Zur  Anhörung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen sowie diesbezüglicher Anträge der Oppositionsfraktionen erklären Martin Dörmann sowie der netzpolitische Sprecher Lars Klingbeil:

Der Charakter des Internet als freies und offenes Medium muss bewahrt und gestärkt werden. Auf Grundlage der Netzneutralität hat sich das Internet als Innovationsmotor für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung erwiesen.

Durch den gleichberechtigten Datentransport bestehen optimale Teilhabebedingungen und geringe Marktzugangsbarrieren, weil neue Anwendungen kostengünstig im Netz eingestellt und von den Nutzern frei abgerufen werden können. Deshalb wollen wir das Prinzip der Netzneutralität gesetzlich absichern.

Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf ist unzureichend und sollte im laufenden Gesetzgebungsverfahren deutlich nachgebessert werden. Er stellt lediglich eine Übernahme der allgemeinen Vorgaben der EU dar. Im Gesetzestext selbst kommt das Wort Netzneutralität nicht einmal vor. Zu
Recht hat die von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission für Forschung und Technologie (EFI) in ihrem Jahresgutachten 2011 den Entwurf deutlich kritisiert. Kritisch hierzu äusserten sich auch mehrere Sachverständige in ihren Stellungnahmen zur Anhörung im Wirtschaftsausschuss.

Der Antrag der SPD-Bundestagsfraktion enthält hingegen eine Vielzahl konkreter Bestimmungen zur gesetzlichen Absicherung. Netzneutralität soll als eines der Regulierungsziele im Telekommunikationsgesetz verankert und dort definiert werden. Kern der Netzneutralität ist auch weiterhin der
Gleichbehandlungsgrundsatz, weshalb ein ausdrückliches  Diskriminierungsverbot für den Datentransport erforderlich ist.
Das „Any-to-any“-Prinzip soll festgeschrieben werden, wonach
jeder grundsaetzlich Zugang zu jedem Inhalt im Internet haben
und Inhalte selbst anbieten kann.

Netzwerkmanagement soll weiterhin möglich sein, um die Funktionsfähigkeit der Netze zu sichern oder dafür zu sorgen, dass zeitkritische Dienste auch in Überlastungssituationen in der erforderlichen Qualität bei den Endkunden ankommen.

Allerdings darf dies keinesfalls zur Verdrängung des heute bekannten „Best-Effort“-Internet führen, das vielmehr weiter ausgebaut werden muss.

Die Bundesnetzagentur soll beauftragt werden, die Einhaltung der  Netzneutralität und eine ausreichende „Best-Effort“-Qualität im Internet wirksam zu sichern. So soll sie auch angemessene
Mindestqualitätsstandards fuer die Durchleitung von Datenpaketen festlegen können und einen jährlichen Bericht zum Stand der Netzneutralität erstellen. Bei Verstößen gegen Netzneutralität sollen Kunden ergänzend ein Sonderkündigungsrecht erhalten.

Durch eine auf diese Weise gesetzlich verankerte Netzneutralität können Freiheit, Teilhabe und Innovationskraft im Netz miteinander verbunden und abgesichert werden.