Ein Breitband-Universaldienst ohne Marktverzerrungen könnte die notwendige Grundversorgung endlich sicherstellen

Schnelle Internetverbindungen werden täglich wichtiger. Für Ausbildung, Beruf und Freizeitgestaltung ist die Verfügbarkeit breitbandiger und schneller Zugänge oft Voraussetzung. Damit wird deren Sicherstellung Bestandteil der kommunikativen und medialen Daseinsvorsorge.

Flächendeckende Breitbandversorgung ist Voraussetzung für die Teilhabe aller

Der flächendeckende Breitbandausbau ist eine der zentralen gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Herausforderungen unserer Zeit. Wir müssen der drohenden Gefahr einer sozialen Spaltung begegnen und die Chancengleichheit der Bürgerinnen und Bürger wahren. Denn die flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet schafft die Voraussetzungen für die Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen, Unternehmen und Regionen am Fortschritt und an den Möglichkeiten der Informationsgesellschaft.

Immer noch sind zahlreiche Kommunen nicht an die Datenautobahn angebunden oder zumindest deutlich unterversorgt. Mit dem bereits begonnen Ausbau der neuen LTE-Technologie im Mobilfunk besteht nun die Chance, endlich eine Breitband-Grundversorgung in ganz Deutschland umzusetzen. Wenn man den Ankündigungen der Mobilfunkunternehmen Glauben schenken darf, werden rund 99 Prozent der Haushalte Ende 2012 über Bandbreiten von 3 bis 5 Megabit pro Sekunde verfügen können. Das sind Größenordnungen, die für die heute üblichen und weit verbreiteten Internetanwendungen durchaus genügen. E-Mail-Nutzung, Surfen, Online-Spiele und Internet-Telefonie benötigen Geschwindigkeiten von unter 2 MBit/s. Höhere Bandbreiten ermöglichen vor allem zusätzlichen Nutzungskomfort, die parallele Nutzung mehrerer Dienste oder HD-Qualitäten in der Bildübertragung.

Leider ist jedoch heute noch keineswegs sicher, dass mit dem LTE-Ausbau eine flächendeckende Versorgung tatsächlich erreicht wird. Bei den Versteigerungsbedingungen der Frequenzvergabe wurde nämlich versäumt, eine vollständige Abdeckung vorzuschreiben. Es sind lediglich Ausbauverpflichtungen für 90 % der Haushalte in unterschiedlichen Ausbaustufen festgelegt worden. Damit besteht die Gefahr, dass die Bewohnerinnen und Bewohner einiger Regionen leer ausgehen und erst recht von der allgemeinen Entwicklung abgekoppelt werden.

Rechtliche Ausgestaltung einer Breitband-Universaldienstverpflichtung

Die SPD-Bundestagsfraktion hat im Zusammenhang mit der anstehenden Novellierung des Telekommunikationsrechts einen Entschließungsantrag zur Breitbandversorgung in den Deutschen Bundestag eingebracht (Bundestags-Drucksache 17/5902). Darin schlagen wir zur gesetzlichen Absicherung der Grundversorgung mit schnellem Internet eine Breitband-Universaldienstverpflichtung vor.

Nach neuen europäischen Rechtsvorgaben sind alle EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, einen funktionalen Internetzugang als Universaldienst umzusetzen. Eine konkrete Bandbreite ist dabei nicht zwingend vorgesehen. Diese kann aber von den einzelnen Ländern mit Blick auf nationale Gegebenheiten festgelegt und unter Einhaltung bestimmter Vorgaben umgesetzt werden. Diese Vorgaben müssten sich an den Bandbreiten orientieren, die von einer Mehrheit der Nutzer verwendet werden. Grundlage sind also nicht die theoretischen Verfügbarkeiten, sondern die tatsächlich abgeschlossenen Verträge. Die Ausgestaltung muss technologieneutral erfolgen. Zudem sind Wettbewerbsverzerrungen soweit wie möglich zu vermeiden. Europarechtlich unzulässig wäre es allerdings, den Universaldienst für weitergehende Infrastruktur-Ausbauziele zu nutzen, die unabhängig von den genannten Voraussetzungen formuliert werden.

