Artikel der Kategorie Berlin Depesche

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Berlin Depesche Nr. 75

Wahlkreiszeitung mit aktuellen Informationen aus Berlin und Köln.

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Mit Peer Steinbrück für mehr Gerechtigkeit

Die politische Ausgangslage im Bundestagswahljahr 2013

Liebe Leserinnen und Leser,

die gute Stimmung beim Nominierungsparteitag und das überzeugende Votum für Peer Steinbrück bei seiner Wahl zum Kanzlerkandidaten haben eindrucksvoll dokumentiert, dass die SPD geschlossen in das Bundestagswahljahr 2013 zieht.

Unser Ziel ist klar: wir wollen einen ganzen Regierungswechsel, keinen halben: mit einer rot-grünen Bundesregierung und Peer Steinbrück als Kanzler.

Teilweise sind die Kommentare in den Medien ja eher skeptisch, was die rot-grüne Mehrheitsfähigkeit angeht. Dabei hatte Rot-Grün Ende 2012 in den verschiedenen Umfragen zum Teil eine Mehrheit, bei manchen fehlten nur wenige Prozentpunkte. Jedenfalls dann, wenn die FDP nicht wieder in den Bundestag einziehen sollte, stehen die Chancen für eine stabile Mehrheit nicht schlecht. Zumal das neue Wahlrecht dafür sorgen wird, dass Überhangmandate vollständig ausgeglichen werden und der Wählerwille nicht verfälscht wird.

Die Auftaktstimmung im Wahljahr wird sicherlich auch durch den Ausgang der Niedersachsenwahl am 20. Januar beeinflusst werden, wo Schwarz-Gelb die nächste Abwahl droht. Alles in allem sind die letzten drei Jahre aus Sicht der SPD sehr erfolgreich verlaufen – in vielen Bundesländern wurden wir wieder neu in Regierungsverantwortung gewählt.

Das liegt auch daran, dass die SPD die Oppositionszeit genutzt hat, um sich programmatisch weiter zu entwickeln, und zwar ohne größere innerparteiliche Auseinandersetzungen. Insbesondere konnten wir wieder unser Profil als Partei der sozialen Gerechtigkeit schärfen.

Mit Peer Steinbrück haben wir zudem einen Mann an der Spitze, der überzeugend für Finanz- und Wirtschaftskompetenz steht und auch dort keine offenen Flanken bietet. Wir wollen Deutschland sozial gerechter gestalten und wirtschaftlich nach vorne bringen! Programm und Kandidat passen dabei zusammen.

In seiner Parteitagsrede hat Peer Steinbrück das Thema Gerechtigkeit in den Mittelpunkt gerückt. Es geht uns um „mehr Wir und weniger Ich“. Um gute Arbeit, mit einem gesetzlichen Mindestlohn und starker Tarifbindung. Um ein Ende der Zwei-Klassenmedizin durch Einführung einer Bürgerversicherung. Um eine gerechte Renten-politik, die Erwerbs- und Altersarmut verhindert.
Wir müssen mehr Geld in Bildung und Kommunen investieren und wollen das gerecht finanzieren, ohne neue Schulden. Wir sagen ehrlich: Ja, das bedeutet für hohe Einkommen maßvoll höhere Steuern. Zudem wollen wir die Finanzmärkte end-lich an den Kosten der Krise beteiligen und den Bankensektor wirksam regulieren.

Die SPD steht für eine Politik des Miteinanders. Wenn wir nicht umsteuern, droht unsere Gesellschaft immer mehr auseinander zu driften. So wird auf Dauer unser demokratisches Fundament ausgehöhlt, weil sich immer mehr Menschen im Stich gelassen fühlen.
Angela Merkel versucht, ihr Amt als Bundeskanzle-rin quasi „präsidial“ zu führen. Sie legt sich selten fest und wartet ab, woher der Wind weht. Eine rein machttaktisch begründete Strategie ohne innere Haltung. In der heutigen Zeit sind aber gerade Haltung und Werte gefragt. Die Menschen möchten wissen, wohin die Reise gehen soll und was man politisch dafür tut.

Die Konzepte der SPD liegen auf dem Tisch. Und mit Peer Steinbrück haben wir einen Kanzlerkandidaten mit einer klaren Haltung und Gestaltungswillen. Ein deutliches Kontrastprogramm also zu Schwarz-Gelb.
Es verspricht, ein spannendes Wahljahr 2013 zu werden.

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Ein starkes Team für Berlin

Die Köln SPD nominierte Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes sowie die bewährten Bundestagsabgeordneten  Martin Dörmann, Karl Lauterbach und Rolf Mützenich zur Bundestagswahl 2013

Die Kölner SPD zieht mit einem starken und kompetenten Kandidatenteam in den Bundestagswahlkampf 2013. Bei zwei Wahlkreiskonferenzen am 3. Dezember wurden die drei bewährten Bundestagsabgeordneten Martin Dörmann, Karl Lauterbach und Rolf Mützenich mit über 90 Prozent Zustimmung erneut für ihre Wahlkreise nominiert, die sie bei den letzten Bundestagswahlen direkt gewinnen konnten. Im südlichen Wahlkreis (Lindenthal, Rodenkirchen, Innenstadt-Süd) setzte sich Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes mit 133 zu 76 Stimmen gegen ihre Mitbewerberin Valentina Kerst durch.

