Der gesamte Antrag (Drs. 16/5908) der SPD-Bundestagsfraktion zum Download 

 

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie gehört zu den Zukunftsindustrien der deutschen Wirtschaft. Sie verbindet fast alle Hochtechnologien des Informationszeitalters und hat einen erheblichen Nutzen für Wachstum und Beschäftigung. In der Branche stieg 2006 der Umsatz um 4,9 Prozent auf 19,5 Mrd. Euro, während die Zahl der Beschäftigten um 5,1 Prozent auf 85 462 Mitarbeiter wuchs. Damit konnte die deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie 4 100 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Mit 3,1 Mrd. Euro bzw. 15,8 Prozent des Umsatzes gab die Luft- und Raumfahrtindustrie so viel wie kaum eine andere Branche für Forschung und Entwicklung und damit ihre Zukunftsfähigkeit aus.

Gleichzeitig steht die zivile Luftfahrtindustrie vor enormen Herausforderungen, die durch Schwierigkeiten beim europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern EADS ausgelöst wurden. Auslieferungsverzögerung beim Airbus A380, höhere Aufwendungen für Forschung und Entwicklung und Zusatzkosten für die neue Konzeption des A350, Fehlentscheidungen durch das Management und Unstimmigkeiten zwischen der deutschen und französischen Kapitaleignerseite haben die Stellung der europäischen Luftfahrtindustrie geschwächt. Dazu treten in schwacher US-Dollarkurs und ein erheblicher internationaler Wettbewerb um Kosten und Preise. Die fragmentierte und mittelständische deutsche Ausrüsterund Werkstoffindustrie läuft in diesem Prozess Gefahr, nicht mehr ausreichend wettbewerbsfähig zu sein und dadurch in abnehmendem Maße an den großen internationalen Programmen beteiligt zu werden.

Außerdem reduzieren die Großunternehmen der Luftfahrtindustrie die Anzahl ihrer Zulieferbetriebe. Airbus hat beispielsweise in seinem Restrukturierungsprogramm „Power 8“ beschlossen, nur noch mit einer geringen Zahl von so genannten Modul- und Systemlieferanten zusammenzuarbeiten.
Die notwendigen hohen Investitionen für Forschung und Entwicklung können zudem gerade kleinere und mittlere Zulieferbetriebe mitunter vor enorme Herausforderungen stellen.

Die schwierige Situation der zivilen Luftfahrtindustrie bietet der deutschen Ausrüster- und Werkstoffindustrie jedoch auch die Chance, sich strukturell neu zuordnen. Mit der Entscheidung von Airbus, das Center of Excellence für die Kabine und den Rumpf in Deutschland anzusiedeln, kann eine erfolgreiche Konsolidierung der deutschen Zulieferindustrie in ganz Deutschland eingeleitet werden.

In der Vergangenheit haben die öffentliche Unterstützung in Form von Aufträgen und die Unterstützung von Forschung und Entwicklung sowie die gleichzeitige Nutzung deutscher wie französischer Potentiale einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen Entwicklung von EADS geleistet. Die Wahrung des deutsch-französischen Verhältnisses im Konzern bleibt dabei auch für die Zukunft eine notwendige Voraussetzung für den Erfolg des Unternehmens.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:

  • alles daran zu setzen, dass das deutsch-französische Gleichgewicht bei EADS gewahrt bleibt;
  • das EADS-Management aufzufordern, die Sanierungspläne für den Konzern zügig zu konkretisieren; hierbei sollte das Management eng mit den Betriebsräten zusammenarbeiten und auf das Know-how der Beschäftigten zurückgreifen;
  • sich im Rahmen der Umsetzung des EADS-Sanierungsprogramms Power 8 weiterhin für den Verbleib von Schlüsselindustrien in Deutschland einzusetzen, um damit insbesondere auch jeden hoch qualifizierten Arbeitsplatz in Deutschland zu erhalten;
  • bei der Suche nach Investoren und industriellen Partnern darauf zu drängen, Interessenten zu finden, die zu einer Stärkung der deutschen mittelständischen Werkstoff- und Ausrüsterindustrie führen;
  • bei der Verteilung der Arbeitsanteile neuer Airbus-Produkte (einschl. A350XWB) darauf zu achten, dass deutsche Standorte sowie die hiesige Zulieferunternehmen bei der Entwicklung und Produktion entsprechend der bisherigen Arbeitsteilung berücksichtigt werden;
  • die deutsche Werkstoff- und Ausrüsterindustrie bei ihrer strategischen Konsolidierung zu unterstützen mit dem Ziel, die Führung der Zulieferindustrie durch Technologie, Forschung und Entwicklung und Kosten zu erhalten bzw. zu erarbeiten;
  • die 2005 ins Leben gerufene Luftfahrtinitiative Ostdeutschland unter besonderer Berücksichtigung der Einbindung von Forschungs- und Wissenschaftsstandorten fortzusetzen; die deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie als eine der Schlüsselindustrien
  • im Rahmen des laufenden Luftfahrtforschungsprogramms weiterhin zu unterstützen und dabei auch die notwendige Entwicklung nachhaltiger Angebote für energieeffiziente und lärmarme Triebwerke und umweltfreundliche Endprodukte zu berücksichtigen