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Rede von Martin Dörmann im Bundestag am 7. März 2008 zur Einbringung des Koalitionsantrags „Breitbandversorgung in ländlichen Räumen schnell verbessern“

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Herr Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Bedeutung des Internets wächst täglich. Die CeBIT hat in dieser Woche zahlreiche weitere Beispiele dafür gebracht. Immer mehr Dienste und Dienstleistungen werden im Internet angeboten, die die Bürgerinnen und Bürger täglich nutzen. Stichworte sind: Warenbestellungen per Internet, Onlinebanking, Kommunikationsforen, an denen man teilnehmen kann, Weiterbildungsangebote und schließlich auch die Möglichkeit, Telearbeitsplätze über das Internet zu bedienen.

Um diese Dienste adäquat nutzen zu können, reicht es nicht mehr, mit der herkömmlichen ISDN-Technik zu arbeiten, weil sie oft zu langsam ist. Nein, wir brauchen schnelle Internetzugänge mit hohen Bandbreiten. Erfreulich ist, dass in Deutschland auf diesem Gebiet eine sehr positive Entwicklung festzustellen ist. Wir nähern uns der Zahl von 20 Millionen Breitbandanschlüssen; gerade im letzten Jahr kamen 5 Millionen neue Anschlüsse hinzu. Damit liegen wir hinsichtlich der Quantität und auch der Qualität der Anschlüsse europaweit an der Spitze.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Funktionierender Wettbewerb sorgt für niedrige Preise. Aber von dieser positiven Entwicklung drohen einige ländliche Regionen abgekoppelt zu werden. Das muss uns mit Sorge erfüllen. Es wurde auf den von der Bundesregierung erstellten Breitbandatlas hingewiesen. Aus ihm geht hervor, dass für 97 Prozent der Haushalte die Möglichkeit besteht, einen Breitbandanschluss zu nutzen. Hierzu ist aber zu sagen, dass die Bandbreite für solche Anschlüsse heute höher liegt als noch vor einigen Jahren, weil die technische Entwicklung einfach fortschreitet. Wir brauchen heute realistischerweise Übertragungsraten von 1 Mbit pro Sekunde, damit wir die neuen Angebote auch wirklich nutzen können.

Vor diesem Hintergrund ist die Zahl, die Frau Kollegin Krogmann genannt hat, richtig: Wir müssen davon ausgehen, dass über 2 000 Gemeinden nicht über adäquate Anschlussmöglichkeiten verfügen. Das betrifft mindestens 1 Million Menschen und, wenn man noch höhere Bandbreiten zugrunde legt, möglicherweise auch noch viel mehr. Das bringt einen immensen Standortnachteil für die betroffenen Regionen und einen persönlichen Nachteil für die Betroffenen mit sich. Sie werden, da sie nicht an den Fortschritten der Informationsgesellschaft teilhaben können, von kultureller Entwicklung und sozialer Integration abgekoppelt. Deshalb muss es unser Ziel sein, die Möglichkeiten der Informationsgesellschaft für alle Menschen nutzbar zu machen, indem wir breitbandige Internetzugänge flächendeckend anbieten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Große Koalition will die Rahmenbedingungen nachhaltig verbessern, damit das möglich wird. Hierzu haben wir ein Maßnahmenbündel geschnürt. Es reicht von staatlichen Fördermaßnahmen, die ergänzend eingesetzt werden sollen, über die Verbesserung der Informationsgrundlagen bis hin zu unterstützenden und koordinierenden Angeboten für die betroffenen Gemeinden. Dieses Konzept wollen wir aber mit den Beteiligten gemeinsam entwickeln. Hier müssen Bund, Länder und Kommunen genauso zusammenarbeiten wie auch die Unternehmen und die Nutzer solcher Angebote.

Deshalb, sehr geehrter Herr Otto, sind Ihre Ausführungen hierzu völlig falsch. Die Große Koalition hat nämlich diesen Grundsatz im letzten Jahr wirklich befolgt, indem sie die Beteiligten an runden Tischen zusammengebracht hat,

(Dr. Martina Krogmann (CDU/CSU): So ist es!)