Die vier Gewählten treten für ein rot-grünes Regierungsbündnis ein und betonten in ihren Vorstellungsreden das Ziel, bei der nächsten Wahl wieder alle vier Kölner Wahlkreise für die SPD zu gewinnen, um so zu einem Regierungswechsel beizutragen:

In seiner Rede bedankte sich Martin Dörmann zunächst für die solidarische Unterstützung seiner bisherigen zehnjährigen Arbeit als Abgeordneter durch viele Menschen innerhalb und außerhalb der SPD.

Auszug aus der Rede von Martin Dörmann:

„Ich möchte meine Arbeit im Bundestag gerne fortsetzen, um mich auch weiterhin für die Interessen der Menschen in meinem Wahlkreis und in Köln einsetzen zu können. Beispielsweise für den weiteren Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, etwa beim Bahnknoten Köln, der ein echtes Nadelöhr ist. Oder für den Erhalt sozialer Strukturen und Einrichtungen, sei es beim Wohnungsbau oder in der Arbeitsmarktpolitik.

Es ist ein Skandal, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung einen Kahlschlag beim Programm Soziale Stadt, bei den Jobcentern sowie bei den Programmen für Langzeitarbeitslose vorgenommen hat. Das trifft eine Großstadt wie Köln in besonderer Weise. Eine SPD-geführte Bundesregierung wird diese falschen Entscheidungen zurücknehmen und hier ganz andere Akzente setzen.

Zugleich werden wir die Finanzlage der Kommunen nachhaltig stärken. Mit unserem Finanzkonzept stünden den Kommunen zukünftig über 6 Milliarden Euro mehr zur Verfügung. Geld, das die klammen Kommunen dringend brauchen, um soziale Strukturen aufrecht zu erhalten.

Im Bundestag liegen meine Arbeitsschwerpunkte in den Bereichen Wirtschaft, Medien und Netzpolitik.

In der Wirtschaftspolitik habe ich beispielsweise mitgewirkt an unseren Konzepten für eine sozialdemokratische Industriepolitik und für eine Modernisierung der Infrastrukturen in den Bereichen Verkehr, Energie und Telekommunikation.

Als medienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion ist es mir ein besonderes Anliegen, wie wir den rasanten Wandel der Medienlandschaft so gestalten, dass Medienvielfalt erhalten bleibt. Wir brauchen auch in Zukunft qualitativ guten Journalismus, der den Menschen eine Orientierung in der zunehmenden Informationsflut bieten kann.

Es ist letztlich eine Gefahr für unsere Demokratie und den politischen Diskurs, wenn sich der Trend nach immer rasanteren Sensationsmeldungen statt gründlicher Recherche fortsetzt. Der kürzliche Insolvenzantrag der Frankfurter Rundschau und das Ende der Financial Times Deutschland haben ja zuletzt ein besonders  besorgniserregendes Schlaglicht auf die Probleme im Zeitungsmarkt geworfen.

In der Netzpolitik habe ich vor allem zwei zentrale Anliegen. Zum einen geht es mir darum, allen Menschen und Regionen die Teilhabe am schnellen Internet zu sichern. Zum anderen setze ich mich für ein faires und zeitgemäßes Urheberrecht ein.

Auch im Internetzeitalter brauchen Autoren und Kreative Einnahmen, von denen sie leben können. Zugleich darf die allgemeine Akzeptanz des Urheberrechts nicht durch überzogene Abmahnmodelle gefährdet werden. Hier gilt es, insgesamt die richtige Balance herzustellen.

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Bundestagsrede zum Leistungsschutzrecht

„Das Leistungsschutzrecht löst keine Probleme, sondern schafft neue“

Plenarrede von Martin Dörmann am 29. November 2012 (Auszug) zur 1. Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurfs zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes (Drs. 17/11470). Gegenstand der Debatte war das „Leistungsschutzrecht für Presseverleger“.

 

„Die SPD lehnt das von der Bundesregierung vorgeschlagene Leistungsschutzrecht für Presseverleger ab. Drei Jahre hat Schwarz-Gelb gebraucht, um hierzu nach vielen Volten hin und her überhaupt einen Gesetzentwurf vorzulegen. Es waren drei verlorene Jahre für die Medienpolitik.

Am Ende ist ein Vorschlag herausgekommen, der völlig kontraproduktiv ist. Denn er wird der Medienlandschaft in Deutschland nicht helfen, schafft neue Rechtsunsicherheiten und droht, hilfreiche Suchmaschinenfunktionen faktisch einzuschränken.

Die Stimmen der Kritiker sind dementsprechend vielfältig. Namhafte Urheberrechtler warnen vor den negativen Folgen. Der IT-Branchenverband BITKOM und der BDI erwarten eine Schwächung des Innovations- und Investitionsstandorts Deutschland. Der Vorsitzende der Monopolkommission, Professor Haucap, den ich hier ausdrücklich zitieren darf, hält das Ganze gar für eine „Schnapsidee“. Selbst Junge Union und Junge Liberale fordern heute mit den anderen Jugendorganisationen politischer Parteien, den Gesetzentwurf abzulehnen, weil sie darin einen Eingriff in die Freiheit des Internets sehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die aktuellen Beispiele der Frankfurter Rundschau und Financial Times Deutschland haben zuletzt ein schmerzliches Schlaglicht auf die Probleme im Zeitungsmarkt geworfen. Vor diesem Hintergrund möchte ich ausdrücklich festhalten: Qualitativ hochwertige journalistische Angebote sind von entscheidender Bedeutung für die Meinungsvielfalt und unsere Demokratie.

Guter Journalismus erfordert engagierte Journalisten, die von ihrer Arbeit leben können. Er erfordert zugleich Recherche, Organisation und damit Geld, das letztlich von den Presseverlegern verdient werden muss, und zwar auch im Internet.

