Rede auf der Wahlkreiskonferenz der KölnSPD zur Nominierung der Kölner Bundestagskandidaten am 12. Dezember 2008.

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Liebe Genossinnen und Genossen!
Das Jahr 2009 wird für uns Sozialdemokraten ein Jahr der Herausforderungen. Aber auch der Chancen!
Am 23. Mai hoffen wir auf einen Ãœberraschungssieg von Gesine Schwan.
Sie hat das Zeug zu einer herausragenden Bundespräsidentin. Denn sie kann eine Brücke schlagen zwischen den Bürgerinnen und Bürgern auf der einen und den Parteien auf der anderen Seite. Ohne die politisch engagierten Menschen in den Parteien gäbe es keine lebendige Demokratie. Deshalb brauchen wir ein Staatsoberhaupt, das gerade in schwierigen Zeiten um neues Vertrauen für die Politik wirbt.
Am 7. Juni wollen wir, dass unser Spitzenkandidat  Martin Schulz die Sozialdemokraten und Sozialisten zur stärksten Fraktion in Europa führt.
Lasst uns die liberal-konservative Mehrheit im Europaparlament und in der EU-Kommission brechen. Nur so können wir ein soziales Europa schaffen, das nicht in erster Linie den Gesetzen des Binnenmarktes folgt.
Am selben Tag werden wir hier in Köln dafür sorgen, dass die 9-jährige Zwischenperiode von Fritz Schramma endet. Früher, so geht die Sage, haben die Heinzeilmännchen geschafft und getan, damit diese Stadt blüht und gedeiht. Doch märchenhafte Träume alleine reichen nicht. In der Wirklichkeit braucht Köln einen Oberbürgermeister, der das Amt mit Kompetenz, Tatkraft und Visionen ausfüllt. Lieber Jürgen Roters: deshalb wollen wir, dass Du unser Oberbürgermeister wirst!
Gemeinsam mit Dir wollen wir Köln sozial gestalten und wirtschaftlich stark machen.
Schließlich geht es bei der Bundestagswahl am 27. September um die Zukunft unseres Landes. Laßt uns dafür kämpfen, dass Deutschland in stürmischen Zeiten wieder einen starken Kanzler bekommt:
Frank-Walter Steinmeier !
Heute steht an der Spitze der Bundesregierung eine Kanzlerin ohne Eigenschaften und ohne klare Haltung. Immer für alle Optionen offen. Manche von Euch werden sich erinnern: Früher gab es im Fernsehen ein heiteres Beruferaten, bei dem die Kandidaten eine typische Handbewegung machen mussten. Was würde man wohl von Angela Merkel sehen? Sie müsste ihren Zeigefinger in die Luft heben. Nach dem Motto: Ich schau’ mal, woher der Wind weht, dann kann ich mein Fähnchen danach richten. Die Sendung hieß übrigens: „Was bin ich?“ Die Frage ist berechtigt. Auf Merkel bezogen könnte man auch einen aktuellen Bestsellertitel zitieren: „Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“
Wir haben nicht vergessen, dass Ihr wichtigster Mann beim letzten Bundestagswahlkampf Professor Kirchhoff hieß. Und die marktliberalen Beschlüsse des Leipziger CDU-Parteitages hat doch wohl sie selbst herbeigeführt. Davon spricht sie heute nicht mehr gerne. Weil heute für jeden offensichtlich geworden ist, wie wichtig die Rolle des Staates ist. Die Marktkräfte dürfen nicht sich selbst überlassen werden. Aber wer weiß, wie sie reagiert, wenn der Zeitgeist mal wieder in eine andere Richtung kippt und eine Koalition mit der FDP möglich würde?
Beim jüngsten CDU-Parteitag hat Friedrich Merz den meisten Applaus erhalten. Und der will mehr Kapitalismus wagen.
Liebe Genossinnen und Genossen!
Diese Beispiele zeigen, dass die deutsche Sozialdemokratie nicht nur das bessere Programm sondern auch die besseren Köpfe hat. Wir brauchen uns mit unserem Spitzenpersonal weiß Gott nicht vor anderen verstecken.
