Bundestag beschließt Gesetzespaket zur Energiewende

Am 30. Juni 2011 hat der Deutsche Bundestag den Atomausstieg beschlossen und ein Gesetzespaket zur Energiewende verabschiedet.

Angesichts der Tatsache, dass die SPD seit mehr als 25 Jahren für das Ende der Atomkraft gearbeitet hat, haben wir dem Ausstiegsbeschluss zugestimmt. Mit der Vorlage des Energiepakets haben die Bundesregierung und die sie tragende Koalition eine Kehrtwende in der Energiepolitik vollzogen. Schwarz-Gelb kehrt mit geringfügigen Änderungen zurück zum rot-grünen Atomausstieg aus dem Jahr 2000. Wir beglückwünschen Union und FDP dazu, dass sie jetzt endlich auf dem energiepolitischen Stand von vor elf Jahren sind.

Die Bundesregierung muss sich an der damaligen Umsetzung des Ausstiegs messen lassen: Der von SPD und Grünen umgesetzte Atomausstieg war rechtssicher, verfassungsfest, frei von Entschädigungsleistungen und wurde nicht beklagt. Zudem folgte er dem überwiegenden Willen in der deutschen Bevölkerung.

Allein mit einem Ausstieg aus der Atomenergie ist die Energiewende noch lange nicht erreicht. Vielmehr wäre es jetzt notwendig, in vielen Bereichen den von SPD und Grünen eingeleiteten Umbau unseres Energiesystems hin zu einem sicheren, bezahlbaren und nachhaltigen Energiedienstleistungssystem fortzusetzen. Doch mit der Verabschiedung des Gesetzespakets haben die Regierungsfraktionen den entgegengesetzten und damit falschen Weg eingeschlagen. Der Novelle des Erneuerbare Energiengesetzes (EEG) haben wir deshalb nicht zugestimmt. Bei der Abstimmung zum Energiewirtschaftsgesetz haben wir uns enthalten.

Schwarz-Gelb hat bewusst darauf verzichtet, in einem breiten Konsens fraktionsübergreifend die Eckpunkte für den Schlüsselsektor Energie festzulegen. Ein politischer und gesellschaftlicher Energiekonsens wurde damit verhindert. Dabei wäre ein solcher Konsens ein wichtiger Schritt, die Akzeptanz bei den Menschen für wichtige Infrastrukturprojekte wie Stromnetze, Speicher oder Erneuerbare-Energien-Anlagen zu erhöhen. Hierdurch besteht die Gefahr, dass die mit dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz angestrebte Beschleunigung des Stromnetzausbaus verfehlt wird.

Positionen der SPD in einem Antrag zusammengefasst

In dem Antrag „Energiewende zukunftsfähig gestalten“ (Drucksache 17/6292) macht die SPD-Bundestagsfraktion deutlich, welche Bereiche die schwarz-gelbe Bundesregierung in ihren Gesetzesvorlagen nicht erfolgversprechend oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Der Antrag stellt auch dar, welche Maßnahmen eine SPD-geführte Bundesregierung ab 2013 ergreifen wird, um den unter Rot-Grün begonnenen Umbau unseres Energiesystems konsequent fortzusetzen. Darüber hinaus werden unsere Gesetzentwürfe und Anträge der vergangenen Monate debattiert. Damit haben wir die Bundesregierung immer wieder aufgefordert, den Ausstieg aus der Atomenergie unumkehrbar und so schnell wie möglich zu vollziehen. Wir haben früh klar gemacht, dass dabei die richtige Weichenstellung für eine moderne Energieversorgung durch erneuerbare Energien besonders wichtig ist.

Die Energiewende zukunftsfähig gestalten

Für die SPD-Bundestagsfraktion bedeutet der Beschluss nicht, dass ein endgültiger Ausstieg tatsächlich erst im Jahre 2022 erfolgen muss. Vielmehr werden wir in den nächsten Monaten und Jahren unter Berücksichtigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien, der Sicherheit und der Stromversorgung weiterhin an einem schnellstmöglichen Ausstieg aus der Atomkraft arbeiten.

