Der gesamte Antrag zum Download (Drs. 17/7527) so wie ein Auszug zum Antrag der SPD-Bundestagsfraktion:

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Eine moderne digitale Infrastruktur ist unverzichtbar für unsere demokratische Gesellschaft und eine positive ökonomische Entwicklung in Deutschland. In unserer Informationsgesellschaft nimmt die Bedeutung der Telekommunikation und insbesondere des Internets ständig zu. Die Herausforderungen sind vielfältig: Neben einer flächendeckenden Breitbandversorgung als Voraussetzung für Teilhabe und wirtschaftliche Entwicklung bedarf es vor allem einer Gewährleistung von Netzneutralität im Internet sowie der umfassenden Stärkung des Verbraucherschutzes in der Telekommunikation.
Die Bundesregierung hat es in dem vorliegenden Gesetzentwurf versäumt, zu den zentralen Fragestellungen angemessene Lösungen zu präsentieren. Um den bestehenden Herausforderungen gerecht zu werden, sind vor allem folgende Regelungen und Aktivitäten notwendig:

1. Sicherstellung einer Breitbandgrundversorgung durch Einführung einer Universaldienstverpflichtung

Eine flächendeckende Breitbandgrundversorgung ist zentral für die Teilhabe von Menschen und Unternehmen am technischen Fortschritt. Sie ist jedoch in Deutschland immer noch nicht umgesetzt. Damit werden Chancen verspielt, insbesondere auch für ländliche Räume.
Mit dem begonnenen Ausbau der LTE-Technologie im Mobilfunk werden wir dem Ziel der Flächendeckung nach den Ankündigungen der Mobilfunkunternehmen nahe kommen, es aber noch nicht vollständig erreichen. Verbleibende „weiße Flecken“ dürfen aber nicht länger hingenommen werden.

Für den Fall, dass durch wettbewerbliche Lösungen eine Breitbandgrundversorgung nicht zeitnah erfolgt, sollte diese durch eine gesetzliche Universaldienstverpflichtung sichergestellt werden. Der vorliegende Entwurf der Bundesregierung sieht insofern jedoch lediglich die Aufnahme eines funktionalen Internetzugangs vor. Er nutzt leider nicht die von der EU zusätzlich geschaffene Möglichkeit, hierfür auch eine bestimmte Bandbreite festzulegen, wie es in anderen Mitgliedstaaten bereits umgesetzt oder vorgesehen ist.

Um den von den europäischen Vorgaben eingeräumten Spielraum einzuhalten aber auch vollständig auszunutzen, sollte zum Stichtag 31. Dezember 2011 ermittelt werden, welche Bandbreite von der Mehrheit der tatsächlichen Nutzer eines Breitbandanschlusses verwendet wird. Diese feste Bandbreite sollte dann ab dem 1. Januar 2013 als Breitbanduniversaldienst gesetzlich festgelegt wer- den. Damit kann eine flächendeckende Breitbandgrundversorgung endlich verbindlich sichergestellt werden, ohne dass hierdurch Marktverzerrungen zu befürchten wären.

2. Impulse für eine dynamische Entwicklung beim Breitbandausbau

Neben der Grundversorgung muss es bei der Breitbandversorgung eine dynamische Entwicklung geben. Nur so können Wachstumschancen genutzt und der steigende Bandbreitenbedarf auch langfristig gesichert werden. Hierbei setzt die Fraktion der SPD auf einen fairen Wettbewerb und die Investitionen mög- lichst vieler Unternehmen.
Angesichts der hohen Ausbaukosten bedarf es der konsequenten Umsetzung einer Vielzahl von Maßnahmen, um zusätzliche Impulse für den weiteren Ausbau von Hochgeschwindigkeitsbreitbandnetzen zu setzen. Dabei geht es insbesondere um

– wettbewerbs- und investitionsfreundliche Rahmenbedingungen im Telekommunikationsgesetz und in der Regulierungspraxis,

– die Klärung von „Open Access“- und anderen Kooperationsmodellen zur Schaffung von Planungssicherheit,

– Kostenreduzierungen durch Hebung und Nutzung von Synergieeffekten, beispielsweise bei dem Zugang zu Infrastrukturen,

– bessere Fördermöglichkeiten sowie

– eine umfassende Abstimmung zwischen Bund, Ländern und Kommunen.

Die Bundesregierung hat es versäumt, hierfür in ihrem Entwurf oder durch weitergehende Maßnahmen ausreichende Rahmenbedingungen zu setzen.

3. Gesetzliche Absicherung der Netzneutralität im Internet

Der Charakter des Internets als freies und offenes Medium muss bewahrt und gestärkt werden. Auf Grundlage der Netzneutralität hat sich das Internet als Innovationsmotor für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung erwiesen. Hierunter ist die grundsätzliche Gleichbehandlung aller Datenpakete unabhängig von Inhalt, Dienst, Anwendung, Herkunft oder Ziel zu verstehen. Durch den gleichberechtigten Datentransport bestehen optimale Teilhabe- bedingungen und geringe Marktzugangsbarrieren, weil neue Anwendungen kostengünstig in das Netz eingestellt und von den Nutzern frei abgerufen werden können.

Das Prinzip der Netzneutralität ist deshalb gesetzlich abzusichern. Der vorliegende Gesetzentwurf zur Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) ist hierfür völlig unzureichend und stellt lediglich eine Übernahme der allgemeinen Vorgaben der EU dar. Im Gesetzestext selbst kommt das Wort Netzneutralität nicht einmal vor. Zu Recht hat die von der Bundesregierung ein- gesetzte Expertenkommission für Forschung und Technologie (EFI) in ihrem Jahresgutachten 2011 den Entwurf deutlich kritisiert.
Netzneutralität muss als eines der Regulierungsziele im Telekommunikations- gesetz verankert und dort definiert werden. Kern der Netzneutralität ist auch weiterhin der Gleichbehandlungsgrundsatz, weshalb ein ausdrückliches Diskriminierungsverbot für den Datentransport erforderlich ist. Das „Any-to-any“- Prinzip soll festgeschrieben werden, wonach jeder grundsätzlich Zugang zu jedem Inhalt im Internet haben und Inhalte selbst anbieten kann.

Netzwerkmanagement soll weiterhin möglich sein, um die Funktionsfähigkeit der Netze zu sichern oder dafür zu sorgen, dass zeitkritische Dienste auch in Überlastungssituationen in der erforderlichen Qualität bei den Endkunden ankommen. Allerdings darf dies keinesfalls zur Verdrängung des heute bekannten „Best-Effort“-Internet führen, das vielmehr weiter ausgebaut werden muss. Durch eine auf diese Weise gesetzlich verankerte Netzneutralität können Frei- heit, Teilhabe und Innovationskraft im Netz miteinander verbunden und abgesichert werden.

4. Stärkung des Verbraucherschutzes in der Telekommunikation

Neue Produkte und Anwendungen im Bereich der Telekommunikation bereichern den Lebensalltag der Menschen. Dazu gehört ein wirksamer Verbraucherschutz, der bei den Kunden Vertrauen schafft. Davon profitieren letztlich auch die Telekommunikationsunternehmen. Die meisten Unternehmen arbeiten seriös. Es bestehen aber immer noch offensichtliche Probleme, etwa im Hinblick auf kostenpflichtige Warteschleifen, untergeschobene Verträge oder „Abzocke“ durch Gewinnversprechen.
Die Bundesregierung hat mit dem vorliegenden Entwurf zwar einige Verbesserungen vorgelegt – es bedarf jedoch weiterer Maßnahmen, um den Verbraucherschutz in der Telekommunikation umfassend zu stärken.

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