Der gesamte Antrag zum Download (Drs. 16/3297) so wie Auszüge zum Antrag der SPD-Bundestagsfraktion:

 

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Europäische Kommission hat am 13. Dezember 2005 den Vorschlag für eine Neufassung der aus dem Jahr 1989 stammenden Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ vorgelegt (KOM (2005) 646 endgültig). Das Kernstück des Kommis-
sionsvorschlages ist die Erweiterung des Geltungsbereiches auf alle audiovisuellen Mediendienste, lineare und nichtlineare. Es geht bei der Richtlinie nicht um eine Regulierung des Internets, sondern um eine Lex specialis nur für solche kommerziellen Dienste, die für Demokratie und Informations- sowie Meinungsvielfalt von besonderer Bedeutung sind. Hauptzweck der Dienstleistung ist dabei das Programmangebot bewegter Bilder mit und ohne Ton zur Information, Bildung oder Unterhaltung, welches an eine allgemeine Öffentlichkeit gerichtet ist und über elektronische Kommunikationsnetze übertragen wird.

Diese Dienstleistung wird unter redaktioneller Verantwortung erbracht. Nicht in den Geltungsbereich gehören damit die elektronische Presse oder auch Online-Zeitungen. Entsprechend dem neuen Geltungsbereich soll die Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ in „Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste“ umbenannt werden. Der Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste unterscheidet zwischen linearen und nichtlinearen Diensten, die nicht nach einem festen Programmschema, sondern vom Zuschauer selbst durch Abruf aus dem Netz angefordert werden können. Es ist zu begrüßen, dass die jeweilige Regelungsdichte von der Bedeutung für die Meinungsrelevanz abhängig sein soll. Da die Nutzer bei den nichtlinearen Diensten weitaus mehr Auswahl- und Steuermöglichkeiten haben, soll für diese ein abgestufter – eben niedriger – Regelungsrahmen mit bestimmten Mindeststandards gelten, beispielsweise zum Jugend- und Verbraucherschutz, zum Schutz der Menschenwürde und der Sicherung der kulturellen Vielfalt.

Seit dem 21. August 2006 liegt der Entwurf eines Berichtes des Ausschusses für Kultur und Bildung des Europäischen Parlaments mit zahlreichen Änderungsvorschlägen vor. Das Europäische Parlament wird im Dezember 2006 die erste Lesung abschließen. Mit der Verabschiedung der Richtlinie ist – nach der Befassung des Rates der Europäischen Union und der zweiten Lesung im Europäischen Parlament – im zweiten Halbjahr 2007 zu rechnen. Daher kommt den Beratungen während der deutschen Ratspräsidentschaft eine besondere Bedeutung zu. Aus Sicht des Deutschen Bundestages ist eine Revision der Fernsehrichtlinie dringend geboten. Seit dem Inkrafttreten der Fernsehrichtlinie haben sich die Rahmenbedingungen für das Fernsehen und die neuen audiovisuellen Dienste grundlegend verändert. Die technische Konvergenz der Kommunikationsnetze und -geräte wie auch der Medieninhalte und die deutlichen Veränderungen der Mediennutzung machen eine Neufassung der Richtlinie und eine Ausweitung des Geltungsbereiches dringend erforderlich.

Mit der Revision der Richtlinie sollen auch die Werbebeschränkungen dereguliert werden. Für den Bereich der Werbung führt die Richtlinie zusätzlich den umfassenden Begriff der kommerziellen Kommunikation ein, der bewegte Bilder beinhaltet, die der unmittelbaren und mittelbaren Absatzförderung von Waren und Dienstleistungen dienen. Entsprechend des Richtlinienvorschlages muss jedwede kommerzielle Kommunikation als solche erkennbar sein. Schleichwerbung ist ebenso verboten wie der Einsatz subliminaler Techniken. Nach dem Willen der Europäischen Kommission sollen Produktplatzierungen außerhalb von Kindersendungen, Dokumentarfilmen, Nachrichtensendungen und Sendungen zum aktuellen Zeitgeschehen erlaubt werden, sofern diese kenntlich gemacht werden und sichergestellt ist, dass der Inhalt des audiovisuellen Mediendienstes nicht beeinflusst und die redaktionelle Verantwortung und Unabhängigkeit nicht beeinträchtigt werden. Entscheidend ist, dass mit der Richtlinie ein kohärenter europäischer Rechtsrahmen geschaffen wird, der sicherstellt, dass für gleiche Arten von audiovisuellen Diensten, unabhängig vom Übertragungsweg, die gleichen Grundregeln gelten. Damit werden für diese Dienste im gesamten europäischen Binnenmarkt Rechtssicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen gewährleistet.