Es ist daher folgerichtig, dass immer mehr Verleger versuchen, Bezahlangebote im Netz zu etablieren, und dass sie bereits heute bestehende Urheberrechte an Texten schützen wollen.

Guter Journalismus hat einen Wert, den es zu respektieren gilt. Es ist deshalb selbstverständlich nicht hinzunehmen, wenn einzelne Portale urheberrechtlich geschützte Zeitungsartikel ohne Zustimmung von Autoren und Verlagen selbst vermarkten und auf deren Kosten Geld damit verdienen.

Dort, wo es heute Probleme bei der Rechtsdurchsetzung gibt, sind wir für verbesserte Möglichkeiten der Presseverleger, damit diese effektiv gegen solche illegalen Geschäftsmodelle vorgehen können.

Das vorgeschlagene Leistungsschutzrecht löst die bestehenden Probleme aber gerade nicht, sondern schafft neue. Es geht letztlich darum, Suchmaschinen entgeltpflichtig zu machen und hierüber neue Einnahmequellen zu generieren, und zwar auch dann, wenn sie nach heutiger Rechtslage völlig legal verlinken und dabei kurze Textteile anzeigen, damit man Artikel inhaltlich zuordnen kann.

Aus Sicht der SPD-Fraktion erfüllen Suchmaschinen aber eine wichtige Wegweiserfunktion im Internet, die wir erhalten wollen. Mit technischem und finanziellem Aufwand erbringen Suchmaschinen eine eigene Leistung, die für viele Internetuser hilfreich ist. Auch die Verlage wollen nicht darauf verzichten, gelistet zu werden ‑ sie könnten das ja technisch heute schon verhindern ‑; denn sie wollen ja Leser auf ihre werbefinanzierten freien Angebote ziehen. Es ist deshalb niemandem wirklich vermittelbar, dass nun Suchmaschinen, die das heutige Urheberrecht nicht verletzen und den Verlegern sogar finanzielle Vorteile bringen, über ein speziell auf sie zugeschnittenes Leistungsschutzrecht ein Entgelt zahlen sollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die SPD-Fraktion hat vor wenigen Wochen einen umfassenden Antrag zur Sicherung der Medienvielfalt und zu qualitativ hochwertigem Journalismus in den Bundestag eingebracht. Leider hat sich die Regierungskoalition verweigert, unsere Vorschläge aufzunehmen oder zumindest ernsthaft zu prüfen.

Gibt man heute in eine Suchmaschine den Begriff „schwarz-gelbe Medienpolitik“ ein, findet man leider keinerlei Konzepte, die den Herausforderungen wirklich gerecht werden. Insofern ist ein Relaunch dringend notwendig.“


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Berlin Depesche Nr. 74

Wahlkreiszeitung mit aktuellen Informationen aus Berlin und Köln.

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Schwarz-Gelb ist gescheitert

Standpunkt aus Berlin Depesche Nr. 73

Die Beschlüsse der Koalition dienen dem Wahlkampf, nicht der Zukunftsvorsorge

Liebe Leserinnen und Leser,

eine aktuelle Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen stellt der schwarz-gelben Koalition ein desaströses Zeugnis aus. 70 Prozent der Deutschen sagen, die Regierung Merkel betreibe Klientelpolitik. 65 Prozent sind der Ansicht, sie kümmere sich nicht um die Zukunftsprobleme des Landes.

Der kürzliche Koalitionsgipfel belegte dies eindrucksvoll. Mit Ausnahme der ohnehin auch von allen Oppositionsfraktionen seit längerem geforderten Abschaffung der Praxisgebühr wurde nichts Vernünftiges beschlossen. Statt die Lücke bei den Betreuungsplätzen für unter 3-jährige Kinder zu schließen, wurde das Betreuungsgeld auf den Weg gebracht. Das ist eine bildungspolitisch verfehlte Maßnahme, zumal es gerade bei sozial schwachen Familien einen Anreiz setzt, Kinder nicht in Betreuungseinrichtungen zu geben. Und das nur, um der CSU eine bessere Ausgangslage für die Landtagswahl in Bayern zu verschaffen.
Auch der verabschiedete Bundeshaushalt 2013 ist ein Dokument verpasster Chancen und falscher Weichenstellungen. Dank Strukturreformen und Krisenmanagement der Vorgängerregierungen konnte Schwarz-Gelb bis 2013 über Mehreinnah-men und Minderausgaben von über 126 Milliarden Euro verfügen. Statt aber Zukunftsvorsorge zu betreiben und die Konsolidierungsanstrengungen zu intensivieren, endet man mit einer zweistelligen jährlichen Neuverschuldung und einem Finanzplan, der die Generationenbürde der jährlichen Zinszahlungen von 31 Milliarden Euro in 2013 auf 41 Milliarden Euro in 2016 steigen lässt.
Hinzu kommt zusätzlich ein Griff in die Reserven der Sozialversicherungen. So werden dem Gesundheitsfonds bis 2014 rund 6,5 Milliarden Euro entzogen. Und die Rücklagen der Rentenversicherung werden durch eine nicht nachhaltige Beitragssatzsenkung gemindert, statt einen zu-sätzlichen Puffer für die demografischen Herausforderungen zu schaffen. Geplündert wird zudem die aktive Arbeitsmarktpolitik, bei der sich die Einschnitte von 2011 bis 2016 auf 36, 5 Milliarden Euro summieren, überwiegend zu Lasten von Maßnahmen für Langzeitarbeitslose. Gleichzeitig zapft Schwarz-Gelb die Investitionsre-serve der Förderbank KfW in Höhe von einer Milliarde Euro an, wie schon zuvor der Bahn AG Investitionsmittel in Höhe von jährlich 500 Millionen Euro entzogen wurden. Von voraus-schauender Politik, die auf die absehbaren konjunkturellen Risiken reagieren könnte, keine Spur.

