presse.gifSPD-Bundestagsfraktion will Schwebezustand in Sachen Internetsperren bei kinderpornogra-fischen Inhalten auflösen

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Zum rechtlichen Schwebezustand in Sachen Internetsperren bei
kinderpornografischen Inhalten erklaeren der stellvertretende
Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Olaf Scholz sowie der
medienpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Martin
Doermann:

Der Schwebezustand um das Zugangserschwerungsgesetz und die
BKA-Vertraege fuer Internetsperren muss ein Ende haben. Die
SPD-Bundestagsfraktion wird einen Antrag zur Aufhebung des
Gesetzes sowie der Vertraege einbringen.

Seit den populistischen Stoppschildvorschlaegen von Frau von der
Leyen, den unserer Ansicht nach rechtswidrigen Sperrvertraegen
zwischen BKA und Providern und dem schwierigen
Gesetzgebungsverfahren begleitet uns eine intensive Diskussion
ueber Risiken und Nutzen von Internetsperren. Letztlich
unbestritten ist inzwischen, dass Internetsperren wenig
effektiv, ungenau und mit geringem Aufwand zu umgehen sind. Sie
sind deshalb nicht geeignet, Kinderpornografie im Internet
wirksam zu bekaempfen. Zugleich schaffen sie eine Infrastruktur,
die von vielen – zu Recht – mit Sorge gesehen wird.

Es ist richtig, auf das effektivere Instrument des Loeschens zu
setzen, statt auf den symbolischen Stoppschildern zu bestehen.
Die SPD-Bundestagsfraktion hatte bei der Verabschiedung des
Zugangserschwerungsgesetztes gegen den Widerstand der Union
dafuer gesorgt, den zwingenden Vorrang des Loeschens in das
Gesetz aufzunehmen – zu weitergehenden Festlegungen war die
Union seinerzeit nicht bereit und hat vielmehr auf der Sperrung
und der Umleitung auf einen Stopp-Server bestanden.

Offen ist immer noch, wie mit den bereits abgeschlossenen
Vertraegen zwischen dem BKA und dem Grossteil der deutschen
Internet-Provider zur Errichtung und Nutzung einer
Sperrinfrastruktur umgegangen werden soll. Die
SPD-Bundestagsfraktion hat von Anfang an die Position vertreten,
dass diese Vertraege, die auf eine Initiative der damaligen
Familienministerin von der Leyen zurueckgehen, rechtsstaatlichen
Anforderungen nicht genuegen. Nur vor diesem Hintergrund hatten
wir seinerzeit eine gesetzliche Regelung unterstuetzt, um
umfangreiche Schutzbestimmungen zu Gunsten der Internetuser
abzusichern, die in den Vertraegen gerade nicht enthalten sind.
Zur Zeit ist hier ein Klageverfahren beim Verwaltungsgericht
Wiesbaden anhaengig, das derzeit ruht aber eben noch nicht
endgueltig abgeschlossen ist.

Die schwarz-gelbe Koalition hat sich im Koalitionsvertrag darauf
verstaendigt, das Zugangserschwerungsgesetz fuer ein Jahr
auszusetzen und nicht zu sperren. Ein Gesetz kann aber nicht
einfach auf Zuruf ignoriert werden. Wenn ein Gesetz gilt,
muessen sich alle daran halten. Das ist Grundlage unseres
Rechtsstaates. Die Bundesregierung erklaert hierzu, sie wisse
noch nicht, wie sie mit dem Gesetz umgehen werde. Das ist ein
rechtsstaatlich unhaltbarer Zustand, abenteuerlich und nicht zu
akzeptieren.

Aus diesen Gruenden wird die SPD-Bundestagsfraktion die
Initiative zur Aufhebung des Gesetzes und der BKA-Vertraege
ergreifen. Was wir darueber hinaus organisieren muessen, ist
eine effektivere internationale Zusammenarbeit. Es muss
selbstverstaendlich sein, kriminelle Internetangebote, wie dies
bei der Wirtschaftskriminalitaet bereits heute moeglich ist,
binnen Stunden oder weniger Tage zu loeschen und strafrechtlich
zu verfolgen. Das gilt umso mehr, als die Taeter Staaten mit
ausgebauter Internetinfrastruktur bevorzugen. Dazu zaehlen
insbesondere die USA und europaeische Laender, mit denen Justiz
und Polizei eng zusammenarbeiten. Zur effizienten Bekaempfung
kinderpornografischer Inhalte sind nicht Internetsperren
notwendig, sondern vielmehr die bessere technische und
personelle Ausstattung der Polizeibehoerden, die Einrichtung von
Schwerpunktstaatsanwaltschaften sowie die Verbesserung der
Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehoerden auf nationaler und
insbesondere auf internationaler Ebene.

Notwendig ist es darueber hinaus, dass die
Bundesfamilienministerin endlich eine Gesamtstrategie zum Schutz
von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung
entwickelt und einen neuen „Aktionsplan II“ auf den Weg zu
bringt. Dies ist bislang allerdings noch nicht geschehen. Die
SPD-Bundestagsfraktion hat hierzu bereits in der vergangenen
Wahlperiode umfangreiche konkrete Vorschlaege unterbreitet, die
die Bundesregierung endlich aufgreifen sollte.