Bundestagsrede vom 2. Juli zu einem Antrag der FDP-Fraktion

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Sehr geehrte/r Frau/Herr Präsident/in,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Luftfahrtindustrie in Deutschland ist Motor für technologischen Fortschritt und wirtschaftliche Entwicklung. Sie vereinigt viele Hochtechnologien miteinander, die in unserem Kommunikationszeitalter von zentraler Bedeutung sind. Hier denke ich insbesondere an die Bereiche Elektronik, die Steuer-, Regel- und Werkstofftechnik. Hinzu kommen die positiven Auswirkungen auf andere Bereiche wie die Automobil- und Ausrüstungsindustrie, die Feinmechanik oder die Optik.

Die Luftfahrt überwindet im wahrsten Sinne des Wortes Grenzen: Sie verbindet nicht nur Erdteile miteinander, sondern bringt Menschen zueinander und transportiert sie über den Globus.

Die Luftfahrtindustrie hat in der Vergangenheit viele und vor allem hochqualifizierte Arbeitsplätze geschaffen. Über 90 000 Menschen sind direkt in der Luft- und Raumfahrtindustrie beschäftigt, während der Umsatz von 14,8 Milliarden Euro im Jahr 2000 auf 22,7 Milliarden Euro im vergangenen Jahr gestiegen ist. Dabei gehen ungefähr 65 Prozent des Umsatzes und der Beschäftigten auf die zivile Luftfahrt zurück. Weit mehr als 250 000 Menschen arbeiten zudem im Luftverkehrsbereich.

Diese Zahlen können sich sehen lassen. Sie sind auch ein Beleg dafür, dass Deutschland eine technologische Spitzenposition bei der Luftfahrt innehat, die es zu festigen und auszubauen gilt.

Wir können nicht mit Billiglöhnen in Asien oder Osteuropa konkurrieren. Deutschland braucht die technologisch besten und anspruchvollsten Produkte, damit wir unsere führende Stellung als Exportnation bewahren können. Darüber hinaus sind gut ausgebildete Facharbeiter gefragt, die die anspruchsvollen Tätigkeiten ausführen können. Um den Fachkräftemangel zu beheben, sind weitere Anstrengungen erforderlich. Die Industrie setzt hierbei auf die Nahwuchsförderung und stellt damit die richtigen Weichen.

Natürlich macht die aktuelle Finanzkrise auch dieser Branche zu schaffen. Gerade in Zeiten wie diesen kommt es umso mehr darauf an, dass unser Land gestärkt daraus hervorgeht. Hier sind Investitionen in Spitzentechnologien und Forschungsprojekte besonders gefragt.

Mit dem Luftfahrtforschungsprogramm der Bundesregierung sind wir gut vorbereitet. Als eines von 17 Leuchtturmprojekten der High-Tech-Strategie sollen Unternehmen auch in Zukunft technologisch anspruchsvolle Arbeitsanteile mit hoher Wertschöpfung akquirieren können und hierzulande weitere Arbeitsplätze schaffen.

Das Budget für das Luftfahrtforschungsprogramm ist den vergangenen Jahren deutlich erhöht worden. Für den Zeitraum 2007 bis 2012 stellt die Bundesregierung Fördermittel in Höhe von insgesamt 634 Millionen Euro zur Verfügung. Dies verbessert die Rahmenbedingungen der zivilen Luftfahrt und trägt zur Stärkung des deutschen Standorts in einem verschärften internationalen Wettbewerb bei.

Zu den Förderbereichen gehören neben Technologieprojekten für fortgeschrittene Fertigungs- und Montagekonzepte auch effiziente Antriebs- und innovative Energieversorgungssysteme. Ziel muss es sein, sowohl Fertigungskosten als auch das Gewicht abzusenken und zugleich die Sicherheit an Bord zu erhöhen.

Eng verbunden mit den Erfolgen der Luftfahrtindustrie in Deutschland ist der Flugzeughersteller Airbus. Die Turbulenzen, in die das Unternehmen durch die Lieferverzögerung beim Airbus 380 und den schwachen Dollarkurs geraten war, sind weitgehend überwunden. Das Sanierungsprogramm „Power 8“ trägt. Die Politik unterstützt diesen Prozess. Sie sollte sich aber nicht in einzelne unternehmerische Entscheidungen einmischen. Airbus wird auf Dauer umso erfolgreicher sein, je mehr sich die Politik aus dem Unternehmen heraushalten kann.

Es bleibt dabei, dass Deutschland und Frankreich hier an einem Strang ziehen müssen. Uns muss das Ziel einen, die Erfolgsgeschichte Airbus gemeinsam fortzuschreiben, und zwar im Interesse der Beschäftigten und im Interesse der europäischen Luftfahrtindustrie als einer wichtigen Zukunftsbranche. Eine schrittweise Einschränkung der Beteiligung beider Länder an Airbus, wie von der FDP gefordert, ist keine Frage, die unmittelbar ansteht.

Jedenfalls muss es bei einer vernünftigen Balance bleiben, die sich in gleichen Aktienanteilen und einer effizienten Standortpolitik widerspiegelt. Deutschland darf kein Außenlager werden und muss bei Entwicklung und Produktion Kernkompetenzen behalten und ebenbürtig zu Frankreich bleiben.

Unsere beiden Länder wissen um die Bedeutung der Luft- und Raumfahrtindustrie als Innovationsmotor und Wachstumsmarkt. Dies war und bleibt der entscheidende Grund für das staatliche Engagement.

Insgesamt greift der FDP-Antrag, den wir heute debattieren, zu kurz. Vieles von dem, was er aufgreift, ist zudem bereits auf den Weg gebracht. Die Einbeziehung des Luftverkehrs in den Emissionshandel im Jahre 2012 ist bereits beschlossen. Das Bundeswirtschaftsministerium setzt sich dafür ein, die künftigen Zertifikatserlöse für die Forschung in diesem Bereich einzusetzen.

Die offiziellen Forderungen nach einer Reduzierung der CO2-Emmission bis 2020 um 50 Prozent, der Stickstoffoxid-Emmissionen um 80 Prozent und des Lärms um 50 Prozent sind keine Erfindung des DLR, sondern offizielle Zielsetzungen von ACARE („Advisory Council for Aeronautics Research in Europe“) und finden sich auch im Clean Sky-Programm der EU-Kommission wieder. Letzteres ist als erstes Projekt seiner Art eine EU-weite öffentlich-private Partnerschaft, an der kleinere und mittlere Unternehmen, Universitäten und Forschungszentren sowie führende Unternehmen der Luftfahrtindustrie beteiligt werden. Hiermit wird einer neuen Generation umweltfreundlicherer, leiserer und effizienterer Flugzeuge der Boden bereitet.

Alles in allem befindet sich die deutsche Luftfahrtindustrie auf einem guten Weg. Da wir in der Vergangenheit unsere Hausaufgaben gemacht haben, wird dieser Sektor die aktuelle Krise gut meistern und zur Stärkung der Wirtschaftskraft beitragen.

Die SPD-Bundestagsfraktion wird auch in Zukunft ihren Beitrag dazu leisten, den Stellenwert der Luftfahrt weiter zu sichern und auszubauen.