Die SPD setzt hiergegen klare Prioritäten: beim Schuldenabbau, bei Bildung, Forschung und Entwicklung, der Handlungsfähigkeit von Kommunen, bei Infrastruktur und Energiewende. Unser Finanzierungskonzept unter dem Titel „Nationaler Pakt für Bildung und Entschuldung“ sieht einen strukturell ausgeglichenen Haushalt für 2013 bei einer Neuverschuldung von nur 7,8 Milliarden Euro vor.
Der Bund soll nach unseren Vorstellungen jährlich 2 Milliarden Euro mehr in Bildung und Ausbildung investieren, die Investitionen in Infrastrukturen und die Energiewende werden um jährlich 3 Milliarden Euro angehoben. Und die finanzielle Situation der Kommunen wird mit jährlich 6,4 Milliarden Euro verbessert und durch einen kommunalen Investitionspakt von 2 Milliarden Euro unterstützt.
Diese Maßnahmen werden solide gegenfinanziert: im Wesentlichen mit dem wirtschafts- und sozialverträglichen Abbau von Subventionen sowie einer moderat höheren Steuerbelastung für sehr hohe Einkommen und Vermögen. Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, ein höherer Abgeltungssteuersatz für Kapitaleinkünfte und ein höherer Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer tragen zur Konsolidierung des Haushaltes bei.

Fazit: Nicht nur bei der Energiewende, auch beim Haushalt ist Schwarz-Gelb gescheitert. Unsere Alternativen liegen auf dem Tisch. Es ist höchste Zeit für einen Wechsel.

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Das neue SPD-Rentenkonzept

Kurzüberblick und Argumente. Von Anton Schaaf, MdB

Einstimmig bei nur vier Enthaltungen hat am 24. November 2012 der SPD-Parteikonvent in Berlin unser neues Rentenkonzept beschlossen: „Die SPD-Rentenpolitik: Arbeit muss sich lohnen!“. Der lange Vorbereitungsprozess und die vielen guten Diskussionen haben sich gelohnt. Ideologische und technokratische Erwägungen treten in den Hintergrund; wir haben an die Bedürfnisse der Menschen und an die volkswirtschaftliche Zukunft gedacht. Nach dem Ringen um die besten Lösungen, können wir uns nun den poltischen Gegnern stellen, die nichts Vergleichbares vorweisen können. Das sind die Beschlüsse:

Für ein armutsfestes lebensstandardsicherndes Einkommen

Nur aus guten Löhnen werden gute Renten! Wir wollen einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro, die Stärkung der Tarifbindung und das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ durchsetzen. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse müssen zurückgedrängt werden: Gegenwärtig beziehen 350.000 Vollzeitbeschäftigte zusätzliche Leistungen des Arbeitslosendgelds II. Ein Alleinstehender erwirbt daraus im Höchstfall eine monatliche Rentenanwartschaft von ca. 11 Euro im Jahr. Das Rentenniveau: bleibt bis zum Ende des Jahrzehnts stabil bei rund 50%. 2020 gilt es neu zu bewerten, wie die Ankopplung der Renten an die Erwerbseinkommen vorzu-nehmen ist. Eine Überprüfung schreibt auch das Gesetz vor. Wir wollen eine wachsende Sicherungslücke in der gesetzlichen Rente verhindern. Würde heute die für die Zeit nach 2030 prognostizierte untere Haltgrenze von 43% gelten, müsste ein Durchschnittsverdiener rund 5 Jahre länger arbeiten (33 statt 27 Jahre), um eine Rente in Höhe der Grundsicherung zu erreichen. Eine Solidarrente: von 850 Euro erhält zukünftig, wer auch nach 30 Beitragsjahren und 40 Versicherungsjahren trotz einer Aufwertung von Zeiten des Niedriglohnbe-zugs oder langer Arbeitslosigkeit sowie einer verbesserten Berücksichtigung von Teilzeitarbeit während Kindererziehung/ Pflege unter diesem Betrag bleibt und bedürftig ist. 31% der Rentenzugänge mit 40 und mehr Versicherungsjahren erzielt unterdurchschnittliche Rentenanwartschaften. Bei 30 Beitragsjahren entspricht ein früheres Einkommen von durchgängig 2/3 des Durchschnitts eine Rente von 562 Euro. Ausbau der betrieblichen Altersversorgung: Eine flächendeckende Ausbreitung der Betriebsrenten ist unter den bestehenden Bedingungen unrealistisch. Die Entgeltumwandlung wird nach einer Befragung unter Betriebsräten von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nur zu 39% genutzt. Die im Konzept vorgeschlagene „Opt-Out-Regel“ in Kombination mit einer Verpflichtung der Arbeitgeber ein Angebot zu unterbreiten, wird eine neue Dynamik in Gang setzen. Einbeziehung ungesicherter Selbstständi-ger: Der Anteil Selbstständiger an den Er-werbstätigen ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Problematisch daran: 2 Mio. Soloselbstständiger verfügen zumeist über ein geringes Einkommen und sind für den Ruhestand nicht abgesichert. In Zukunft wollen wir alle Erwerbsformen und damit auch Wechsel zwischen unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnissen absichern. Da-für werden wir ein spezielles Tarif- und Bei-tragsrecht anbieten. Angleichung der Rentenbemessung in Ost und West: Mehr als 20 Jahre nach der Wie-dervereinigung und entsprechend der Tat-sache, dass sich die Löhne nicht nur in Ost und West sondern auch in anderen Regionen Deutschlands deutlich unterscheiden können, müssen wir handeln. Wir werden die Angleichung der Rentenberechnung in Stufen bis zum Jahr 2020 abschließen und zugleich den Aufwertungsfaktor abschaffen. In einem ersten Schritt werden sofort alle pauschal bewerteten Versicherungszei ten (Kindererziehungszeiten usw.) einheitlich mit dem aktuellen Rentenwert berechnet.