die dann in diesen Runden Ãœberlegungen angestellt haben, was zu tun ist, um hier weiterzukommen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deshalb ist auch Ihre Behauptung falsch, dass wir hier Ihren Forderungen hinterherhechelten. Das Gegenteil ist der Fall. Sie haben ohnehin nur einen Ausschnitt der Lösungsmöglichkeiten in Ihrem Antrag. Insofern ist der viel zu dünn. Nächstes Mal sollten Sie nicht einen schmalbandigen, sondern wie die Große Koalition einen breitbandigen Antrag vorlegen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Es ist auch falsch, zu behaupten, dass wir nicht auf Wettbewerb setzen. Im Gegenteil! Es ist gerade der dynamische Wettbewerb in Deutschland, der uns bei der Verbreitung des Breitbandes nach vorne gebracht hat. Hier sind die Chancen überhaupt noch nicht ausgenutzt. Gerade in den ländlichen Räumen besteht die Möglichkeit, nicht nur auf DSL zu setzen, was aus Kostengründen sehr schwierig ist, weil der Ausbau von DSL ein Mehrfaches von dem kostet, was andere Technologien an dieser Stelle kosten würden. Es stehen neue Funktechnologien zur Verfügung, die geradezu prädestiniert sind, im ländlichen Raum genutzt zu werden. Leider ist die Diskussion in Deutschland viel zu sehr fixiert auf DSL, weil es nun einmal 95 Prozent der Anschlüsse in diesem Bereich gibt. Aber es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, angefangen von den Kabelnetzen über moderne Glasfasernetze bis hin zu Satelliten und modernen Funktechnologien, zum Beispiel WiMAX. Das muss genutzt werden.

Erfreulicherweise konnten wir gerade in den letzten Monaten feststellen, dass sich immer mehr Initiativen gebildet haben, um gerade diese Chancen zu nutzen. Es wurde schon erwähnt, dass der Deutsche Städte- und Gemeindebund ein Konzept vorgelegt hat, das wir unterstützen. Es sind Wettbewerbsverbände, zum Beispiel VATM, unterwegs. Das alles sind sehr gute Initiativen, die durch Breitbandinitiativen von Bürgerinnen und Bürgern vor Ort ergänzt werden.

„Vor Ort“ ist das Stichwort. In erster Linie kommt es darauf an, dass sich die Beteiligten vor Ort zusammensetzen, ausloten, welche Möglichkeiten es an dieser Stelle gibt, den Ausbau voranzutreiben, welche Technologien sinnvollerweise vielleicht sogar in einem Mix anzusiedeln sind. In unserem Antrag ist ja bereits deutlich hervorgehoben worden, dass natürlich die Daten- und Informationsbasis stimmen muss. Insofern wollen wir, dass der Breitbandatlas der Bundesregierung gut, dass es ihn seit 2005 gibt verbessert wird.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP): Verbessern ist gut!)

Das ist eine unserer zentralen Forderungen in dem Antrag. Auch hier, Herr Otto, greift Ihr Vorwurf zu kurz. Wir haben erkannt das war beispielsweise das Ergebnis unseres runden Tisches im vergangenen Jahr, dass es für die Unternehmen, die investieren wollen, entscheidend darauf ankommt, zu wissen, wo die weißen Flecken sind, mit wem man sprechen muss, mit welchem Technologiemix man je nach topographischer Lage die Möglichkeit hat, zum Erfolg zu kommen.

(Zuruf des Abg. Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP))

Das alles wird vonseiten der Bundesregierung unterstützt. Der Breitbandatlas soll nach Vorstellungen der Großen Koalition entscheidend verbessert werden. Darüber hinaus soll eine Task Force eingesetzt werden, die ermittelt, wo weiße Flecken sind, und Hilfestellung anbietet.

Es kommt ein weiterer Punkt hinzu. Es wird immer noch Bereiche in den Gemeinden geben, wo man aus Kostengründen nicht zu einer schnelleren Entwicklung kommt. Da sollen staatliche Förderprogramme zusätzlich eingestellt werden. Die 10 Millionen Euro, die jedes Jahr im Bundeshaushalt dafür zur Verfügung gestellt werden, sind bereits erwähnt worden. Erfreulicherweise sind es immer mehr Länder, die eigene Initiativen und Programme auflegen, durch die diese Mittel ergänzt werden.

Hinzu kommt eine effiziente Frequenzpolitik. Dabei kommt es darauf an, dass bei den Versteigerungen, die in diesem Bereich bereits stattgefunden haben oder noch stattfinden werden, darauf geachtet wird, dass da, wo es sinnvoll ist, Ausbauverpflichtungen eingeschrieben werden. Wenn eine Frequenz ausgeschrieben wird, dann wird festgelegt, dass derjenige, der diese Frequenz hat und die Technologie entsprechend ausbaut, verpflichtet wird, bestimmte Gemeinden, die bisher noch nicht versorgt sind, mit anzuschließen. Das haben wir bereits bei den WBA-Frequenzen gemacht. Dort fand die Versteigerung 2006 statt. Da werden nun weitere Frequenzen anstehen.

