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Rede von Martin Dörmann in der Aktuellen Stunde des Bundestages am 17. Januar 2008 zum Thema „Gute konjunkturelle Entwicklung als Basis für nachhaltige Rentenfinanzen“

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Rentenpolitik ist in der Tat ein besonders sensibles Thema. Es kommt darauf an, zum einen die berechtigten Sorgen der Menschen ernst zu nehmen, die Probleme zu definieren und sie zu lösen und zum anderen Vertrauen zu schaffen. Man darf das Vertrauen nicht zerstören.

(Beifall bei der SPD)

Die drei Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind schnell genannt: Demografie, Altersarmut und hohe Beschäftigung. Ich möchte auf diese drei Punkte näher eingehen, weil sie in einem Zusammenhang stehen. Wer die Zusammenhänge nicht versteht, wird die Gesamtproblematik nicht lösen können. Die demografische Entwicklung führt dazu, dass immer weniger Beitragszahlern immer mehr Rentenempfänger gegenüberstehen. Hier geht es um Generationengerechtigkeit. Auch die jungen Menschen sollen sich darauf verlassen können, dass die Rente einigermaßen sicher ist, und in der Lage sein, selber Vorsorge zu betreiben. Deshalb haben wir den Nachhaltigkeitsfaktor und die Rente mit 67 eingeführt. Dieser Bereich ist von den Wirtschaftswissenschaftlern sehr positiv bewertet worden. Darüber hinaus dürfen wir die Bedeutung des zweiten Bereichs nicht verkennen: die Senkung des Rentenniveaus, hervorgerufen durch die demografische Entwicklung, und damit verbunden die Problematik der Altersarmut. Es gibt eine gesellschaftliche Veränderung. Die Erwerbsbiografien sind heute anders als früher, als man direkt nach der Lehre einen Vollzeitberuf ergriffen hat, der einen ein Leben lang getragen hat. Heute sind die meisten Erwerbs2 biografien unterbrochen. Daher muss Vorsorge betrieben werden. Es gibt zudem eine hohe Zahl an Geringverdienern und Teilzeitbeschäftigten. Dazu passen genau die Instrumente, die wir verstärkt fördern, beispielsweise die Betriebsrente. Ende letzten Jahres haben wir die Förderung der sozialversicherungsfreien Entgeltumwandlung fortgesetzt. Wir haben die Riester-Rente eingeführt. Walter Riester hat zu Recht gesagt, dass sich die Riester-Rente gerade für Geringverdiener lohnt. Das dürfen wir uns nicht kaputt machen lassen. Nun komme ich zum dritten Bereich, der ebenfalls nicht unter den Tisch fallen darf. Hier geht es um die Konjunktur und die Beschäftigung. Es stimmt, selbst wenn wir die beste Rentenformel und das beste System bei der Riester- Rente hätten, könnten wir letztendlich nur das verteilen, was erwirtschaftet wird. Auch hier stehen wir vor Herausforderungen; das ist gar keine Frage. Wir müssen in bessere Köpfe investieren. Wir müssen dafür sorgen, dass Deutschland weiter wettbewerbsfähig bleibt, auch unter globalisierten Bedingungen. Hier haben wir einen guten Status, auf den wir aufbauen können. Aber wir müssen weitergehen. Die Zahlen sind vorhin genannt worden. Es gibt 40 Millionen Erwerbstätige, davon sind 27 Millionen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, eine Rekordzahl. Aber Walter Riester hat völlig recht: Wir müssen sehen, wie sich das weiter ausdehnen lässt; denn Teilzeit- und Geringfügigbeschäftigte sind nicht in der Lage, eigene Vorsorge zu betreiben und für die Rente anzusparen. Deshalb muss unser Augenmerk darauf gerichtet sein, die Menschen in gute Arbeit zu bringen.

(Beifall bei der SPD)

Wir brauchen mehr Beschäftigung, und diejenigen, die in Beschäftigung sind, brauchen gute Arbeitsbedingungen, wozu natürlich auch ein guter Lohn gehört. Einerseits hat die Politik die Voraussetzungen für eine positive Entwicklung geschaffen. Ich erinnere daran, dass wir unter Rot-Grün entscheidende Reformen umgesetzt haben, angefangen mit der Stabilisierung der Sozialversicherungssysteme über die Arbeitsmarktreform bis hin zum Steuerrecht. Dies setzt jetzt die Große Koalition erfolgreich fort. Andererseits haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer neben den Unternehmen, die gute Konzepte hatten, einen ganz gehörigen Anteil an dieser Entwicklung, weil sie Lohnzurückhaltung geübt haben. Allerdings werden wir in Zukunft bei einer schlechteren konjunkturellen Lage von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mehr die Bereitschaft erwarten dürfen, diese Lohnzurückhaltung zu üben, wenn wir heute bei einer guten Konjunktur nicht auch dafür sorgen, dass der Aufschwung bei den Menschen ankommt.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb ist dieses Jahr in zweierlei Hinsicht ein besonderes Jahr. Erstens gehe ich hinsichtlich der Tarifverhandlungen davon aus ich halte dies auch für gut, dass die Abschlüsse über dem liegen werden, was in der Vergangenheit vereinbart wurde. Dies wird dann auch den Rentnerinnen und Rentnern zu Gute kommen, die ansonsten ebenfalls von der guten wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt würden, da die Höhe der Renten an die Lohnentwicklung gekoppelt ist. Zweitens geht es um das Thema Mindestlohn und Geringverdiener, das heute mehrmals zur Sprache kam. Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen am Ende nicht auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Dies ist übrigens nicht nur eine Frage der sozialen Sicherheit, sondern auch eine Frage des Selbstwertgefühls der Menschen; denn niemand möchte von vornherein auf staatliche Unterstützung angewiesen sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deshalb müssen wir im Bereich des Mindestlohns etwas tun. Die Große Koalition hat dazu einige Verabredungen getroffen; hier müssen wir weiter vorangehen. Lassen Sie mich einen letzten Punkt ansprechen, den ich gerade schon angedeutet habe, den Bereich Bildung und Ausbildung, der am Ende ebenfalls mit der Rente zusammenhängt. Gelingt es uns nicht, neben einer guten 4 wirtschaftlichen Entwicklung auch in die Köpfe zu investieren, wird es in zehn Jahren vielleicht keine gute Konjunktur mehr geben, die wie jetzt dem Arbeitsmarkt Impulse geben kann. In den letzten beiden Jahren haben wir es geschafft, die Zahl der Arbeitslosen um 1,1 Millionen zu reduzieren. Dies müssen wir angehen, und dafür brauchen wir zusätzliches Geld. Deswegen komme ich noch einmal auf meinen ersten Punkt zurück: Diese Bereiche stehen in einem Zusammenhang. Man kann sich nicht wie die Fraktion Die Linke nur einen Bereich herausgreifen, Stimmung machen, die Menschen verunsichern, aber für die Probleme keine Lösung bieten. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Ende.