Für flexible Übergänge in die Rente

Gerade für Beschäftigte, die bereits heute aufgrund hoher Arbeitsbelastung oder Invalidität nicht bis zum 65. Lebensjahr arbeiten können, muss der Übergang ins Rentenalter ohne große Einkommensverluste ermöglicht werden:

Abschlagsfreie Rente nach 45 Versiche-rungsjahren: Ab einem Alter von 63 Jahren wird es in Zukunft möglich sein, ohne Ab-schläge in Rente zu gehen. Ein knappes Drittel der Neurentner könnte gegenwärtig diese Möglichkeit nutzen. Gerade für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in besonders belastenden Berufen wäre ein Renteneintritt ohne größere finanzielle Verluste geradezu eine Erlösung, weil hier nur im Ausnahmefall die Regelaltersgrenze erreicht werden kann. Ausbau der Teilrente: Wir regeln die Bedin-gungen neu und führen eine Teilrente ab dem 60. Lebensjahr ein, die eine deutlich flexiblere Handhabung ermöglichen wird. Die Zahlen der Inanspruchnahme verdeutlichen, dass dies dringend notwendig ist: Im Jahr 2011 haben nur 623 Versicherte den Rentenzugang über die Teilrente genutzt. Verbesserungen bei der Erwerbsminde-rungsrente: Vorgesehen ist die Verbesse-rung der Berechnungsgrundlagen. Darüber hinaus werden die für alle vorzeitigen Rentenzugänge geltenden Abschläge bei Erwerbsminderung abgeschafft, weil hier der Rentenzugang krankheitsbedingt und nicht frei gewählt ist. Die Abschläge belasten die Renten mit durchschnittlich 77 Euro monat-lich. Zusätzlich wird die Verbesserung der Zurechnungszeiten volle Erwerbsminderungsrenten im Schnitt um 45 Euro im Monat erhöhen. Erleichterte Möglichkeiten für Zusatzbeiträge an die Rentenversicherung werden dazu dienen, gerade in stark belastenden Tätigkeiten den Zeitpunkt für den Renteneintritt flexibler zu gestalten. Die Rente mit 67 bleibt ausgesetzt: Die Anhebung des Renteneintrittsalters ist erst dann möglich, wenn die rentennahen Jahrgänge, also die 60 – 64-jährigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, mindestens zu 50% sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind.

Für eine solide Finanzierung

Die Finanzierung erfolgt durch den Aufbau einer Demografiereserve in der gesetzlichen Rentenversicherung, die die vorgesehene Beitragssatzentwicklung vorwegnimmt. Dies bedeutet, ein moderates stetiges Ansteigen des Beitragssatzes auf 22% wie auch das Modell des DGB es vorschlägt. Das sind jedes Jahr 2,60 Euro mehr Beitrag für den Durchschnittsverdiener. Die Ausgaben für die Solidarrente werden aus Steuern finanziert.

CDU/ CSU und FDP kritisieren die angeblich zu hohen Kosten. Wir wären aber keine Sozialdemokraten, wenn uns die Bekämpfung von Altersarmut und die Aufrechterhaltung eines ausreichenden Lebensstandards im Alter nicht die einzusetzenden Mittel Wert wären. Was den Menschen dient, muss immer im Vordergrund stehen und hilft der sozialen Marktwirtschaft.
Uns muss klar sein, dass die demografisch bedingten und die vom Wandel der Arbeitswelt verursachten Veränderungen ohnehin einen erheblichen finanziellen Mehraufwand verursachen werden, wenn wir den Menschen in Zukunft einen auskömmlichen Ruhestand ermöglichen wollen. Das kann keine Reform ändern! Tun wir nichts, wird uns die Realität in Form von steigenden Aufwendungen für die Grundsicherung im Alter und wachsender sozialer Ungleichheit einholen.

Unsere Argumente

Unsere Pläne bleiben nicht bei Änderungen in der gesetzlichen Rente stehen, sondern reichen vom Arbeitsmarkt bis zur Verbesserung der betrieblichen Alterssicherung. Die gesetzliche Rentenversicherung ist der falsche Ort, um die Probleme auf dem Arbeitsmarkt dauerhaft zu korrigieren. Ohne gute Arbeit und die Bekämpfung von Erwerbsarmut kann im Ruhestand weder der Lebensstandard gesichert noch Altersarmut verhindert werden. Die politischen Mitbewerber ignorieren dies. Sie schüren zwar Angst vor Altersarmut, behandeln aber nur Symptome und auch dies nur unzureichend. Die sogenannte Lebensleistungsrente nach Plänen der Bundesregierung verdeutlicht deren Ignoranz: Nur 2% der Geringverdiener dürften nach dem Modell der CDU/CSU Verbesserungen in Höhe von 10 bis 15 Euro über dem Grundsicherungsniveau erwarten. Das hilft nicht, stellt aber die gesetzliche Rentenversicherung in Frage und bringt sie um ihre Akzeptanz.