Es war doch Peer Steinbrück, der wie die SPD seit vielen Jahren vor einem ungeregelten Finanzmarktsystem warnte und in der Krise schnell gehandelt hat.
Wo war eigentlich unser sogenannter Wirtschaftsminister? Wo ist bis heute Michel Glos? In der größten Krise hält der bayerische Bär gemütlich Winterschlaf. Gegen ihn wirkt selbst eine Schnecke noch wie Speedy Gonzales, die schnellste Maus von Mexiko.Liebe Genossinnen und Genossen,
wir müssen verhindern, dass am 27. September eine schwarz-gelbe Koalition das Rad der Geschichte wieder zurückdrehen kann!
Nur mit der SPD wird Deutschland dauerhaft einen solidarischen, sozialen und zukunftsorientierten Weg nehmen.
Die Menschen brauchen beides: soziale Sicherheit und wirtschaftliche Sicherheit.
Nur die SPD steht für einen glaubwürdigen Dreiklang aus
-    wirtschaftlicher Vernunft,
-    ökologischer Nachhaltigkeit und
-    sozialer Gerechtigkeit.
Wir treten ein für eine Gesellschaft, in der die Starken den Schwachen helfen und in der wir den Schwachen helfen, stark zu werden.
Wir Sozialdemokraten haben dafür gesorgt, dass die Unionspläne, den Kündigungsschutz zu schleifen und die Mitbestimmung auszuhebeln, nicht umgesetzt werden konnten.
Wir Sozialdemokraten haben ermöglicht, dass bald über 3 Millionen Beschäftigte in verschiedenen Branchen einen Mindestlohn erhalten.
Wir Sozialdemokraten haben dafür gesorgt, dass die Erwerbsquote bei den über 55jährigen von 36 auf 52 Prozent gestiegen ist.
Wir Sozialdemokraten haben dafür gesorgt, dass heute eine Familie mit 2 Kindern inklusive Kindergeld 37.500 Euro im Jahr steuerfrei hat.
Wir Sozialdemokraten haben dafür gesorgt, dass es mehr Geld für Demenzkranke und für Pflegebedürftige gibt.
Wir Sozialdemokraten haben Bildungs- und Familienpolitik einen neuen Stellenwert gegeben, Ganztagsschulen und Kinderbetreuung ausgebaut.
Wir Sozialdemokraten haben mit unseren Reformen und mit zusätzlichen Investitionen wesentliche Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Zahl der Arbeitslosen im Oktober erstmals seit der Wiedervereinigung unter die 3-Millionen-Grenze gesunken ist.
Man stelle sich vor, Deutschland würde heute mit 5 Millionen Arbeitslosen in die Rezession gehen.
Wir Sozialdemokraten haben für die Energiewende gesorgt und Deutschland zum Champion bei den Erneuerbaren Energien gemacht.
Und wir stehen dafür, dass es beim Ausstieg aus der Atomenergie bleibt.

Liebe Genossinnen und Genossen,
ja, auf der Strecke sind auch Fehler gemacht worden – und manche Baustelle ist noch unvollendet.
Aber lasst uns die unbestreitbaren Erfolge selbstbewusst vertreten.
Wir sind das Original, die anderen allenfalls eine schlechtere Kopie.

Es ist viel erreicht worden Aber es bleibt auch noch viel zu tun.
Wir haben große Herausforderungen zu meistern:
Wir müssen den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft stärken.
Wir müssen dazu beitragen, die Schere zwischen Arm und Reich wieder ein Stück weit zu schließen, um das Vertrauen in die Soziale Marktwirtschaft wieder herzustellen.
Wir brauchen gerechte Steuern für diejenigen, die so gut verdienen, dass sie das meiste Geld auf dem Kapitalmarkt anlegen können.
Wir müssen flächendeckende Mindestlöhne durchsetzen und gleichzeitig die steuerliche Absetzbarkeit von Managergehältern begrenzen.
Wir wollen eine Bürgerversicherung, in die alle solidarisch einbezahlen.
Wir müssen in der Bildungspolitik einen großen Sprung machen – für echte Chancengleichheit und bessere Integration. Nichts bestimmt so sehr die soziale und berufliche Perspektive wie eine gute oder eine schlechte Bildung. Deshalb brauchen wir eine große, gemeinsame Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen.
