Diskriminierungsfreiheit,      Transparenzverpflichtungen und Sicherung von    Mindestqualitäten gesetzlich regeln

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Das Internet bietet enorme Potentiale für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung. Diese gilt es konsequent zu sichern und zu nutzen. Der Deutsche Bundestag lässt sich netzpolitisch insbesondere von folgenden Grundsätzen und Zielsetzungen leiten:

– Der Charakter des Internets als freies und offenes Medium muss bewahrt und gestärkt werden. Jeglicher Form der Diskriminierung im Netz ist entschieden entgegenzutreten. Der Deutsche Bundestag setzt sich im Interesse der Meinungsvielfalt für ein offenes Internet ohne Kontrolle und Zensur der Inhalte ein.
– Die Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen an der Informationsgesellschaft setzt die Möglichkeit voraus, gleichberechtigt im Internet aktiv zu werden und Zugang zu allen Inhalten zu haben.
– Der Deutsche Bundestag will ein funktions- und leistungsfähiges Netz für alle, attraktive und stabile Dienste sowie Innovationen, die den persönlichen und ökonomischen Nutzen mehren.
– Ein fairer Wettbewerb ist Voraussetzung für eine dynamische Entwicklung des Internets und dort genutzter Dienste. Zur Erreichung dieser Ziele ist die Gewährleistung von Netzneutralitätvon zentraler Bedeutung, also die grundsätzliche Gleichbehandlung aller Datenpakete unabhängig von Inhalt, Dienst, Anwendung, Herkunft oder Ziel.Auf Grundlage der Netzneutralität hat sich das Internet als Innovationsmotor für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung erwiesen. Durch den gleichberechtigten Datentransport bestehen geringe Marktzugangsbarrieren, weil neue Anwendungen kostengünstig im Netz eingestellt und leicht von den Nutzern abgerufen werden können.

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II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. im Rahmen der Beratungen des Gesetzentwurfs zur Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) die Aufnahme wirksamer Regelungen zur nachhaltigen Sicherung der Netzneutralität zu unterstützen, insbesondere:

– die Gewährleistung von Netzneutralität als eines der Regulierungsziele des TKG aufzunehmen; die Motive hierfür sind in der Gesetzesbegrün- dung zu erläutern; insbesondere sollen die Netzneutralität und die damit verbundenen niedrigen Marktzugangsschranken die Vielfalt von Inhalten, Diensten und Diensteanbietern fördern, die wiederum der Meinungs- und Wirtschaftsfreiheit und dem technischen Fortschritt dient; in der Sache geht es darum, das Verlangsamen, Benachteiligen oder Blockieren von Inhalten, Diensten oder Diensteanbietern ohne hinreichenden sachlichen Grund zu verhindern;
– den Begriff der Netzneutralität im Sinne einer grundsätzlichen Gleich- behandlung aller Datenpakete unabhängig von Inhalt, Dienst, Anwen- dung, Herkunft oder Ziel zu definieren;
– das Prinzip festzuschreiben, dass jeder Nutzer von Telekommunikations- diensten grundsätzlich Zugang zu jedem Inhalt bzw. jeder Anwendung im Internet haben muss bzw. dass grundsätzlich jeder Inhalte im Internet anbieten kann;
– Mobilfunk und Festnetz bei der Frage der Netzneutralität gleich zu behandeln, sofern nicht zwingende Gründe ein unterschiedliches Netzwerkmanagement rechtfertigen;
– ein grundsätzliches Diskriminierungsverbot für den Datentransport im Internet aufzunehmen, insbesondere um Wettbewerbsbeschränkungen zu vermeiden; eine Inhaltekontrolle durch Netzbetreiber darf grundsätzlich nicht erfolgen. Sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung im Datentransport im Internet kann beispielsweise Netzwerkmanagement sein, sofern dieses dem Ziel dient, die Funktionsfähigkeit und Stabilität der Netze zu sichern oder dafür zu sorgen, dass zeitkritische Dienste in der erforderlichen Qualität bei den Nutzern ankommen;
– die Bundesnetzagentur zu beauftragen, die Einhaltung der Netzneutralität zu sichern und ihr hierfür unter Berücksichtigung des europäischen Rechtsrahmens ausreichende Kontroll- und Sanktionsinstrumente an die Hand zu geben, um Verstößen effektiv entgegenzuwirken bzw. diese wirksam zu ahnden;
– Informations- und Transparenzverpflichtungen der Netzbetreiber gegen- über der Bundesnetzagentur sowie Marktbeteiligten (insbesondere Diens- teanbietern und Endkunden) festzulegen, um so die notwendigen Informa- tionen über Maßnahmen des Netzwerkmanagements und andere Eingriffe in die Datenübertragung sicherzustellen;
– die Bundesnetzagentur zu ermächtigen, angemessene Mindestqualitäts- standards für die Durchleitung von Datenpaketen festzulegen, um eine ausreichende „Best-Effort“-Qualität im Internet zu sichern, Diensteanbieter und Endkunden zu schützen und einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten; für den Fall einer über unwesentliche Einzelfälle hinausgehenden grundsätzlichen Gefährdung der Netzneutralität ist die Bundesnetzagentur zu einem entsprechenden Vorgehen zu verpflichten;
– Vorschriften hinsichtlich der Qualität und Transparenz von Diensten aufzunehmen, um eine bessere Kosten- und Qualitätskontrolle zu ermög- lichen; hierbei ist eine verpflichtende vertragliche Zusicherung einer in der Regel tatsächlich erreichten Mindestgeschwindigkeit durch den Breitbandanbieter im Festnetz vorzusehen; dies dient der Abgrenzung zu der theoretisch erzielbaren maximalen Downloadrate, die beworben aber oftmals gerade nicht erreicht wird;
– Kunden ein Sonderkündigungsrecht einzuräumen, falls
– die vertraglich zugesicherten Mindestgeschwindigkeiten wiederholt nicht eingehalten werden;
– ihr Anbieter nach Feststellung eines erheblichen Verstoßes gegen Netzneutralität durch die Bundesnetzagentur diesen nicht unverzüglich abstellt und der Kunde direkt davon betroffen ist

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