Artikel der Kategorie Berlin Depesche

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Interview zur Bundestagswahl

Welche Bilanz ziehst Du nach vier Jahren schwarzgelber Bundesregierung?

Es waren verlorene Jahre. Innenpolitisch hat uns keine Entscheidung dieser Koalition nach vorne gebracht. Im Gegenteil: Klientelpolitik wie überflüssige Steuerentlastungen für Hoteliers oder familienpolitisch unsinnige Maßnahmen wie das Betreuungsgeld haben uns ebenso zurückgeworfen wie eine katastrophal gemanagte Energiewende. Hinzu kommen drastische Kürzungen bei der Arbeitsmarktpolitik und bei den Mitteln für Städtebauförderung. Ansonsten hat diese Koalition nichts vorzuweisen außer der ewigen Zerstrittenheit in wichtigen Fragen, die zum politischen Stillstand führt.

Aber wirtschaftlich steht Deutschland im europäischen Vergleich recht gut da?

Das hat aber am wenigsten mit Entscheidungen dieser Regierung zu tun. Welche sollten das sein? Deutschland hat sich unter Rot-Grün modernisiert. Und in der Großen Koalition hat die SPD in der Finanzkrise mit den Konjunkturprogrammen und dem Kurzarbeitergeld die entscheidenden Konzepte geliefert, von denen wir heute profitieren, gerade auch am Arbeitsmarkt. Im Übrigen war es richtig, dass wir Sozialdemokraten immer dafür eingetreten sind, Deutschland als Industriestandort zu sichern und nicht einseitig auf die Dienstleistungsbranche oder gar den Finanzsektor zu setzen. Das hat sich in der Krise ausgezahlt.

Wo will die SPD nach der Bundestagwahl andere Akzente setzen?

Wenn Deutschland seine Zukunftschancen wahren will, dürfen wir uns nicht weiter so durchwursteln wie unter dem Gespann Merkel-Rösler. Die Herausforderungen liegen auf der Hand: Die Chancen in unserer Gesellschaft sind ungleich verteilt. Wenn die Menschen das Gefühl haben, es geht letztlich nur um die wirtschaftlichen Interessen Weniger, droht das den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu gefährden. Großstädte ächzen unter hohen Soziallasten und zu geringen Einnahmen. Und bei der Infrastruktur leben wir von der Substanz. Auch wirtschaftlich werden wir letztlich nur erfolgreich sein, wenn wir mehr in Bildung, eine bessere Infrastruktur und in die Kommunen investieren.

Was heißt das konkret?

Die SPD will, dass der Bund und die Länder insgesamt 20 Milliarden Euro mehr für Bildung bereitstellen. Im OECD-Vergleich ist Deutschland bei den Pro-Kopf-Ausgaben allenfalls Mittelmaß. Bei uns hängen mehr als in anderen Ländern die Berufschancen von Kindern stark von der Vorbildung und dem wirtschaftlichen Status der Eltern ab. Das muss sich ändern – durch kleinere Klassen, bessere Betreuungsmöglichkeiten und zusätzliche Ganztagsschulangebote. Das würde zugleich die Chancen von Frauen erhöhen, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Uns ist es besonders wichtig, Familien zu stärken. Für sie muss mehr getan werden.

Und im Bereich der Infrastruktur?

In Deutschland sind schon alleine 320 Brücken stark renovierungsbedürftig, von den Straßen ganz zu schweigen. Deshalb müssen wir bereits für den Erhalt der Verkehrswege zusätzliche Mittel organisieren und klare Prioritäten setzen.

Wie soll das alles finanziert werden?

Bereits 2011 hat die SPD ein Steuer- und Finanzkonzept vorgelegt, das solide gerechnet ist und nun im Wesentlichen Bestandteil unseres Regierungsprogramms wurde. Im Gegensatz zu anderen Parteien machen wir nicht nur Wahlversprechen, wir sagen auch, wie sie zu finanzieren sind. Nämlich durch eine vertretbare Mehrbelastung  hoher Einkommen und Vermögen, die niemanden zwingen wird, weniger zu konsumieren. Von der Erhöhung der Einkommenssteuer werden nur 5 Prozent der Steuerpflichtigen überhaupt betroffen sein. Daneben werden wir die Steuerentlastungen für Hoteliers sowie das Betreuungsgeld wieder abschaffen. Letzteres werden wir in neue Kitas umlenken. Denn klar ist: Wir wollen nichts auf Pump finanzieren, sondern solide haushalten.