Wir müssen sobald wir in Regierungsverantwortung sind, die Probleme auf dem Arbeitsmarkt anpacken. Nur mit der Bekämpfung von Erwerbsarmut können wir auch Altersarmut aus Deutschland fernhalten. Dennoch sind oder waren schon jetzt viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer prekär beschäftigt oder von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen. Wir bessern daher diejenigen Renten auf, die bereits von negativen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt erfasst worden sind. Langfristig müssen wir die gesetzliche Rentenversicherung zur Erwerbstätigenversicherung ausbauen, das stärkt deren finanzielle Basis, hilft dabei Beitrag und Leis-tung in einem angemessenen Verhältnis zu halten und stärkt die Solidarität.
Wir setzen Maßstäbe für die zukünftige Alterssicherung. Die politischen Mitbewerber werden es schwer haben, dem etwas Gleichwertiges entgegenzusetzen. Ihnen fehlt das klare Bekenntnis zur gesetzlichen Rentenversicherung, daher vermögen auch ihre „Rezepte“ nicht zu helfen.

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Bundeshaushalt 2013

Ein schwarz-gelbes Dokument verpasster Chancen

Der Deutsche Bundestag hat am 23. November mit den Stimmen der Regierungskoalition das Haushaltsgesetz für 2013 verabschiedet. Es erweist sich als Dokument verpasster Chancen, auch weil die Neuverschuldung viel geringer hätte ausfallen können.

Mit großen Ankündigungen ist die Regierung von Angela Merkel in die Haushaltsberatungen 2013 gestartet – und wieder einmal hart gelandet. Im nächsten Jahr wird die Koalition neue Schulden von 17,1 Milliarden Euro aufnehmen. Das sind zwar 1,7 Milliarden Euro weniger als im Regierungsentwurf geplant. Jedoch hätte die Neuverschuldung allein aus automatischen Haushaltsverbesserungen gegenüber dem Regierungsentwurf um rund 3 Milliarden Euro auf 15,8 Milliarden Euro sinken müssen.

Die Koalition hat mit Buchführungstricks Einnahmen aus der Privatisierung von Bundesvermögen von 2012 nach 2013 verschoben und sich so 1,1 Milliarden Euro zusätzlich gesichert. Weitere 500 Millionen Euro entnimmt Schwarz-Gelb aus dem Gesundheitsfonds und 320 Millionen Euro aus der Rentenkasse, indem der Rentenbeitrag auf 18,9 Prozent gesenkt wird. Im Jahr 2014 verschiebt die Koalition sogar weitere 2 Milliarden Euro aus dem Gesundheitsfonds in den Haushalt.

Die Merkelsche Plünderung der Nachhaltigkeits- und Sicherungsreserve unserer sozialen Sicherungssysteme verschiebt damit Belastungen in die Zukunft – eine verantwortungslose und kurzsichtige Politik. Der Griff in die Sozialkassen bei Rente und Gesundheit zehrt Polster für schlechtere Zeiten auf. Sogar vor den Gewinnen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) macht diese Bundesregierung nicht Halt. Die Förderbank des Bundes und der Länder hat den Auftrag, wichtige Wirtschaftsförderungsprogramme zu verwirklichen; herausragende Beispiele sind das CO2-Gebäudesanierungsprogramm oder der altersgerechte Umbau von Wohnungen. Es war unter anderem die KfW, die in den Krisenjahren 2009 und 2010 eine Kreditklemme in Deutschland verhinderte.

Dabei konnte die Bundesregierung bereits im Jahr 2012 knapp 4,5 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen verbuchen und sparte knapp 4,3 Milliarden Euro an Zinsausgaben – ein Trend, der sich, etwas schwächer, im nächsten Jahr noch fortsetzen wird. Allein durch Nichtstun könnte die Neuverschuldung also um eine weitere Milliarde sinken. Hinzu kommt: Das so genannte Sparpaket aus dem Jahr 2010 wurde bestenfalls zur Hälfte in die Tat umgesetzt, wobei die entsprechenden Einschnitte überwiegend die Arbeitslosen und Menschen mit niedrigen Einkommen treffen.

Trotz steigender Staatsverschuldung nutzt Wolfgang Schäuble die Zinsausgaben als Konsolidierungsrendite, ohne Vorsorge für die Zukunft zu treffen. Gegenüber den geplanten Zinsausgaben im ersten Finanzplan unter seiner Verantwortung beträgt die Differenz inzwischen fast 11 Milliarden Euro. Durch die verstärkte Vergemeinschaftung von Schulden in der Eurozone über die Europäische Zentralbank (EZB), werden auch für Deutschland die Refinanzierungskosten am Kapitalmarkt zukünftig steigen.

In den parlamentarischen Beratungen hat sich gezeigt, dass der Koalition für strukturelle Maßnahmen die politische Kraft fehlt. Nur Tricksereien helfen der schwarz-gelbe Regierung, in die Nähe der eigenen Ziele zu gelangen. Gleichzeitig beschließt die Regierungskoalition zusätzliche Ausgaben für Wahlgeschenke und unsinnige neue Leistungen wie das Betreuungsgeld. Einige Ausgaben, z. B. für Raddampfer und Militärmuseen, läuten den Wahlkampf ein.

