandes Asylgesuch abgelehnt, erwarten wir, dass er oder sie Deutschland auch schnell wieder verlässt. Denn ohne eine freiwillige Rückkehr oder eine schnelle Abschiebungen derer, die nicht bleiben dürfen, können wir die Integration derjenigen, die zu Recht in Deutschland Asyl bekommen, nicht schaffen. Ein großer Teil der Asylbewerberinnen und -bewerber, deren Anträge abgelehnt worden ist, geht freiwillig wieder in ihre Heimatländer zurück.

Abgelehnte Asylbewerber, die nicht freiwillig gehen, sollen sich künftig nicht mehr der Abschiebung entziehen können. Dazu haben wir eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet:

  • Der Bund hat eine Clearingstelle eingerichtet, die bei der Passersatzbeschaffung hilft. Damit stellen wir sicher, dass auch diejenigen, die nicht mehr die Ausweispapiere ihres Heimatlandes haben, zurückkehren können. Zugleich verhandelt die Bundesregierung Rücknahmeabkommen mit vielen Herkunftsländern über die Rücknahme mit den von Deutschland ausgestellten Laissez-Passer-Dokumenten.
  • Die Länder versetzen die Gerichte personell in die Lage, die Durchschnittsdauer der Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf zwei Wochen zu verkürzen. Denn vor jeder Abschiebung müssen diese Verfahren abgeschlossen sein.
  • Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise wird der Termin der Abschiebung in der Regel nicht mehr angekündigt.
  • Um Verzögerungen von Rückführungen und Missbrauch entgegen zu wirken, werden die Rahmenbedingungen für die Erstellung ärztlicher Atteste im Zusammenhang mit Abschiebungen präzisiert und klargestellt.

Was tun wir, damit straffällige Ausländer Deutschland schnell verlassen müssen?

Flüchtlinge sind weder krimineller noch weniger kriminell als vergleichbare einheimische Bevölkerungsgruppen. Das sagen auch alle Statistiken. Dennoch gibt es einen Unterschied: Wer als Ausländer in Deutschland Straftaten begeht, hat sein Recht, sich in Deutschland aufzuhalten, unter Umständen verwirkt. Er wird ausgewiesen und muss danach mit einer Abschiebung in sein Herkunftsland rechnen, wenn die dortigen Bedingungen es zulassen. Bevor es aber dazu kommt, müssen die Taten, in denen Ausländer im Verdacht stehen, zunächst aufgeklärt werden. Vorverurteilungen darf es nicht geben.

Wenn ausländische Täter wegen einer schweren Straftat verurteilt werden, können sie ausgewiesen werden. Die gesetzliche Schwelle dafür wurde bereits zum 1. Januar 2016 so abgesenkt, dass ausländische Straftäter schon ab einer Freiheitsstrafe von einem Jahr ausgewiesen werden können. Jetzt beraten wir ein Gesetz, mit dem auch bei einer kürzeren Freiheitsstrafe eine Ausweisung prinzipiell möglich sein soll – egal ob die Strafe zur Bewährung ausgesetzt ist und wie lange sie ist. Allerdings erfolgt stets eine Einzelfallabwägung aller Interessen. Asylbewerbern, die Straftaten begehen, soll in Zukunft leichter als bislang die rechtliche Anerkennung als Flüchtling versagt werden können.

Unser Hauptproblem in Deutschland sind aber nicht unzureichende Gesetze. Was wir jetzt in erster Linie brauchen, ist das Durchgreifen der zuständigen Behörden und die Anwendung der bestehenden Gesetze – zum Schutz der Opfer, aber auch zum Schutz der großen Mehrheit der Flüchtlinge und Asylsuchenden, die friedlich in unserem Land leben! Wir haben dazu der Bundespolizei im letzten Jahr schon 3.000 Stellen bewilligt – und fordern insgesamt 12.000 neue Stellen bei der Polizei von Bund und Ländern.

Integration

Welchen Plan haben wir, um die Flüchtlinge zu integrieren?

Die SPD ist die Partei, die in Deutschland am meisten für Integration tut. Während die Union sich über Obergrenzen zerstreitet, haben wir ein Konzept für einen Neustart in der Integrationspolitik vorgelegt.

