presse.gifZu den Forderungen von Unionspolitikern nach einem „Mediengipfel“ zur geplanten „Tagesschau“-Applikation für Smartphones

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Anlaesslich von Forderungen von Unionspolitikern nach einem
„Mediengipfel“ zur geplanten „Tagesschau“-Applikation fuer
Smartphones erklaeren der Sprecher der Arbeitsgruppe Kultur und
Medien Siegmund Ehrmann und der medienpolitische Sprecher der
SPD-Bundestagsfraktion Martin Doermann:

Die Kritik von Unionspolitikern an dem Vorhaben der ARD, eine
Tagesschau-Applikation fuer Smartphones anbieten zu wollen, ist
vordergruendig und ueberzogen. Unstreitig ist doch, dass auch
die Angebote der privaten Anbieter ihre Marktchancen finden
muessen. In einer sich stark veraendernden Medienlandschaft sind
auch private Medienanbieter darauf angewiesen, neue
Uebertragungswege kommerziell nutzen zu koennen. Die
medienpolitische Herausforderung ist es, sowohl die
Entwicklungsfaehigkeit des oeffentlich-rechtlichen Rundfunks als
auch die von Privaten zu ermoeglichen. Beide muessen mit ihren
Angeboten dem geaenderten Mediennutzungsverhalten gerade der
juengeren Menschen Rechnung tragen. Eine
Schwarz-Weiss-Diskussion hilft nicht weiter und wird den
komplexen Fragestellungen nicht gerecht. Die duale
Rundfunkordnung gilt es in beiden Aspekten zu beruecksichtigen.
Bei Interessenskonflikten muessen fuer alle Beteiligten
objektive Kriterien gelten, die sich an den bisherigen
Grundsaetzen und Regelungen orientieren.

Das Vorhaben der ARD ist sowohl vom EU-Beihilfekompromiss als
auch von der erst im vergangenen Jahr ueberarbeiteten
Rundfunkmitteilung der EU-Kommission zur Anwendung der
Vorschriften ueber staatliche Beihilfen auf den
oeffentlich-rechtlichen Rundfunk gedeckt. Grundsaetzlich gilt es
demnach sicherzustellen, dass die oeffentlich-rechtliche
Finanzierung wesentlicher neuer audiovisueller Dienste – und
dies gilt natuerlich erst recht fuer die blosse Nutzung neuer
Uebertragungswege – den Wettbewerb zwischen
oeffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern nicht
unverhaeltnismaessig verzerrt. Im Rahmen dieser Pruefung der
Auswirkungen auf den Markt sind beispielsweise das Vorhandensein
aehnlicher oder substituierbarer Angebote, der publizistische
Wettbewerb, die Marktstruktur, die Marktstellung der
oeffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, der Grad des
Wettbewerbs und die potenziellen Auswirkungen auf private
Initiativen zu untersuchen. Dabei gehen aber sowohl der
EU-Beihilfekompromiss als auch die Rundfunkmitteilung
selbstverstaendlich davon aus, dass auch dann, wenn
konkurrierende oder substituierende Angebote bestehen, der
publizistische Mehrwehrt des oeffentlich-rechtlichen Angebots
ueberwiegen kann. Dies gerade bei einem Angebot wie der
Tagesschau, die zum absoluten Kernbereich der Grundversorgung
zaehlt, in Frage stellen zu wollen, zeigt die eigentliche
Zielrichtung des Vorstosses von Union und FDP: Es geht nicht nur
um die Nutzung eines neuen Uebertragungsweges. Vielmehr geht es
aus Sicht von Union und FDP offenbar auch darum, den
Grundversorgungsauftrag des oeffentlich-rechtlichen Rundfunks
grundsaetzlich zu beschraenken.

Das was Herr Koch und andere Gremienmitglieder der Union
kuerzlich beim ZDF veranstaltet haben, war offensichtlich nur
der Auftakt beim Anlegen der Axt an die Grundlagen des
oeffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Forderung seitens der
Unionsfraktion nach einem „Mediengipfel“ der Bundeslaender und
der sofortigen Aufnahme von „Expertenberatungen“ im Zusammenhang
mit den ARD-Plaenen ignoriert zudem vollstaendig, dass es nach
jahrelangen Auseinandersetzungen eine Verstaendigung mit allen
Beteiligten gegeben hat. Mit der Umsetzung des 12.
Rundfunkaenderungsstaatsvertrages ist dieser Kompromiss bereits
geltendes Recht.

Auch der Beauftragte der Bundesregierung fuer Kultur und Medien
wird seiner medienpolitischen Verantwortung nicht gerecht, wenn
er sich nun einseitig und vehement gegen die ARD-Plaene wendet.
Noch im Medien- und Kommunikationsbericht der Bundesregierung
hat er auf die besondere Bedeutung des oeffentlich-rechtlichen
Rundfunks hingewiesen und betont, dass die Bundesregierung sich
fuer einen starken, qualitativ anspruchsvollen und vielfaeltigen
oeffentlich-rechtlichen Rundfunk einsetzt, der seinem Auftrag
gemaess tatsaechlich alle Schichten der Gesellschaft und alle
Altersgruppen erreicht. Dazu gehoeren entsprechende
Entwicklungsmoeglichkeiten auch in der digitalen Welt, wie es
das Bundesverfassungsgericht in seinem juengsten Rundfunkurteil
bestaetigt hat. Woertlich heisst es im Medien- und
Kommunikationsbericht: „Eine Weiterentwicklung des
oeffentlich-rechtlichen Rundfunks darf allerdings nicht zu
Lasten eines ausgewogenen Verhaeltnisses von privaten und
oeffentlich-rechtlichen Veranstaltern im dualen System gehen.
Einen entscheidenden Beitrag zur Wahrung dieses Gleichgewichts
soll der 12. Rundfunkaenderungsstaatsvertrag der Laender
leisten, der die Zusagen gegenueber der Europaeischen Kommission
zur Einstellung des Beihilfepruefverfahrens zur Finanzierung des
oeffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland umsetzen wird.“
Dem ist eigentlich nichts weiter hinzuzufuegen, Herr Neumann!