Kategorie Rede

Rede von Martin Dörmann in der Plenardebatte des Deutschen Bundestages vom 30. November 2006.

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Herr Präsident!Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Mit der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes verfolgt die große Koalition vor allem zwei übergeordnete Ziele: Erstens: Wir verbessern die Schutzvorschriften für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Zweitens: Wir schaffen Anreize für zusätzliche Investitionen in neue Märkte.

Beim Verbraucherschutz führen die neuen Regelungen beispielsweise zu mehr Preistransparenz, Jugendschutz und Kostenkontrolle. Hierauf wird mein Fraktionskollege Manfred Zöllmer nachher noch ausführlicher eingehen.

Das zweite zentrale Anliegen der Gesetzesnovelle ist die Stärkung des Investitionsstandortes Deutschland. Es wurde schon erwähnt: Die IT- und Telekommunikationsbranche ist ein wichtiger Wirtschaftsmotor für unser Land. In den letzten zehn Jahren stieg ihr Anteil am Bruttosozialprodukt von 4,7 auf fast 7 Prozent. Wir wollen, dass auch in Zukunft Investitionen in diesem Bereich Wachstum und neue Arbeitsplätze schaffen. Von besonderer Bedeutung sind hierbei Investitionen in innovative Produkte, durch die neue Märkte entstehen.

Es stellt sich nun jedoch die Frage – sie haben wir heute zu beantworten -, inwieweit diese neuen Märkte reguliert werden sollen. Grundsätzlich hat sich die Regulierung im Telekommunikationsbereich – da sind wir uns alle einig – durchaus bewährt. Der Wettbewerb funktioniert. Wir alle profitieren von deutlich gesunkenen Preisen.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Martina Krogmann (CDU/CSU) – Iris Gleicke (SPD): Das ist wohl wahr!)

Der Anteil der Wettbewerber am Gesamtmarkt für Telekommunikationsdienste liegt nach aktuellen Zahlen des Branchenverbandes VATM in diesem Jahr bei rund 51 Prozent gegenüber der Telekom mit 49 Prozent. Die Regulierung greift dort zu Recht ein, wo ein Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung hat und hierdurch ein deutliches Ungleichgewicht gegenüber den Wettbewerbern besteht.

Im Bereich neuer Märkte haben wir jedoch eine besondere Situation vor Augen, die wir berücksichtigen müssen. Hier sieht sich nämlich ein Marktführer, der in neue Techniken und Produkte investieren will, einem doppelten Risiko ausgesetzt. Zum einen weiß das Unternehmen zum Zeitpunkt der Investition ja noch gar nicht, ob und inwieweit sich die neuen Produkte am Markt überhaupt etablieren und durchsetzen.

(Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP): Das weiß keiner!)

Das ist bei einem neuen Markt ein spezifisches Risiko. Bereits hieraus ergibt sich also ein spezifisches Investitionsrisiko. Wird der neue Markt auch noch von Anfang an reguliert und damit den Wettbewerbern die Möglichkeit eröffnet, ein Vorleistungsprodukt zu regulierten Bedingungen in Anspruch zu nehmen, können diese unter Umständen die neuen Produkte zu vergleichbaren oder sogar zu geringeren Konditionen am Markt anbieten. Das investierende Unternehmen würde aber so von vornherein seine Pioniervorteile verlieren.

(Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP): Warum denn?)

Es wird sich also sehr genau überlegen müssen, ob es angesichts hoher Investitionskosten dieses doppelte Risiko wirklich eingeht.

Insoweit besteht sogar ein zusätzliches Ungleichgewicht, zulasten des zuerst investierenden Marktführers. Denn die Wettbewerber können ja zunächst in Ruhe abwarten, ob die Produkte am Markt überhaupt angenommen werden, und möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt nachziehen, um ihr eigenes Risiko gering zu halten. Dieses spezifische Investitionsrisiko und Ungleichgewicht bei neuen Märkten kann dazu führen, dass ein Unternehmen bei frühzeitiger Regulierung auf seine Investition ganz verzichtet.

Das aber wäre schädlich, und zwar sowohl für den Standort Deutschland, für Arbeitsplätze, als auch für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Aus diesem Grund sieht das neue TKG in § 9 a eine spezielle Regelung für neue Märkte vor.

(Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP): Aha!)