Einiges davon konnten wir in 2015 schon umsetzen:

  • Aufstockung der Sprachförderung in Integrationskurse, Kitas, Schulen und Hochschulen
  • Schnellerer Arbeitsmarktzugang schon während des Asylverfahrens
  • Rechtssicherheit für Betriebe, die Flüchtlinge ausbilden
  • Schnellere Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse
  • Erfassung der Beruflichen Erfahrungen von Asylsuchenden schon in Erstaufnahmeeinrichtungen durch das Programm „Early Intervention“
  • Finanzielle Aufstockung der Jobcenter zur Arbeitsmarktintegration
  • Finanzielle Aufstockung bestehender erfolgreicher Bildungsangebote
  • Aufstockung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau

 

Das alles können aber nur erste Maßnahmen sein. Denn um die Fehler der Vergangenheit bei der Integration nicht zu wiederholen, brauchen wir einen Integrationsplan für Deutschland, in dem alles zusammenpasst: Sprachkurse, berufliche Bildung, Arbeitsmarktzugang, Wohnen, Wertevermittlung, Demokratievermittlung. Diesen Plan hat Malu Dreyer für die SPD jetzt vorgelegt. Mit diesem Plan zeigen wir, dass wir aus der Vergangenheit gelernt haben: Was wir jetzt investieren, zahlt sich später mit hoher Rendite doppelt aus, aber was wir jetzt versäumen, lässt sich nicht mehr aufholen. Jetzt erwarten wir von der Union, dass sie mit uns diesen Plan in Deutschland auch umsetzt.

Denn nichts wäre schlimmer, als die 1,1 Mio. Asylbewerber in Deutschland in Asylbewerberheimen und Turnhallen einfach rumsitzen zu lassen. Diese Integrationsleistung müssen wir vollbringen. Dann haben wir auch die große Chance, dass unser Land von der Zuwanderung profitiert. Andernfalls steigt die Gefahr einer sozialen Spaltung, und Flüchtlinge würden in die Illegalität und Kriminalität getrieben.

Das Angebot an die Flüchtlinge, ein gleichberechtigter Teil unserer Gesellschaft zu werden, beinhaltet aber auch Pflichten. Es gibt bereits die Verpflichtung, an einem Integrationskurs und damit Sprachunterricht teilzunehmen, wenn man nicht ausreichend Deutsch spricht. Zugleich sehen wir aber auch die Verpflichtung, gemeinsame Werte auf Grundlage unseres Grundgesetzes anzuerkennen: Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Gleichberechtigung sind unverrückbares Fundament für ein friedliches Zusammenleben, sie gelten uneingeschränkt für alle in unserem Land.

Unser Leitbild für die Einwanderungsgesellschaft ergibt sich aus dem Grundgesetz: Wer zu unserer Gesellschaft gehören möchte, der hat Andersgläubige zu respektieren, die Rechte von Frauen, Kindern und sexuellen Minderheiten zu achten und Gewalt als Mittel der Konfliktlösung abzulehnen. Diese Regeln gelten für alle Menschen in diesem Land gleichermaßen. Für Einwandererinnen und Einwanderer ebenso wie für Alteingesessene. Jeder Verstoß gegen diese Regeln muss mit der nötigen Härte des Gesetzes geahndet werden.

Warum ist plötzlich Geld für Asylbewerber und Flüchtlinge da, wo es doch immer hieß, der Staat müsse sparen?

Die Unterbringung, Versorgung und Integration von Flüchtlingen kostet Geld. Aber wir sind der Meinung, dass es besser ist, dieses Geld jetzt für eine gute Integration der Flüchtlinge in die Hand zu nehmen, als an falscher Stelle zu sparen und Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Besser ist, jetzt in Schulen, Kitas, Sprachkurse oder Berufsausbildung zu investieren, als nichts zu machen und zu riskieren, dass sich Parallelgesellschaften bilden. Und wenn wir es jetzt richtig angehen, dann können die Flüchtlinge mit ihren Steuern und Beiträgen zur Rentenkasse später diese Kosten nicht nur zurückzahlen, sondern auch unsere Sozialsysteme stützen.