Das Stichwort digitale Dividende spielt dabei auch eine Rolle. Hier geht es um Rundfunkfrequenzen, die sich besonders für Funktechnologien eignen, weil sie in einem niedrigen Frequenzbereich sind und deshalb relativ kostengünstig ausgebaut werden können. Da müssen wir ganz genau gucken, welche technischen Möglichkeiten es gibt, sicherzustellen, dass auf der einen Seite die Bedürfnisse und Entwicklungschancen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, des Rundfunks insgesamt gewahrt werden, dass aber auf der anderen Seite das, was an Frequenzgewinn durch die Digitalisierung herauskommt, für den Breitbandausbau genutzt werden kann. Diesbezüglich gibt es zum Beispiel ein interessantes Pilotprojekt in Berlin-Brandenburg. Diese Ergebnisse müssen abgewartet werden. Dann wird man sehen, wie man dort vorankommt.

Ich möchte ein Thema aufgreifen, das in dem Antrag der Linken, aber auch von den Grünen genannt wird, nämlich den Universaldienst. Bisher sieht die EU ja Universaldienst nur in bestimmten Bereichen vor, nicht im Bereich der Breitbandinternetanschlüsse, weil dort in der Vergangenheit die Nutzungshäufigkeit noch nicht so hoch war, dass die Voraussetzungen erfüllt waren. Wir haben aber mit einer Diskussion in der EU zu rechnen. Die Große Koalition sagt dazu: Wenn die Kommission in ihrem Grünbuch, das demnächst möglicherweise erstellt wird, zu einer entsprechenden Empfehlung kommt, dann unterstützen wir eine Änderung der Universaldienstrichtlinie, und zwar dergestalt, dass die einzelnen Mitgliedstaaten die Möglichkeit erhalten, den Universaldienst auch auf Breitbandinternetanschlüsse auszudehnen. Dann sollen sie auch die Möglichkeit erhalten, die Kosten auf die Unternehmen umzulegen. Ich betone aber noch einmal: Das ist das letzte Mittel. In diesem Bereich wird immer noch entwickelt, und es gibt technologische Fortschritte. Es wäre doch unvernünftig, wenn wir eine Bürokratie schaffen würden, die erhebliche Verwaltungskosten zur Folge hätte, ehe wir alle anderen Chancen ausgelotet haben.

(Martin Zeil (FDP): So ist es!)

Ich habe gerade einige dieser anderen Bereiche genannt, die Frequenzpolitik zum Beispiel. Der Wettbewerb steht hier an erster Stelle. Wir haben die Hoffnung, dass unser Ziel einer flächendeckenden Versorgung mit Breitbandanschlüssen in den nächsten Jahren erreicht werden kann. Wir sagen aber genauso klar: Da unser Ziel so wichtig ist und es im Interesse aller Menschen und Regionen liegt, dass wir dieses Ziel erreichen, können wir die Umlage als letztes Mittel nicht ausschließen. Deshalb wollen wir eine Änderung der EU-Richtlinie erreichen.

Ich komme zum Schluss noch einmal auf die Anträge der Opposition zu sprechen:

Ich habe bereits gesagt, dass der FDP-Antrag nur die Information anspricht, sozusagen schmalbandig ist. Aus meiner Sicht ist das die Grundlage, aber noch nicht die Lösung.

Der Antrag der Linken ist unternehmensfixiert und beschränkt sich auf die Universaldienstrichtlinie. Sie haben nicht erkannt, dass die technologische Entwicklung den Wettbewerb interessant werden lässt, und zwar vor allem für den ländlichen Raum. In den nächsten Jahren werden uns Lösungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die wir in der Vergangenheit nicht hatten.

Zu dem Antrag der Grünen kann ich sagen die beiden anderen Oppositionsfraktionen könnten daraus etwas lernen: Die Grünen haben unseren Antrag fast abgeschrieben.

(Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP): Das sind alte, rot-grüne Bande!)

Das erkennt man schon an der Gliederung. Unser Antrag stand ihnen ja auch frühzeitig zur Verfügung. Deswegen habe ich bis auf einige Nuancen wenig daran auszusetzen. FDP und Linke könnten da also von den Grünen lernen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Mit ihrem Antrag hat die Große Koalition ein umfassendes Maßnahmenbündel vorgelegt, um den flächendeckenden Breitbandausbau in Deutschland voranzubringen. Wir wollen die „digitale Kluft“ überwinden und auch in den ländlichen Regionen eine gute soziale, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung ermöglichen. Im Zeitalter der Informationsgesellschaft kann Deutschland seine Wachstumschancen nur so umfassend und nachhaltig nutzen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)