Rede von Martin Dörmann in der Plenardebatte des Bundestages am 9. Oktober 2014

„Moderne Netze für ein modernes Land – Schnelles Internet für alle“

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Große Koalition hat sich in Bezug auf die digitale Infrastruktur ein besonders ehrgeiziges Ziel gesetzt.

Wir wollen, dass bis Ende 2018 in ganz Deutschland Hochgeschwindigkeitsbandbreiten von mindestens 50 Megabit pro Sekunde verfügbar sind. Wir sind uns sicher einig, dass angesichts der fortschreitenden Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft schnelles Internet für alle zunehmend eine Voraussetzung sowohl für ökonomische Entwicklungsmöglichkeiten als auch für gesellschaftliche Teilhabe ist. Deshalb dürfen wir eine digitale Spaltung ‑ ich glaube, auch da sind wir uns einig ‑ zwischen gut versorgten Ballungsräumen auf der einen und abgehängten ländlichen Gebieten auf der anderen Seite nicht zulassen.

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Heute können erst 64 Prozent der Haushalte in Deutschland mit 50 Megabit pro Sekunde versorgt werden. Der Sprung auf 100 Prozent innerhalb weniger Jahre ist also ein Quantensprung. Nur wenn alle Beteiligten ‑ investierende Unternehmen, Bund, Länder, aber auch die Kommunen vor Ort ‑ optimal zusammenwirken, können wir dieses Ziel erreichen.

Wir wollen mit dem Antrag der Koalition einen Rahmen setzen. Wir haben konkrete Maßnahmen beschrieben, um die Umsetzung unseres Ausbauziels tatsächlich zu erreichen. Im Kern geht es um zwei Dinge: nämlich um zusätzliche Investitionsanreize und um die Schließung von Wirtschaftlichkeitslücken.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung der Kollegin Wawzyniak?

Martin Dörmann :

Ja, sehr gerne. Das habe ich schon gesehen. Deshalb habe ich einen Punkt gemacht.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Ja, sonst hätte ich Sie unterbrochen.

Martin Dörmann :

Das habe ich erwartet.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Gut, wir kennen uns ja auch schon lange. ‑ Frau Kollegin Wawzyniak, bitte.

Halina Wawzyniak :

Herr Kollege Dörmann, nachdem der Kollege von der Unionsfraktion das Papier der Netzallianz vorgelesen hat, möchte ich Sie fragen, ob auch Sie gelesen haben, dass die Netzneutralität für den Breitbandausbau ‑ vorsichtig formuliert ‑ geschliffen werden soll und ob Sie vor diesem Hintergrund nicht auch der Meinung sind, dass das löbliche Ziel, das Sie hier vorgegeben haben, doch in einem anderen Licht erscheint?

Martin Dörmann :

Sehr geehrte Frau Kollegin Wawzyniak, wir haben uns in der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ sehr ausführlich über das Thema Netzneutralität unterhalten. Sie kennen die Position der SPD-Bundestagsfraktion, die in weiten Teilen in den Koalitionsvertrag eingeflossen ist.

Wir werden die Netzneutralität gesetzlich sicherstellen. Sie waren, glaube ich, auch dabei ‑ ich bin mir nicht ganz sicher ‑, als Frau Zypries als zuständige Staatssekretärin des Wirtschaftsministeriums im Ausschuss „Digitale Agenda“ sogar angekündigt hat, dass das Ministerium demnächst einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen wird. Insofern bin ich sehr zuversichtlich, dass uns das gelingen wird.

Sie haben das Papier der „Netzallianz Digitales Deutschland“ angesprochen. Ich will den genannten Aspekt einmal dahingestellt sein lassen, möchte aber darauf hinweisen, dass sich die dort beschriebenen Handlungsfelder in dem Antrag, den wir hier vorliegen haben, exakt widerfinden. Das heißt, es gibt in der Fachwelt großen Konsens darüber, dass das Maßnahmenpaket, das wir vorschlagen, zielführend ist. Diesen Aspekt sollten Sie viel stärker würdigen.

Mit unserem Maßnahmenpaket setzen wir auch in Zukunft auf Wettbewerb und auf Milliardeninvestitionen unterschiedlicher Unternehmen. Aber diese stoßen dort an Grenzen, wo sich Investitionen aufgrund hoher Kosten nicht rechnen. Zentrales Problem hierbei sind vor allem die letzten 20 Prozent der Haushalte, die unter heutigen Bedingungen, weil sie in besonders dünn besiedelten Gebieten angesiedelt sind, eben nicht wirtschaftlich erschlossen werden können. Gerade hier setzt unser Breitbandkonzept an: Wir wollen regulatorische Rahmenbedingungen verbessern und zusätzliche Synergien heben, um Kosten zu senken.

Das allein wird aber nicht ausreichen. Wir brauchen ‑ das ist bereits erwähnt worden ‑ zusätzliche staatliche Fördergelder, um Wirtschaftlichkeitslücken in bestimmten Regionen schließen zu können. Wenn das Geld geschickt eingesetzt wird, könnten wir mit jeder Milliarde Euro öffentlichen Geldes, die wir einsetzen, in einem Umfang von etwa 3 Milliarden Euro zusätzliche Investitionen privater Unternehmen auslösen. Das wäre gerade vor dem Hintergrund bestehender konjunktureller Unsicherheiten ein wirklich respektables Konjunkturprogramm. Das sollten wir unterstützen.

