Anlässlich der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der SPD-Bundestagsfraktion zu den „Vorhaben der Bundesregierung zur Sicherung der Medienvielfalt und Medienfreiheit“ (Bundestags-Drucksache 17/6836) erklären der Sprecher der Arbeitsgruppe Kultur und Medien Siegmund Ehrmann und Martin Dörmann:

Ungenügend, versetzungsgefährdet“ so muss das medienpolitische Zwischenzeugnis der Bundesregierung lauten. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag zahlreiche Maßnahmen zur Sicherung der Medienfreiheit und Medienvielfalt angekündigt. Wir haben die Bundesregierung zwei Jahre nach ihrem Amtsantritt um eine Zwischenbilanz zu den Vorhaben zur Sicherung der Medienvielfalt und Medienfreiheit gebeten. Zwar erkennt die Bundesregierung die medienpolitische Aufgabe an, dass eine möglichst große Angebots- und Anbietervielfalt in allen Medienbereichen“ gesichert und gefördert sowie ein „Höchstmaß an Medien- und Informationsfreiheit“ ermöglicht werden muss, um die politische und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Schaut man sich jedoch die angekündigten Vorhaben und die ergriffenen Maßnahmen genauer an, wird sehr schnell deutlich, dass diese Bilanz dürftig ist.

Die von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzesinitiativen zur Novellierung des Telekommunikationsgesetzes und zum Schutz der Pressefreiheit sind ungenügend oder lassen seit mehr als einem Jahr auf sich warten, so wie der „Dritte Korb“ zum Urheberrecht. Im Entwurf zur Novellierung des Telekommunikationsrechtes fehlt die aus unserer Sicht zwingend notwendige gesetzliche Verankerung der Netzneutralität zur Wahrung der Medienvielfalt. Leistungsfähige Infrastrukturen sowie Offenheit und Vielfalt von Diensten und Inhalten im Internet sind Voraussetzungen für die Gewährleistung der Medienfreiheit und Medienvielfalt. Das parlamentarische Verfahren zum Gesetzentwurf zur Stärkung der Pressefreiheit ist ins Stocken geraten, weil sich die Koalition nicht auf eine gemeinsame Linie verständigen kann. Vor diesem Hintergrund überrascht die Antwort der Bundesregierung, dass über den Gesetzentwurf hinaus kein Handlungsbedarf bestehe, da doch zugleich eine Ãœberprüfung des Bundesministeriums der Justiz stattfindet, ob und inwieweit die Zeugnisverweigerungsrechte der Journalisten gestärkt werden können. Inwieweit schließlich die Vorarbeiten zur Reform des Urheberrechts einen Beitrag zur Sicherung der Medienvielfalt leisten können, ist derzeit völlig offen, da die angekündigte Vorlage eines entsprechenden Referentenentwurfs seit einem Jahr überfällig ist.

Einzig das klare Bekenntnis der Bundesregierung zur Bedeutung des Pressegrosso als funktionierende diskriminierungsfreie und flächendeckende Verteilung für die Vielfaltsicherung ist zu begrüßen. Der weitaus größte Teil der Verlage hat inzwischen langfristige Verträge abgeschlossen, die auch auf die Gemeinsame Erklärung zum Erhalt des Pressegrosso aus dem Jahr 2004 Bezug nehmen. Festzuhalten ist jedoch, dass ein Teil der Verlagslandschaft diese wichtige diskriminierungsfreie und flächendeckende Vertriebsstruktur noch immer in Frage stellt und eine Einigung derzeit nicht absehbar ist. Daher fordern wir die Bundesregierung auf, gemeinsam mit den Ländern eine gesetzliche Verankerung des Pressegrosso sicherzustellen, um die Medienvielfalt dauerhaft gewährleisten zu können.

Völlig unbefriedigend sind die Antworten der Bundesregierung zu den Aktivitäten, um Medienvielfalt und Medienfreiheit auch auf europäischer Ebene sicherzustellen. Angesichts der Ereignisse in Ungarn aber auch in anderen europäischen Ländern reicht es nicht, den Partnern gegenüber die fundamentale Bedeutung der Frage der Geltung und Durchsetzung der Presse- und Medienfreiheit zum Ausdruck zu bringen. Notwendig sind Initiativen auf europäischer Ebene, um in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen auf die Wahrung der fundamentalen europäischen Grundrechte zu drängen. Seit dem Ende der ungarischen Ratspräsidentschaft sind hierzu allerdings kaum noch Stimmen zu vernehmen und erst recht keine Initiativen erkennbar.

Medienfreiheit und Medienvielfalt sind nicht nur unverzichtbar für jeden Einzelnen, sondern auch für die demokratische, offene und pluralistische Gesellschaft. Der Schutz der Kommunikationsgrundrechte und die Sicherstellung der Medienfreiheit und Medienvielfalt gehören daher zu den Grundprinzipien der Medienpolitik die Bundesregierung ist aufgefordert, ihre diesbezüglichen Bemühungen auf nationaler wie auch auf europäischer und internationaler Ebene deutlich zu verstärken. Ansonsten bleibt sie auch in der Medienpolitik versetzungsgefährdet.