Dialog der SPD-Fraktion zum europäischen Regulierungsrahmen

Seit einem knappen Jahr berät die Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz in fünf thematischen Arbeitsgruppen über Anpassungsbedarfe der Medienregulierung. In Kürze wird die Kommission einen Zwischenbericht vorlegen, der Anfang Dezember bei einem Treffen der Ministerpräsidentenkonferenz mit der Bundeskanzlerin verabschiedet werden soll. Die SPD-Bundestagsfraktion begleitet den Prozess mit einem Projekt „Reform der Medienordnung“, das von Martin Dörmann und Lars Klingbeil als Sprecher für Kultur und Medien bzw. Digitale Agenda geleitet wird. Bestandteil des Projekts sind Dialogveranstaltungen mit Medienexperten und Branchenvertretern.

In der Dialogreihe stand am 15. Oktober der europäische Regulierungsrahmen für audiovisuelle Medien im Fokus, der im nächsten Jahr novelliert werden soll. Hierzu gilt es, eine gemeinsame Position von Bund und Ländern zu entwickeln.

Rund 60 Teilnehmer/innen kamen zur von Martin Dörmann moderierten Diskussion ins Paul-Löbe-Haus des Bundestages. Auf dem Podium saßen als Experten Vertreter der Länder, des Bundes sowie der EU.

Krisztina Stump, Mitarbeiterin in der zuständigen EU-Generaldirektion CONNECT, leitete mit einem einen Überblick zum derzeitigen Verfahrensstand auf europäischer Ebene ein. Die EU-Kommission führt eine Konsultation zur Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste durch, die 2016 vollständig überarbeitet werden soll. Sie ist Teil der Strategie für einen gemeinsamen digitalen Binnenmarkt, der von Kommissar Günther Oettinger verantwortet wird. Bisher ist die Richtlinie nur auf Fernsehen und sogenannte Abrufdienste anwendbar. Sie regelt beispielsweise Fragen des Verbraucherschutzes oder Regelungen zu Werbezeiten im Rundfunk.

Im Zuge der Digitalisierung in allen Medienbereichen gibt es nun einigen Überarbeitungsbedarf. So sind sich die meisten Experten einig, dass eine Unterscheidung der Vorschriften in lineare und nicht-lineare Übertragungswege inzwischen überholt ist. Daher will die EU-Kommission 2016, nach Abstimmung mit den Mitgliedstaaten und der Branche, eine neue, stärker strukturbasierte und technologieneutrale Regulierung vorlegen.

Wolfgang Martin Wohnhas, Referatsleiter bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) gab einen Überblick über den Stand der weit vorangeschrittenen Verhandlungen zwischen Bund und Ländern. Generell begrüße die Bundesregierung den Modernisierungsansatz. Zwar gebe es noch letzte Abstimmungen zwischen den Ressorts, jedoch sei er sehr optimistisch, dass eine gemeinsame Positionierung von Bund und Ländern gegenüber Brüssel gelingen könne. Er erläuterte, dass auch die deutsche Medienregulierung traditionell stark fernsehzentriert angelegt sei. Es bestehe die Sorge, dass ein neues übergeordnetes EU-Recht möglicherweise über Jahrzehnte entwickeltes Rundfunkrecht mit hohen Schutzniveaus etwa beim Jugendschutz aushebeln könnte. Wohnhas warnte weiterhin davor, als Nebeneffekt der angepassten EU-Regulierung, weitere nationale Zuständigkeiten, etwa im Bereich Filmförderung, einzuschränken.

Dr. Carsten Brosda, Bevollmächtigter der Freien und Hansestadt Hamburg für Medien, betonte ebenfalls, dass angesichts der Medienkonvergenz die Unterscheidung nach dem Verbreitungsweg nicht mehr tragfähig sei. Vielmehr müsse die EU-Kommission für eine Basisregulierung sorgen, die national ein vertieftes Schutzniveau und abgestufte Regulierung möglich mache. Gleichwohl sei es eine erhebliche Herausforderung, mit neuen Begrifflichkeiten, Abgrenzungen und Kriterien den bewährten Standards in einer digitalen Welt gerecht zu werden. Ein wichtiger Anknüpfungspunkt könne hierbei die journalistisch-redaktionelle Aufarbeitung und Auswahlleistung sein.

In der Diskussion mit den weiteren Experten und Branchenvertreter/inne/n wurden zahlreiche weitere Aspekte, etwa zur Gatekeeperfunktion der Endgerätehersteller, zur Werberegulierung, zur Regulierung von user-generated-content oder zur Auffindbarkeitsregulierung reflektiert.

Der renommierte Medienrechtler Prof. Wolfgang Schulz sah letztlich keine Notwendigkeit, eine monolithische europäische Regulierung zu schaffen, sondern plädierte dafür, sich auf Koordinierung, übergeordnete Schutzziele und Mindeststandards zu einigen. Nationale Spielräume müssten erhalten bleiben.

So bleibt festzuhalten, dass der Weg zu einer modernisierten europäischen Mediendiensterichtlinie viel Raum für neue Ansätze, gleichzeitig aber auch die Gefahr unbeabsichtigter Nebeneffekte bietet. Somit ist gute Kommunikation zwischen den Ebenen und Branchen ein wichtiges Element in diesem europäischen Prozess.