Bundestagsrede von Martin Dörmann zur Medienpolitik

Plenardebatte am 18. Oktober 2012 zum Gesetz zur GWB-Novelle und zum Antrag der SPD-Fraktion „Freiheit und Unabhängigkeit der Medien sichern – Vielfalt der Medienlandschaft erhalten und Qualität im Journalismus stärken“ (Drs. 17/10787)


Herr Präsident!

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Mein Fraktionskollege Ingo Egloff hat bereits prägnant dargelegt, warum wir heute die GWB-Novelle insgesamt ablehnen werden. Ich möchte aber einige ergänzende Anmerkungen zu den presserelevanten Bestimmungen machen und dabei auch auf den von der SPD-Fraktion vorgelegten Medienantrag eingehen, über den wir heute auch beraten.

Für die SPD-Fraktion ist die Sicherung der Medienfreiheit und der Medienvielfalt von zentraler Bedeutung. Wir begrüßen es deshalb sehr, dass die Koalition unsere Forderung nach einer gesetzlichen Absicherung des Presse-Grosso-Vertriebs-systems aufgegriffen hat und die bewährte Möglichkeit von freiwilligen Branchenvereinbarungen erhält. Das bisherige Presse-Grosso-System verhindert, dass größere Verlage bessere Konditionen als kleine Verlage erhalten, und trägt so entscheidend zu einer vielfältigen, diskriminierungsfreien und flächendeckenden Medienlandschaft bei.

Die vorgesehenen Änderungen beim Pressefusionsrecht sehen wir differenziert. Wegen der besonderen Bedeutung der Presse für die Meinungsbildung und damit für unsere Demokratie ist es wichtig, dass hierfür auch weiterhin strengere Sonderregelungen gelten als im übrigen Wettbewerbsrecht.

Richtig ist andererseits aber auch, dass wir in einer veränderten Medienwelt leben und dass insbesondere die Zeitungsverlage unter besonderen wirtschaftlichen Druck geraten sind. Vor diesem Hintergrund können wir eine vorsichtige Lockerung des Pressefusionsrechts mittragen, soweit hierdurch in einer Gesamtbetrachtung die Medienvielfalt eher gestärkt und eben nicht geschwächt wird.

So halten wir eine Erleichterung bei der Sanierungsfusion in engen Grenzen durchaus für sinnvoll, um defizitäre Zeitungstitel überhaupt noch zu erhalten. Wettbewerbsrechtlich gerade noch vertretbar erscheint uns auch eine Erhöhung der Aufgreifschwellen für kartellrechtliche Verfahren. Ich will darauf hinweisen, dass das in der Anhörung des Wirtschaftsausschusses sowohl die Monopolkommission als auch das Bundeskartellamt entsprechend gesehen haben. Sie haben aber auch gleichzeitig betont, dass hierdurch eine rote Linie erreicht sei, und sie haben vor weiteren Änderungen insbesondere bei der Bagatellanschlussklausel gewarnt. Herr Otto, ich habe Ihr schlechtes Gewissen herausgehört. Wir glauben, dass an dieser Stelle die Balance  doch nicht mehr stimmt.

Wir kritisieren allerdings scharf, dass die Regierungskoalition einseitig nur auf wettbewerbsrechtliche Regelungen fokussiert ist und weitergehende, aber notwendige Maßnahmen zur Sicherung der Medienvielfalt und von Qualität im Journalismus verweigert. Die SPD-Fraktion hat hierzu einen umfassenden Antrag vorgelegt. Darin schlagen wir ein Maßnahmenbündel vor, um die Qualität, die Freiheit und die Unabhängigkeit der Medien in einer sich verändernden Medienlandschaft zu sichern. Dies reicht von neuen Modellen zur Finanzierung von Journalismus bis hin zu Fragen der Medienordnung, die man natürlich gemeinsam mit den Ländern angehen muss.

Im laufenden Haushaltsverfahren verweigert die Koalition zudem die Finanzierung und ständige Aktualisierung einer Medienstatistik. Genau die ist aber Voraussetzung für belastbare Daten für zukünftige Entscheidungen.

Insgesamt springt die schwarz-gelbe Koalition auch medienpolitisch deutlich zu kurz.

Ich komme zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir laden alle Fraktionen ein, mit uns nicht nur beim Presse-Grosso für gemeinsame medienpolitische Lösungen einzutreten bzw. diese zu finden. Unsere Vorschläge jedenfalls liegen auf dem Tisch.

Vielen Dank.