Standpunkt aus Berlin Depesche Nr. 81

Liebe Leserinnen und Leser,

Die Regierungsbildung im letzten Jahr hat länger als gewöhnlich gedauert – nicht zuletzt deshalb, weil die SPD-Mitglieder über die Große Koalition abstimmen konnten. Nun geht es darum, den Koalitionsvertrag Schritt für Schritt umzusetzen, damit das Leben der Menschen in Deutschland besser und gerechter wird.

Die ersten inhaltlichen Akzente kamen aus dem SPD-geführten Ressorts. Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel hat im Januar Eckpunkte für eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vorgelegt. Ziel ist es, den Anteil des produzierten Stroms aus erneuerbaren Energien in den nächsten zehn Jahren auf 40 bis 45 Prozent zu steigern, gleichzeitig aber die steigenden Strompreise für Verbraucher und Industrie in den Griff zu bekommen und die Kosten der Energiewende gerechter zu verteilen.

Die Energiekosten haben für viele private wie gewerbliche Konsumenten mittlerweile die Schmerzgrenze erreicht oder schon überschritten. Die absehbare weitere Kostendynamik muss gebremst werden, auch damit die gesellschaftliche Akzeptanz der Energiewende erhalten bleibt.

Mit der geplanten EEG-Novelle sollen verbindliche Ausbaukorridore für erneuerbare Energien festgelegt, Überförderungen bei der Einspeisevergütung abgebaut und die Vergütungen für neue Anlagen gesenkt werden.

Mittelfristig – spätestens ab 2017 – soll die Förderhöhe der erneuerbaren Energien über Ausschreibungen bestimmt werden, um die günstigste Form der Energieerzeugung bei den jeweiligen Technologien zu ermitteln. Zudem soll mit der Pflicht zur Direktvermarktung die Integration der Erneuerbaren in den Strommarkt vorangetrieben werden. Der Bundestag wird sich voraussichtlich im Frühjahr mit dem geplanten Gesetzentwurf befassen. Die Neuregelungen könnten dann Anfang August in Kraft treten.

Als erstes Gesetzesvorhaben der Koalition hat das Bundeskabinett Ende Januar das von Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles vorgelegte Rentenpaket auf den Weg gebracht. Das Ziel: Diejenigen, die sich anstrengen, diejenigen, die hart arbeiten, diejenigen, die Kinder erzogen haben, sollen wissen: Ihr Einsatz lohnt sich und wird wertgeschätzt.

Das geplante Rentenpaket besteht aus mehreren Bausteinen:

Wer 45 Jahre lang Rentenbeiträge gezahlt hat, soll künftig vor Erreichen der Regelaltersgrenze ohne Abzüge in den Ruhestand gehen können. Zunächst mit 63 Jahren, danach steigt die Altersgrenze schrittweise auf 65 Jahre.

Mit der sogenannten ‚Mütterrente‘ sollen Erziehungsleistungen besser anerkannt werden. Rentnerinnen, die vor 1992 Kinder bekommen haben, erhalten einen zusätzlichen Entgeltpunkt für jedes Kind. Diejenigen, die noch nicht in Rente sind, erhalten für ihre spätere Rente ein weiteres Jahr Kindererziehungszeit gutgeschrieben. Von der ‚Mütterrente‘ profitieren unmittelbar 9,5 Millionen Frauen – und auch einige Männer.

Menschen, die nicht mehr arbeiten können, werden besser abgesichert: Wer ab dem 1. Juli 2014 in Erwerbsminderungsrente geht, erhält mehr Geld.

Das Reha-Budget wird erhöht. Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung können so mehr Leistungen zur medizinischen und beruflichen Rehabilitation finanzieren.

Das Rentenpaket schließt Gerechtigkeitslücken und wird gemeinsam mit den geplanten Reformen am Arbeitsmarkt dafür sorgen, Lebensleistung besser anzuerkennen. Das Gesetz zum Rentenpaket wird voraussichtlich ab März im Bundestag beraten und soll zum 1. Juli in Kraft treten.

Die Menschen in Deutschland erwarten von der Großen Koalition Taten und sachgerechte Ergebnisse, keine langwierigen, kontroversen Debatten. Darauf sollten sich alle Beteiligten stets konzentrieren.