Gerade weil Bundeskanzlerin Merkel und Bundesfinanzminister Schäuble die Euro-Mitgliedstaaten stets zu größeren Konsolidierungsanstrengungen mahnen, hätten sie mit gutem Beispiel vorangehen und den Bundeshaushalt auf solide Füße stellen müssen. Bundesfinanzminister Schäuble wird in seiner Amtszeit insgesamt etwa 120 Milliarden Euro an neuen Schulden hinterlassen. Allein diese „Schäuble-Schulden“ erfordern jährliche Zinszahlungen von über 2 Milliarden Euro, das sind knapp 6 Millionen Euro Steuergelder pro Tag, die im nächsten Jahr an Finanzinvestoren gezahlt werden müssen und für die Zukunft Deutschlands, für Bildung und Infrastruktur, fehlen.

Konsolidierungspolitik ist dann erfolgreich, wenn sie auf drei starken Säulen gründet: Einnahmeverbesserungen, Ausgabenkürzungen und ein solides Wirtschaftswachstum. Diese qualitative Konsolidierungspolitik muss prägend für den Bundeshaushalt 2013 und Leitmotiv für die kommenden Jahre der Finanzplanung sein.

Die SPD hat mit ihrem Finanzierungskonzept „Nationaler Pakt für Bildung und Entschuldung. Wir denken an Morgen!“ einen soliden Plan für einen strukturell ausgeglichenen Haushalt mit einer deutlich geringeren Neuverschuldung in Höhe von nur 7,8 Milliarden Euro für 2013 vorgelegt. Gezieltes, nachhaltiges Wachstum bleibt der beste Garant für solide Staatsfinanzen. Dazu braucht es Wachstum durch gezielte Investitionen und aktive Konjunkturpolitik. Der Bildungs- und Forschungsstandort Deutschland muss ausgebaut werden. Die wirtschaftlichen Ungleichgewichte zwischen den Euro-Mitgliedstaaten müssen auch dadurch bekämpft werden, dass die Binnennachfrage in Deutschland gesteigert wird. Das geht am besten, indem für gerechte Arbeit auch ein gerechter Lohn gezahlt wird, sichergestellt durch die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde.

Für eine sozial ausgewogene und gerechte Konsolidierungspolitik

Mit unserem Finanzierungskonzept wird Deutsch-land über einen Zeitraum von fünf Jahren zukunftsfähiger. Das Konzept umfasst den wirtschafts- und sozialverträglichen Abbau von Subventionen, die Modernisierung der Verwaltung sowie eine moderate Erhöhung der Steuerbelastung für sehr hohe Einkommen und Vermögen. Denn nur solidarisch werden wie den Wendepunkt in Deutschland hin zu Zukunftsausgaben und Entschuldung schaffen, und dazu gehört, dass starke Schultern mehr auf diesem Weg tragen. Wir machen uns ehrlich.
Neben Mitteln für Zukunftsinvestitionen wirkt die SPD so auch der wachsenden Ungleichheit in Deutschland entgegen. Nur eine sozial ausgewogene und gerechte Konsolidierungspolitik wird in der Bevölkerung akzeptiert werden. Auch bei Abbau von Schulden muss das Prinzip der Solidarität gelten: Starke Schultern müssen auch hier mehr Lasten tragen als schwache. Außerdem sorgen wir für die Kommunen. Sie sind Lebensmittelpunkt der Bürgerinnen und Bürger und sorgen für die wichtigsten öffentlichen Güter. Aufgrund der angespannten kommunalen Finanzlage ist zu befürchten, dass Schulen nicht saniert, Bibliotheken und Schwimmbäder geschlossen werden müssen und öffentliche Einrichtungen ihre Funktionen nicht mehr hinrei-chend erfüllen können. Deshalb sieht das SPD-Finanzierungskonzept eine Verbesserung der kommunalen Finanzen vor. Einerseits werden die Einnahmen gestärkt, andererseits übernimmt der Bund stufenweise die Kosten für die Grundsiche-rung im Alter. Insgesamt stehen den Kommunen damit knapp 6,4 Milliarden Euro im ersten Jahr, in dem das Konzept wirkt, zur Verfügung, die im vierten Jahr auf etwa 9 Milliarden Euro aufwachsen
Zugleich sieht das Konzept Maßnahmen für aktive Wachstums- und Konjunkturpolitik vor. Aufsteigend ab dem Jahr 2013 werden 2 Milliarden Euro jährlich zusätzlich in Bildung investiert und 3 Milliarden Euro pro Jahr ab 2013 für zusätzliche Investitionen in die Energiewende, in Infrastruktur und Forschung.

Wir wissen: Die Zukunft Deutschlands liegt in guten Kitas, Schulen und Hochschulen. In guter Infrastruktur, in der Förderung von Investitionen für unsere kleinen und mittleren Unternehmen des Mittelstands und im Schuldenabbau, damit das Geld nicht länger für Zinsen ausgegeben werden muss.

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Berlin Depesche Nr. 73

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Steinbrück-Papier Finanzmärkte

SPD geht in der Frage der Bändigung des Finanzsektors in die Offensive

Am 26. September hat Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück sein Konzept zur „Bändigung der Finanzmärkte“ vorgelegt. In dem 30-Seiten-Papier greift er die Bundesregierung scharf an: Kanzlerin Merkel agiere „im Zeitlupentempo“ und tue nichts, um eine neue Weltfinanzkrise zu verhindern. Er legt konkrete Vorschläge vor, welche Maßnahmen angesichts der Herausforderungen zu tätigen sind. SPD-Chef Sigmar Gabriel begrüßte Steinbrücks Thesen: “Hier zeigt sich klar, wofür die SPD steht: Die Bundestagswahl 2013 wird zur Entscheidung über die Bändigung des Banken- und Finanzsektors.”

