Der gesamte Antrag zum Download so wie Auszüge aus dem Antrag der SPD-Bundestagsfraktion:

 

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

 

Die exzessive Nutzung elektronischer Medien kann mit problematischen gesundheitlichen und sozialen Konsequenzen verbunden sein. Wenn, was in jüngster Zeit zunehmend beobachtet werden kann, die Mediennutzung so exzessiv betrieben wird, dass sie letztlich nicht mehr selbstbestimmt ist, sind die Auswirkungen und Begleiterscheinungen vergleichbar mit den Symptomen anderer Suchterkrankungen. Das Ursache- und Wirkungsgefüge ist jedoch noch weitgehend unerforscht. Dabei werden die Begriffe Mediensucht, Computerspiel- und Internet- bzw. Onlinesucht sowie pathologischer Internetgebrauch in der öffentlichen Debatte mit großer Selbstverständlichkeit benutzt, obwohl die wissenschaftliche Erforschung des Phänomens noch in den Anfängen steckt. Es fehlen einheitliche diagnostische Kriterien, die helfen würden, die unterschiedlichen Untersuchungen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Nach den bisherigen Ergebnissen kann davon ausgegangen werden, dass die große Mehrheit der Nutzer von Computer- und Videospielen einen unbedenklichen Umgang mit dem Medium entwickelt. Gleichzeitig darf nicht übersehen werden, dass eine kleine Teilgruppe – in bereits vorliegenden Studien werden ca. 3 bis 7 Prozent der Nutzer als gefährdet angesehen – beim Umgang mit Computer oder Konsole deutliche Kennzeichen von süchtigem Verhalten aufweist. Es spricht viel dafür, dass das Internet insoweit ein besonderes Gefährdungspotenzial hat. Im Blickpunkt steht dabei die ausufernde Teilnahme an Onlinespielen oder Chats ebenso wie der übermäßige Konsum sexueller Inhalte in Kommunikationsnetzen. „Onlinesüchtige“ verbringen im Extremfall einen Großteil ihrer Zeit (10 bis 18 Stunden pro Tag) mit derartigen Aktivitäten. In der Folge vernachlässigen sie ihre Umwelt mehr und mehr und beeinträchtigen oder verlieren dadurch ihre übrigen sozialen Kontakte.

Die Diskussion um Computerspiel-, Medien- oder Internetsucht findet zudem vor dem Hintergrund einer ständig wachsenden Nutzung von Medien im Alltag statt, sodass davon auszugehen ist, dass auch derartige Suchterscheinungen zunehmen. Die Jim-Studie (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, 2008) berichtete im letzten Jahr erstmals, dass mehr Jugendliche im Alter von 12 bis 19 Jahren (71 Prozent) angaben, einen eigenen Computer im Zimmer zu haben als einen Fernseher (61 Prozent).

[…]

III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, innerhalb der vorhandenen Mittel

  • zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Anerkennung von Online- und Mediensucht als Krankheit bei der WHO gegeben sind;
  • zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Anerkennung von Online- und Mediensucht als Krankheit bei der WHO gegeben sind;die Anstrengungen zur Erforschung der Online- und Mediensucht weiter zu
    erhöhen und auf der Grundlage valider wissenschaftlicher Erkenntnisse so bald wie möglich geeignete Maßnahmen zu entwickeln, die potenzielle Suchtgefahren wirksam vermindern können. Darüber hinaus sollte sie die Forschung zur Entwicklung von Behandlungsansätzen für bereits manifestierte pathologische Fälle unterstützen;
  • verstärkt auch auf den Schutz durch Technik zu setzen und gemeinsam mit den Herstellern den verstärkten Einsatz von technischen Hilfsmitteln zu prüfen, beispielsweise bereits im Programm implementierte „Wecker“ oder „Time-outs“, verpflichtende Spieldauereinblendungen oder Möglichkeiten
    zur Einstellung von Spielzeitkontingenten durch die Eltern;
  • Informationen über den Schutz durch Technik – insbesondere für Personensorgeberechtigte – deutlich zu verbessern;
  • gemeinsam mit den Ländern die Förderung und Unterstützung von Medienkompetenz – sowohl für Kinder und Jugendliche als auch für Erwachsene – durch Zusammenarbeit von Eltern, Schulen und Medienpädagogik zu unter stützen und sich bei den Ländern dafür einzusetzen, dass Medienkunde ein reguläres Schulfach wird;
  • eine Aufklärungskampagne durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zum Thema Online- und Mediensucht innerhalb der vorhandenen Ressourcen zu starten
  • sich bei den Ländern für Präventionsinitiativen an Schulen, Universitäten, Bildungseinrichtungen etc. einzusetzen;
  • das „Netz für Kinder“ gemeinsam mit der Wirtschaft weiter auszubauen und Schulen die Möglichkeit einzuräumen, seine Angebote zur Vermittlung von Medienkompetenz zu nutzen;
  • sich gegenüber der deutschen Computerspielewirtschaft dafür einzusetzen, dass diese gemäß ihrer Zusage die „Stiftung zur Förderung qualitativ hochwertiger interaktiver Unterhaltungsmedien“ errichtet;
  • sich bei den Ländern für eine stärkere Berücksichtigung von Medien- und Onlinesucht innerhalb der Ausbildung von Fachkräften (Ärztinnen und Ärzte, Lehrerinnen und Lehrer, Psychologinnen und Psychologen, Erzieherinnen und Erzieher) einzusetzen sowie gemeinsam mit den Ländern Formen der Zertifizierung zu entwickeln, nach denen bereits vorhandene Kompetenzen in diesem Bereich gebündelt und deutlicher herausgestellt werden können
  • zu prüfen, wie der Auf- und Ausbau von Beratungs- und Therapiemöglichkeiten beschleunigt werden kann. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der erste Anlaufpunkt – und zwar sowohl für die Betroffenen wie vor allem für ihre Angehörigen – nicht zuletzt auch online erreichbar sein muss. Zudem sollte beim Auf- und Ausbau von Beratungs- und Therapiemöglichkeiten verstärkt auf Schwerpunkt- und Kompetenzzentren gesetzt werden, um auch bereits vorhandene Kompetenzen fachübergreifend zu bündeln und eine Vernetzung der Therapie- und Beratungsstellen sicherzustellen und eine Spezifizierung dieser Maßnahmen je nach Suchtausprägung (Onlinechatsucht, Onlinesexsucht, Onlinespielsucht) zu fördern;
  • Modellprojekte im therapeutischen Bereich zu unterstützen unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Empfehlungen wie z. B. der laufenden Studie des DZSKJ