Für unser politisches Handeln gilt der sozialdemokratische  Dreisatz:
Gute Bildung – Gute Arbeit – Gute Wirtschaft.
Und schließlich müssen wir mitwirken an einer neuen Weltwirtschaftsordnung, in der Nachhaltigkeit und solidarische Elemente mehr zählen als die kurzfristige Rendite.

Liebe Genossinnen und Genossen,
die Themen Wirtschaft und Arbeitsmarkt werden das Wahljahr prägen.
Deutschland als Exportnation Nr. 1 kann sich der weltweiten Rezession nicht entziehen. Auch wenn wir heute besser gerüstet sind als andere.
Jetzt kommt es darauf an, mit den richtigen Rezepten Vertrauen zu fördern und Investitionsimpulse zu setzen.
Auch wenn wir wissen, dass staatliche Maßnahmen den Abschwung nur abmildern, aber nicht vollständig verhindern können.
Wir haben in Berlin ein erstes Konjunkturpaket aufgelegt, das wir uns nicht klein reden lassen sollten. Darin sind bereits viele richtige und impulsgebende Maßnahmen enthalten.
Etwa die 15 Milliarden zusätzliche Kreditmittel für die KfW, mit dem beispielsweise Programme gefördert werden, die vor allem auch kleinen und mittleren Unternehmen zu Gute kommen. Hierdurch wird ein Vielfaches an tatsächlichen Investitionen unterstützt. Wirken werden insbesondere auch die  verbesserten Abschreibemöglichkeiten für Betriebe. Oder die zusätzlichen Investitionen in die Infrastruktur.
Wichtig ist aber auch die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes von 12 auf 18 Monate. Das wird schnelle Entlassungen verhindern helfen und hoffentlich eine Brücke bis zum Ende der Krise bauen.
Ganz aktuell wird beispielsweise am Montag ein besonderes Kölner Pilotprojekt vorgestellt, und zwar gemeinsam von IG Metall, Arbeitsagentur und der Zeitarbeitsfirma Adecco. Zum ersten Mal sollen auch Zeitarbeiter ein angemessenes Kurzarbeitergeld erhalten. Ich habe gestern noch mit Wittich Rossmann von der IG Metall gesprochen und werde mich in Berlin für die nachhaltige Unterstützung dieses Projekts einsetzen.
Gerade jetzt brauchen wir einen Schulterschluss zwischen SPD und Gewerkschaften.
Für Sozialdemokraten geht es bei allen Maßnahmen letztlich darum, vor allem einen Schutzschirm für Arbeitsplätze zu errichten.
Die bisher beschlossenen Maßnahmen werden dabei helfen. Angesichts der Ausmaße der Rezession müssen wir sie meiner Ansicht nach ergänzen durch ein zweites Konjunkturprogramm.
Dabei kommt es aber nicht auf Schnellschüsse an, sondern auf ein sinnvolles, in sich geschlossenes Konzept, das die bisherige Linie unterstützt.
Welche Grundsätze gelten hierfür?
1. Wir müssen dem knappen Geld möglichst effizient umgehen.
2. Auf die Wirkung der Maßnahmen kommt es an. Maßnahmen die weder strukturell richtig sind noch nachhaltig positive Effekte haben, sind kontraproduktiv.
Und 3. Eine höhere Staatsverschuldung muss auch unter dem Aspekt der Generationengerechtigkeit noch vertretbar sein.
Das ist vor allem bei zusätzlichen Investitionen in Bildung, in kommunale Infrastruktur, in Klimaschutz und Energieeinsparung der Fall. Wir haben beispielsweise in den Kommunen einen riesigen Investitionsstau von etwa 70 Milliarden Euro, von Schulgebäuden bis zur Straßensanierung. Leider verbietet die Kompetenzordnung des Grundgesetzes direkte Hilfen des Bundes an die Städte und Gemeinden. Die SPD will deshalb in einer Konferenz mit den Ländern und Kommunen klären, wie wir hier schnell zu umsetzbaren Lösungen für einen kommunalen Investitionspakt kommen.

