Kategorie Rede

Rede von Martin Dörmann in der Aktuellen Stunde des Deutschen Bundestages am 8. März 2007.

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Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Das Unternehmen Airbus ist in Turbulenzen geraten. Jetzt kommt es darauf an, dass mit klaren, zukunftsorientierten unternehmerischen Entscheidungen ein stabiler Kurs eingeschlagen wird, um die Erfolgsgeschichte, die Airbus ist, fortzuschreiben. Dabei muss ein Weg gefunden werden, der sowohl die Wettbewerbsfähigkeit als auch die Beschäftigung dauerhaft sichert. Nur so kann die Perspektive der wichtigen Zukunftsbranche Luftfahrtindustrie auch in Deutschland langfristig gestärkt werden.

In erster Linie geht es dabei – das wurde heute schon an mehreren Stellen erwähnt – um Entscheidungen, die die Unternehmensleitung von Airbus und EADS zu treffen hat, und zwar im Rahmen eines Gesamtkonzepts, das dann zusammen mit den betroffenen Arbeitnehmervertretern umzusetzen ist. Klar ist aber – auch das ist bereits angesprochen worden -: Airbus ist kein Unternehmen wie jedes andere. Der Einfluss der Politik ist noch immer größer als anderswo. Das hat mit der Geschichte von Airbus und mit den erheblichen staatlichen Hilfen zu tun, die damit verbunden sind, aber auch mit seiner Eigenschaft als ein europäisches Gemeinschaftsprojekt, in dem vor allem Frankreich und Deutschland eine besondere Rolle spielen.

Auf genau diesen Aspekt möchte ich gerne näher eingehen. Es ist wahr: Die deutsch-französische Partnerschaft wird gerade in diesen Tagen auf eine besondere Probe gestellt. Für die Zukunft des Unternehmens wird viel davon abhängen, wie diese Herausforderungen gelöst werden. Ziehen Deutschland und Frankreich an einem Strang, oder lassen sie sich in schwierigen Zeiten auseinanderdividieren?
Immerhin, der gefundene Kompromiss gibt Anlass zur Hoffnung, dass man mit vereinten Kräften nach vorne schreitet. Deshalb will ich der Bundesregierung ausdrücklich dafür danken, dass sie sich erfolgreich für eine faire Verteilung der Lasten unter den beteiligten Nationen eingesetzt hat. Ich will in diesen Dank auch die vielen Kolleginnen und Kollegen aus diesem Haus, insbesondere die aus den Koalitionsfraktionen, einbeziehen; auch wir in Berlin haben in den letzten Wochen nämlich eine ganze Reihe von Gesprächen mit den Verantwortlichen, insbesondere mit denen von EADS, geführt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Mit ihrer Unterstützung konnte erreicht werden, dass Deutschland weiterhin ein entscheidender Produktionsstandort bleibt, und zwar sowohl im Hinblick auf die Kernkompetenzen und die wichtige CFK-Technologie als auch bei der Fertigung des Modells A380 und der A320er-Familie.

Einige aktuelle Äußerungen französischer Politiker, die auf eine Ausweitung des französischen Einflusses setzen, machen uns jedoch Sorgen. Ich sage an dieser Stelle sehr deutlich: Das werden wir nicht zulassen. Wer glaubt, er könne einseitig zulasten der deutschen Seite französische Interessen durchsetzen, wird scheitern. Er würde letztendlich nur den Erfolg des Unternehmens aufs Spiel setzen, und er würde eine ernste Belastungsprobe für die deutsch-französische Partnerschaft heraufbeschwören. Das kann niemand wollen. Ich glaube allerdings, dass sich, wenn das Wahlkampfgeklingel abgeklungen ist, auch in Frankreich die vernünftigen Positionen durchsetzen werden, die eine faire Partnerschaft wollen. Das interne Konkurrenzdenken muss jetzt so schnell wie möglich überwunden werden. Es geht in erster Linie darum, in der Konkurrenz mit Boeing vorne zu liegen, nicht untereinander.

Die Zahlen von Airbus sind nach wie vor beeindruckend: Die Auftragsbücher sind mit über 2 500 Bestellungen voll. Mit 434 Auslieferungen – das waren übrigens mehr, als Boeing vorzuweisen hatte – ist im letzten Jahr eine Rekordzahl erreicht worden. Die Produktion ist für fünf Jahre ausgelastet.

Diese Tatsachen machen es den Beschäftigten in den Betrieben natürlich schwer, einzusehen, dass nun seitens der Unternehmensleitung ein Sanierungsprogramm aufgelegt wird, das viele Tausend Beschäftigte belastet. Sie leisten nach wie vor hervorragende Arbeit und sind hochqualifiziert. Sie sind nicht schuld daran, dass das Unternehmen gegenüber Boeing unter erheblichem Kostendruck steht und ein Sparprogramm vorlegen muss. Nein, neben den besonderen Nachteilen aufgrund der Abhängigkeit vom Dollarkurs waren es vor allem gravierende Fehler des früheren Managements, die das Unternehmen in diese Turbulenzen gebracht haben. Insofern ist die Wut in den Betrieben vor Ort mehr als verständlich.

Es ist jetzt Sache der Unternehmensleitung, das verloren gegangene Vertrauen der Belegschaften zurückzugewinnen, und zwar durch klare und faire Konzepte, durch eine offene Kommunikation und durch das aktive Einbeziehen der Arbeitnehmervertreter in die weiteren Planungen. Je schneller die Beteiligten eine gemeinsam getragene Linie finden, umso besser für die Wettbewerbschancen von Airbus.
Die Politik wird diesen Prozess unterstützen. Sie sollte sich aber nicht in einzelne unternehmerische Entscheidungen einmischen. Airbus wird auf Dauer umso erfolgreicher sein, je mehr sich die Politik aus dem Unternehmen heraushalten kann. Auch unter diesen Gesichtspunkten ist zu wünschen, dass Deutschland und Frankreich an einem Strang ziehen. Uns muss das Ziel einen, die Erfolgsgeschichte Airbus gemeinsam fortzuschreiben, und zwar im Interesse der Beschäftigten und im Interesse der europäischen Luftfahrtindustrie als einer wichtigen Zukunftsbranche.
Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)