„Die Finanzmärkte haben Maß und Mitte verloren“, kritisiert Steinbrück im Vorwort seines Papiers. Aus der letzten Finanzkrise hätten weder die Bundesregierung noch die Finanzmärkte gelernt: „Die Gewinne von Banken befinden sich nach einem Einbruch nahezu wieder auf Vorkrisenniveau. Die Dividendenausschüttungen verzeichneten ohnehin kaum einen Rückgang.“ Hinzu kämen „individuelle Verfehlungen und Exzesse bis hin zu schlicht kriminellem Verhalten Einzelner: Einige Banken manipulieren Zinsen für Geschäfte untereinander, um zusätzliche Gewinne generieren zu können, einige fördern sogar Steuerbetrug oder zählen kriminelle Organisationen oder politisch fragwürdige Regime zu ihren Geschäftspartnern.“

Die Finanzkrise habe „sehr viel mehr gekostet als Geld“, so der SPD-Politiker weiter: „In den Augen vieler Bürger verletzt sie Gerechtigkeitsgebote und den Sinn für Maß und Mitte. Sie wenden sich ab, weil sie den Eindruck haben, dass die Politik nur noch getrieben und erpressbar ist.“ Dabei dürfe sich auch die Politik nicht aus der Verantwortung für den Vertrauensverlust der Bürger in das Finanzsystem stehlen, so Steinbrück: „Die Politik wird sich eingestehen müssen, dass manch Missstände und Fehlentwicklungen nicht zuletzt auf ihr Zusammenwirken mit Banken oder Fehlanreize für Banken zurückzuführen sind.“ Das gelte u.a. „für die Ideologie der Deregulierung, die Politik des ‚billigen Geldes’, die wirtschaftspolitische Förderung eines hemmungslosen Baubooms wie in Spanien“.

Ihm gehe es „um die Herstellung eines neuen Gleichgewichtes zwischen Eigeninteressen und Gemeinwohl“ so der Ex-Finanzminister. „Politik hat die Aufgabe, einerseits die Funktionsfähigkeit von Finanzmärkten und ihre Dienstleistungsrolle gegenüber der Realwirtschaft und Privatkunden zu gewährleisten. Sie hat andererseits die Aufgabe, die Verpflichtung aller Marktteilnehmer auf das Gemeinwohl durchzusetzen.“

Konkret fordert Steinbrück:

Geschäfts- und Investmentabteilungen von Großbanken wie der Deutschen Bank sollen strikt getrennt werden. Die beschlossene Finanztransaktionssteuer (Spekulationssteuer) müsse „frühzeitig europaweit eingeführt werden mit einer breiten Bemessungsgrundlage und Steuersätzen von 0,1 % für den Handel mit Anteilen und Anleihen bzw. 0,01 % für den Handel mit Derivaten“. Banken sollen wieder Pleite gehen können, statt mit Milliarden vom Staat gerettet zu werden. Ein Bankenfonds soll die „Abwicklung“ von Pleitebanken regeln. Dieser europaweite Restrukturierungsfonds, eine Art Banken-ESM, soll nicht aus Steuergeld sondern von den Banken selbst errichtet wird, um systemrelevante Banken im Notfall zu retten. Sparkassen und Genossenschaftsbanken sollen dagegen auf ihre bewährten Haftungssysteme zurückgreifen dürfen. Schattenbanken (Zweckgesellschaften, Geldmarktfonds, Investmentfonds wie Hedge-Fonds und Private-Equity-Fonds oder Finanzierungsgesellschaften) sollen ebenso strikt kontrolliert werden wie normale Banken. Spekulationen mit Derivaten (Marktvolumen weltweit: 500 Billionen Euro) sollen schärfer überwacht und weitestgehend auf kontrollierte Marktpartner (z.B. Börsen) beschränkt werden. Banken und Schattenbanken sollen Spekulationsgeschäfte auf Rohstoffe (Agrarrohstoffe, Nahrungsmittel und Energierohstoffe) verboten werden. Der Handel mit Kreditderivaten und Leerverkäufe sollen ebenfalls verboten werden. Der Hochfrequenzhandel mit Wertpapieren (Kauf und Verkauf binnen Millisekunden) soll so weit wie möglich unterbunden werden. Die Einrichtung einer europäischen Ratingagentur soll die Marktmacht privat wirtschaftender US-Ratingsfirmen beschränken, deren Herabstufungen ganze Länder an den Rand des Ruins treiben können. Die Beleihung von Immobilien soll auf 80 Prozent des Immobilienpreises begrenzt werden, um Immobilienblasen wie in den USA zu verhindern. Bonus-Zahlungen an Bankmanager sollen gesetzlich begrenzt und an den langfristigen Erfolg der Geldinstitute gekoppelt werden . Eine Europäische Bankenaufsicht unter dem Dach der Europäischen Zentralbank (EZB) soll sämtliche Großbanken kontrollieren. Die EZB soll dazu Personal aus nationalen Bankenaufsichten (Bundesbank, BaFin) unterstellt bekommen und gegenüber nationalen Behörden weisungsbefugt sein. Lediglich kleine und mittlere Banken sollen weiter einer nationalen Aufsicht unterstehen.

Steinbrücks Resümee: „Banken sind Dienstleister und keine Zockerbuden, die mit fremder Leute Geld hohe Einsätze wagen, um unter Vernachlässigung der Interessen ihrer Kunden und ihrer Eigenkapitalbasis extreme Renditen zu erzielen, die in Form von Boni an das Management und in Form von Dividenden an die Aktionäre fließen.“

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