Skeptisch bin ich hingegen bei Maßnahmen, die nur einen Strohfeuereffekt haben und viel Geld ohne große Wirkung verbrennen. Wir brauchen nämlich auch in Zukunft noch einen handlungsfähigen Staat.
Deshalb scheidet für mich eine Steuersatzsenkung aus. Gemessen an den Kosten für den Staatshaushalt bringen sie viel zu wenig für die Konjunktur. Auch dank der rot-grünen Reformen zahlen fast die Hälfte der Haushalte, nämlich 24 Millionen Haushalte, keine Steuern mehr. Geringverdiener würden also gar nicht erreicht. Reiche, die es nicht brauchen, würden hingegen besonders profitieren. Zudem haben wir in Deutschland eine hohe Sparquote, so dass am Ende nur ein Bruchteil in den Kauf zusätzlicher Produkte fließen würde.
Auch eine Mehrwertsteuersenkung dürfte nur wenig Auswirkungen auf den Konsum haben.
Zum einen, weil die Preisunterschiede zu gering sind, um zusätzliche Kaufanreize überhaupt zu erzeugen.
Zum anderen deshalb, weil vermutlich viele Unternehmen die Preissenkung gar nicht an die Verbraucher weitergeben würden.
Noch am ehesten könnten Konsumgutscheine eine schnelle Wirkung entfalten. Aber sie haben auch gewichtige Nachteile:
1. Sie wirken nur kurzfristig und nicht strukturell.
2. Sie hinterlassen riesige Schulden – ein 500 Euro-Scheck für jeden der 80 Millionen Bundesbürger summiert sich nämlich auf schlappe 40 Milliarden Euro. Das ist höher als der Verteidigungsetat und etwa so viel, wie wir jedes Jahr für die Bundesschuld ausgeben.
Und 3. schaffen sie wohl kaum größeres Vertrauen. Laut heutigem Politbarometer halten 81 Prozent der Bundesbürger Konsumgutscheine für falsch.
Wenn die Maßnahme dann am Ende noch nicht einmal wirkt, könnte dies also sogar zu einem zusätzlichen Vertrauensverlust in die Kompetenz der Politik führen. Das wäre aber das letzte, was wir in der jetzigen Situation brauchen können.
Auf der Nachfrageseite sollten wir uns stattdessen auf solche Maßnahmen konzentrieren, die gleichzeitig zu mehr Gerechtigkeit führen. Etwa durch eine Abmilderung der sogenannten „Kalten Progression“. Oder durch eine Erhöhung der Sätze für Kinder von Hartz IV-Empfängern.
Insgesamt brauchen wir also ein ergänzendes Maßnahmenpaket, das
-    strukturell angelegt ist,
-    nachhaltig wirkt,
-    zusätzliches Vertauen schafft und
-    gerecht ist.
Dafür müssen wir Sozialdemokraten in der Bundesregierung sorgen.

Liebe Genossinnen und Genossen,
Lale, Rolf, Karl und ich stehen heute als Euer „Kölner Team in Berlin“ zur Nominierung an.
Gemeinsam und mit Eurer Hilfe wollen wir wieder alle vier Wahlkreise direkt gewinnen und in Berlin die erfolgreiche Politik für Köln fortsetzen.
Dafür bitte ich um Eure Unterstützung und um Euer Vertrauen.
Zum Schluss möchte ich einen herzlichen Dank aussprechen.
Für die Solidarität und die große Unterstützung, gerade auch in diesem Jahr. Der große Zuspruch der Mitglieder in den Monaten meiner Erkrankung hat mir sehr geholfen und mich bewegt.
Ganz persönlich möchte ich meiner Frau Ulli, meiner Familie und meinem Mitarbeiterteam danken: Elke, Renate, Tim und Ralf in Köln. Und Sabine, Stefan und Marc in Berlin. Ich bin froh, Euch immer an meiner Seite zu haben!
Liebe Genossinnen und Genossen,
blicken wir selbstbewusst und mit Zuversicht in die Zukunft.
Lasst und gemeinsam dafür kämpfen, dass 2009 ein
Jahr der Sozialdemokratie wird.
In Köln, in Brüssel und in Berlin.
Vielen Dank.