Unsere Forderung eines strikten Monitoring der Energiewende haben wir auch in unserem Antrag festgehalten. Im Weiteren haben wir dort festgehalten, dass das aktualisierte kerntechnische Regelwerk unverzüglich in Kraft treten muss, um für maximale Sicherheit in den weiter laufenden Kraftwerken zu sorgen. Die Bundesregierung hat die Absicht erklärt, das noch in diesem Jahr zu tun. Außerdem fordern wir eine rasche gesetzliche Regelung der ergebnisoffenen Endlagersuche. Zu einer guten Energiewende gehört nicht nur, den falschen Weg der Atomenergie zu verlassen, sondern auch, den richtigen Weg der erneuerbaren Energien einzuschlagen. Die Novelle des Erneuerbare Energiengesetzes (EEG) der Bundesregierung wird dem nicht gerecht. Die Förderung erneuerbarer Energien wird schlechter und teurer, da die enthaltenen Mechanismen den Marktbedürfnissen nicht entsprechen. Insbesondere wird das Grünstromprivileg außer Kraft gesetzt. Beim Grünstromprivileg erhalten Erzeuger von erneuerbaren Energien durch Umlagezahlungen einen Anreiz zur Wirtschaftlichkeit. Wir fordern von der Regierung, dieses Prinzip beizubehalten.

Ausbau der erneuerbaren Energien stärker beschleunigen

Insgesamt geht der Regierungsvorschlag bei der EEG-Novelle nicht weit genug. Die Zielsetzung muss 45 Prozent statt 35 Prozent aus erneuerbaren Energien bis 2020 lauten. Darüber hinaus ergreift die Bundesregierung in der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes unzureichende Maßnahmen, um den stromintensiven Industrien auch in den nächsten Jahren eine sichere und bezahlbare Energieversorgung zu ermöglichen. Diese Branchen sind Grundlage für den Erhalt der gesamten Wertschöpfungskette in Deutschland. Sie sind Garant für viele Arbeitsplätze. Sie müssen international wettbewerbsfähig sein. Wir brauchen deshalb Lösungsmöglichkeiten wie eine angemessene Vergütung der durch stromintensive Industrien bereitgestellten und von den Netzbetreibern genutzten zu- und abschaltbaren Lasten und ein bezahlbares Angebot für Betriebe, die auf Grundlaststrom angewiesen sind, ermöglicht wird.

Bürger frühzeitig in Netzausbau einbeziehen

Beim Thema Netzausbau scheitert die Bundesregierung an ihrem Ziel eines beschleunigten Ausbaus. Wir fordern, dass in Abstimmung mit den Ländern eine frühzeitige und transparente Bürgerbeteiligung stattfindet. Die Diskussion um Stuttgart 21 zeigt: Transparenz und Beteiligung bei konkreten Leitungsbauprojekten steigert die Akzeptanz bei den Bürgern, verhindert Widerstand und führt deshalb letztlich zu besseren und schnelleren Ergebnissen. Nur bei Einbeziehung der Länder können grenzüberschreitenden Projekte effektiv koordiniert werden.

Förderung von Energieeffizienz und neuer Technologien ausreichend finanzieren

Die Bundesregierung will Veränderungen am Energie- und Klimafonds vornehmen. Die Förderung von Elektromobilität, energetischer Gebäudesanierung und die Förderung energieintensiver Unternehmen soll durch den Fonds bedient werden. Der Fonds wird dabei zur Alibimaßnahme der Regierung und wird durch seine Unterfinanzierung und falsche Ausgestaltung keines seiner Ziele erreichen. Wir fordern, die genannten Förderungen in angemessener Höhe zu finanzieren. In punkto energetische Sanierung von Wohngebäuden fordern wir eine Verstetigung der Förderung in Höhe von mindestens 2 Milliarden Euro, um eine Steigerung der Sanierungsquote zu erreichen. Es darf außerdem keine übermäßige Kostenbelastung der Mieter geben.