Deutschland geht es derzeit wirtschaftlich sehr gut und wir sind in der Lage, die damit verbundenen finanziellen Lasten zu stemmen: Im Jahr 2015 wies der Bundeshaushalt aufgrund der stabilen Konjunktur und hoher Beschäftigung ein Plus von 12,1 Mrd. Euro auf. Das bedeutet, dass der Bund keine neuen Schulden aufnehmen muss. Er konnte sogar Rücklagen bilden.

Als Partei der sozialen Gerechtigkeit achten wir bei den jetzt anstehenden Investitionen immer darauf, dass nicht nur die Flüchtlinge, sondern alle in Deutschland profitieren – zum Beispiel im sozialen Wohnungsbau. Und wir haben dafür gesorgt, dass die Kommunen nicht auf den Kosten sitzen bleiben: Der Bund zahlt den Ländern dafür eine monatliche Pauschale von 670 Euro pro Asylbewerber für die Dauer des Asylverfahrens.

Uns ist dieser Zusammenhalt in der Gesellschaft ein Herzensanliegen: Es nützt niemanden, wenn wir uns in der jetzigen Situation spalten lassen. Deshalb bitten wir Sie: Gehen Sie denjenigen, die einen Keil zwischen treiben wollen, nicht auf den Leim. Keine Frage: Die Integration der Flüchtlinge wird nicht billig. Aber es ist die bessere Wahl, hierfür jetzt Geld auszugeben, als wenn wir nichts tun.

Weshalb sprechen wir uns gegen Mindestlohn-Ausnahmen für Flüchtlinge aus?

Eine Spaltung der Gesellschaft in „teure“ einheimische Arbeitnehmer und „billige“ Arbeitskraft durch Flüchtlinge darf es nicht geben. Wer das vorschlägt, drängt Flüchtlinge unfreiwillig in die Rolle von Lohndrückern. Wenn Menschen, die schon länger in Deutschland leben und arbeiten, nun die Konkurrenz von Flüchtlingen fürchten müssen, wird es brandgefährlich für den sozialen Zusammenhalt in Deutschland. Anstatt einer Integration durch Arbeit würden die Flüchtlinge vor allem Misstrauen und Ablehnung durch die alteingesessenen Arbeitnehmer erfahren.

Warum fordern wir trotz der vielen Flüchtlinge ein Einwanderungsgesetz?

Es stimmt: Unser Land nimmt in diesen Monaten viele Menschen auf, die in ihren Heimatländern von Krieg, Gewalt und Verfolgung bedroht sind. Das ist eine große Leistung und angesichts der vielen Kriege auch richtig.

Grundsätzlich sind wir davon überzeugt, dass uns Einwanderung gut tut. Sie kann die Lücke bei unseren Fachkräften füllen, sie kann unser Land kulturell bereichern und sie kann die Stabilität unserer Renten und Sozialsysteme sichern, wenn die Zahl der älteren Menschen in Deutschland zunimmt. Damit das gelingt, arbeiten wir jeden Tag an der Integration der Flüchtlinge.

Wir wollen aber nicht, dass Deutschland in der Welt alleine mit der Botschaft wahrgenommen wird: Wenn ich von Verfolgung und Krieg bedroht bin, dann kann ich nach Deutschland gehen.

Sondern wir wollen auch, dass Deutschland ein Land ist, in das man einwandern kann, wenn man sich anstrengt und etwas leistet.

Deshalb fordern wir weiterhin ein Einwanderungsgesetz: Damit von Deutschland auch die Botschaft ausgeht: Wer Talent hat, wer unser Land mit seinen Fähigkeiten bereichern will, wer aus seinem Leben etwas machen will, der hat eine Chance, nach Deutschland einzuwandern.

Zwar haben wir schon viele Gesetze, die genau das erreichen sollen. Sie werden aber – gerade in der heutigen Zeit – nicht wahrgenommen und nicht richtig verstanden. Deshalb erscheint es manchen auch leichter, über das Asylsystem nach Deutschland zu kommen, statt über Leistung und Anstrengung.

Kurz: Mit dem Einwanderungsgesetz ergänzen wir die humanitäre Seite unserer Zuwanderung um eine Seite, die die Einwanderung steuert, nach unseren Bedürfnissen lenkt und dieses Signal auch in die Welt sendet.

Wir sind davon überzeugt, dass sich beides nicht widerspricht, sondern sich ergänzt. Deshalb fordern wir weiter ein Einwanderungsgesetz.