Vor diesem Hintergrund hat die SPD-Bundestagsfraktion als bisher einzige Fraktion einen konkreten Umsetzungsplan erarbeitet, der europarechtskonform ist und Marktverzerrungen vermeidet. Folgendes Vorgehen schlagen wir vor: Zunächst soll ermittelt werden, welche Bandbreiten von der Mehrheit der Nutzer eines Internetzugangs zum Stichtag 31.12.2010 verwendet wurden. Auf dieser Grundlage soll dann eine feste Bandbreite als Universaldienst ab dem 1.1.2013 gesetzlich verankert werden, um einen Mindestversorgungsstandard in ganz Deutschland umzusetzen. Im Bedarfsfalle ist eine Finanzierung durch eine Unternehmensabgabe vorgesehen. Diese wäre auf die Unternehmen der Branche entsprechend ihren Marktanteilen umzulegen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen hierfür sind bereits im Telekommunikationsgesetz verankert.

Nach Schätzungen aus der Branche könnte sich die ermittelte Bandbreite der Nutzermehrheit um 3 MBit/s bewegen. Das ist eine Größenordnung, die durch den LTE-Ausbau weitgehend abgedeckt sein wird. Zudem gibt es inzwischen Angebote der Anbindung durch Satellit mit Bandbreiten von 10 MBit/s. Sie könnten die ganz entlegenen Gebiete versorgen, etwa den oft zitierten einsamen Bauernhof. Die verbleibende Abdeckungslücke ist also durchaus begrenzt. Von daher wird es keine Marktverzerrungen geben. Im besten (und von uns erhofften) Fall motiviert die konkrete Ankündigung eines Universaldienstes die Telekommunikationsunternehmen sogar, den Ausbau von sich aus vorzunehmen, ohne dass es behördlicher Maßnahmen zur Umsetzung der gesetzlichen Verpflichtung bedarf.

Ein Breitband-Universaldienst stellt aber in jedem Fall sicher, dass eine angemessene Breitband-Grundversorgung auch dann verwirklicht wird, falls und soweit wettbewerbliche Lösungen nicht greifen.

Dynamische Entwicklung ermöglichen – auch in ländlichen Räumen

Wenn das Problem der allgemeinen Grundversorgung erst einmal dauerhaft gelöst ist, kann man sich umso stärker auf das weitergehende Ziel einer dynamischen Entwicklung der Breitbandversorgung konzentrieren. Perspektivisch ist hierfür ein möglichst flächendeckender Ausbau der Glasfaserinfrastruktur wünschenswert, die sehr hohe Bandbreiten ermöglicht. Ausgehend von den Entwicklungen der vergangenen Jahre wird der Datenhunger auch in Zukunft weiter ansteigen. Zur deutschlandweiten Umsetzung der in Großstädten zum Teil schon angebotenen Bandbreiten von 50, 100 oder mehr Megabit pro Sekunde wäre das Instrument des Universaldienstes europarechtlich jedoch nicht zulässig und auch wettbewerbspolitisch problematisch. Denn letztlich fehlt es heute noch an massenhaft nachgefragten Diensten, die solche Bandbreiten erfordern. Die Möglichkeit, HD-TV in 3 D nicht nur über Satellit, sondern auch über das Netz empfangen zu können, wird man nur schwerlich als Bestandteil der Daseinsvorsorge bewerten können. Von daher ist eine differenzierte Betrachtung zu den Möglichkeiten und Grenzen einer Universaldienstverpflichtung durchaus angebracht.

Es wäre wünschenswert, wenn wir parteiübergreifend zu einem doppelten Konsens kommen könnten: nämlich zum einen die Breitband-Grundversorgung mit Hilfe des Universaldienstes gesetzlich abzusichern. Und zum anderen die Rahmenbedingungen für den Wettbewerb und zusätzliche Breitbandinvestitionen der Unternehmen zu optimieren. Dies ist wichtig, damit der Glasfaserausbau stetig vorangeht und ländliche Räume ebenfalls von einer dynamischen wirtschaftlichen Entwicklung profitieren können. Auch hierfür liegen übrigens unsere Vorschläge auf dem Tisch.