Die Koalition will zudem, dass weitere Frequenzbereiche für den Mobilfunk erschlossen werden. Wir alle wollen nicht nur eine gute Festnetzversorgung über Glasfaserkabel, übrigens auch in der Fläche ‑ auch das ist unser Ziel ‑, sondern wir brauchen deutschlandweit auch ein modernes Mobilfunknetz, weil wir alle mit Smartphones und Tablets unterwegs sind. Sie wissen, dass das eine Ursache für den steigenden Bandbreitenbedarf ist. Deshalb ist es, so glaube ich, richtig, diese Frequenzen für ein hochmodernes Mobilfunknetz zu nutzen.

Die beiden zuletzt genannten Aspekte, die Fördermittel und die Nutzung eines zusätzlichen Frequenzspektrums, weisen uns im Zusammenhang mit der Digitalen Dividende II den Weg, den wir mit den Ländern gehen können. Es geht um ein Frequenzpaket, das nach Vorstellung der Bundesnetzagentur im nächsten Jahr versteigert werden soll. Dazu gehören im Bereich der Digitalen Dividende II auch die Frequenzen im 700-Megahertz-Band. Wir wissen, dass es darüber Gespräche zwischen Bund und Ländern gibt. Wir wissen, dass die Länder gerne zur Hälfte an den Versteigerungserlösen beteiligt wären.

Wichtig ist, dass es am Ende einen Konsens gibt, dass man sich auf eine Teilung einigt und darauf, dass das gesamte Geld für den Breitbandausbau genutzt werden soll. Das ist wichtig. Deshalb darf man sich an dieser Stelle nicht in technischen Fragen verheddern, in denen es darum geht, in welchen Haushalten diese Gelder am Ende eingestellt werden. Wir müssen zu einer Einigung kommen; denn nur wenn wir entsprechende Einnahmen generieren, können wir hinsichtlich des Breitbandausbaus weiterkommen.

Im Blick auf die Frequenzen führen zwei Aspekte immer zu Diskussionen. Ich will diese Themen gerne aufgreifen.

Zum einen geht es um die Umstellung auf DVB-T2. Wir wollen ‑ auch das haben wir im Koalitionsvertrag festgelegt ‑, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die privaten Rundfunkanstalten die Möglichkeit haben, die Umstellung der terrestrischen Verbreitung auf DVB-T2 vorzunehmen. Das ist die bessere Technik. Sie ist HD-fähig. Auch im Interesse der Zuschauerinnen und Zuschauer wollen wir, dass das sorgfältig gemacht wird; aber es soll auch zügig gemacht werden, damit die Nutzer möglichst schnell in den Genuss der neuen Technik kommen. Jetzt wird auszuloten sein, in welchem Zeitraum das möglich ist. Dieses Thema soll in den Bund-Länder-Gesprächen jetzt angegangen werden. Dort werden wir zu einer Einigung kommen.

Zum zweiten Aspekt, der ebenfalls wichtig ist. Bei der Umstellung von Frequenzen wird es auch darum gehen, dass die Interessen der bisherigen Nutzer dieser Frequenzen gewahrt werden. Ich denke insbesondere an die Nutzer drahtloser Produktionsmittel, also zum Beispiel an Kultureinrichtungen und Kirchen, die drahtlose Mikrofone nutzen und bisher zum Teil in diesen Bereichen gesendet haben. Dazu hat die Bundesnetzagentur ein neues Konzept vorgelegt. Ein Gutachten hat ergeben, dass der Frequenzbedarf dieser drahtlosen Produktionsmittel etwa 96 Megahertz beträgt. Die Bundesnetzagentur schlägt eine Erweiterung auf 440 Megahertz vor. Ich glaube, das ist ein richtiges Signal. Es zeigt, dass wir dieses Thema sehr ernst nehmen. Wir werden prüfen, ob das ausreicht. Wir werden auch prüfen, ob Umstellungskosten entstehen, die zu berücksichtigen sind. Ich weiß, dass das Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur an einer Billigkeitsrichtlinie arbeitet. Wir befinden uns in einem guten Austausch, auch mit den Ländern. All diese Fragen werden jetzt geklärt.

Deshalb will ich zum Schluss Folgendes sagen, auch angesichts dessen, was die Opposition hier anzuführen hat: Ich habe weder in der Debatte heute noch in den Ausschüssen etwas über wirklich durchgreifend andere Konzepte gehört. Es wird immer kritisiert: Ihr bekommt das Geld nicht. ‑ Daran arbeiten wir. Herr Holmeier, wir haben uns im Ausschuss ausgetauscht. Wir beide werden noch einmal das eine oder andere Gespräch mit dem Verkehrsminister führen, aber auch mit dem Finanzministerium, damit wir möglichst schnell mehr Geld bekommen. Uns ist vollkommen bewusst, dass die Fördermittel eine Stellschraube sind.

Wir halten an der schwarzen Null fest. Wir wissen, dass es einen engen Rahmen gibt. Für unsere Arbeitsgruppe „Verkehr und digitale Infrastruktur“ kann ich sagen: Zusätzliche Haushaltsmittel, gerade im Bereich dieses Ministeriums, wollen wir vordringlich für den Breitbandausbau einsetzen, weil wir glauben, dass ein schnelles Internet für alle eine ganz herausragende gesellschaftliche Aufgabe ist.

Vielen Dank.