Kommen wir zur Arbeit als Abgeordneter: Was sind Deine persönlichen Arbeitsfelder in Berlin?

Meine Schwerpunktthemen sind Wirtschaft, Medien und Netzpolitik. Zum Bespiel bin ich medienpolitischer Sprecher meiner Fraktion, stellvertretender Wirtschaftsausschussvorsitzender und Mitglied im Beirat unserer Regulierungsbehörde Bundesnetzagentur, die sich in besonderer Weise mit dem Netzausbau beschäftigt. Seit vielen Jahren befasse ich mich mit dem Breitbandausbau und habe hier für die SPD umfangreiche Konzepte erarbeitet, wie

wir „Schnelles Internet für alle“ sichern können. Da hat Deutschland einen großen Nachholbedarf, weshalb ich dankbar bin, dass Peer Steinbrück dies immer wieder prominent anspricht. Und gerade im Medienbereich haben wir es durch die Digitalisierung und den zunehmenden Einfluss des Internets mit einer radikalen Umbruchsituation zu tun, für die wir auch politische Rahmenbedingungen verändern müssen. Insofern gehen die von mir verantworteten Themen ineinander über. Das finde ich besonders spannend.

Welche Rolle spielt der Kölner Wahlkreis angesichts zahlreicher Sitzungswochen in Berlin?

Eine große. Ohne eine starke Verankerung in Köln könnte ich meine Tätigkeit als Abgeordneter gar nicht vernünftig ausfüllen. Gerade weil ich bislang immer direkt gewählt wurde, empfinde ich es als meine besondere Verantwortung, für die Menschen ansprechbar zu sein. Deshalb unterhalte ich gleich drei Bürgerbüros, in denen ich regelmäßig Sprechstunden durchführe und auch mein Mitarbeiterteam mit Rat und Tat zur Seite steht. Und natürlich halte ich den ständigen Kontakt mit Vereinen, Kommunalpolitikern sowie wichtigen Betrieben und Einrichtungen. Da kann ich immer wieder mal ganz konkret helfen.

Welche Projekte oder Entscheidungen wollen Sie für Köln voranbringen?

Gerade eine Großstadt wie Köln ist dringend darauf angewiesen, dass wir als Bund die Kommunen finanziell entlasten, etwa bei Sozialausgaben, und gleichzeitig mehr Mittel für Bildungsmöglichkeiten, Betreuungseinrichtungen und eine gute Infrastruktur zur Verfügung stellen. So müssen beispielsweise die Städtebaumittel wieder auf das Niveau aufgestockt werden, das sie unter Rot-Grün erreicht hatten. Bei der Verkehrsinfrastruktur ist der Ausbau des Bahnknotens Köln von besonderer Bedeutung, um die zukünftigen Personen- und Güterverkehrsströme bewältigen zu können.

Wie viel Zeit bleibt einem Abgeordneten eigentlich noch für die Familie und sein privates Umfeld?

Definitiv viel zu wenig! Bei einer 70-Stundenwoche und zahlreichen Wochenendterminen wird der Spielraum eigentlich von Jahr zu Jahr immer enger. Es ist schon befremdlich, wenn man manchmal Freunden Terminvorschläge in zwei Monaten anbieten muss, wenn nicht doch noch etwas dazwischen kommt. Zudem wird durch die neuen Kommunikationsmöglichkeiten eine ständige Überallerreichbarkeit vorausgesetzt. Dieser Erwartung kann man sich kaum entziehen.

Was reizt Dich offenbar dennoch an der Abgeordnetentätigkeit?

Ich empfinde mich als durch und durch politischen Menschen und habe mich schon seit meiner Jugend besonders für bundespolitische Themen interessiert. Insofern gibt es für mich nichts spannenderes, als Parlamentarier zu sein. Zumal man immer mit vielen und ganz unterschiedlichen Menschen zu tun hat. Das macht mir einfach Spaß.

Und deshalb trittst Du wohl auch wieder an. Was erhoffst Du dir von der Bundestagswahl am 22. September?

Ein klares Votum für einen Wechsel zu Rot-Grün und damit zu einer gerechteren Politik, die alle Menschen mitnimmt und die Potenziale unseres Landes nicht brachliegen lässt. Und für mich persönlich natürlich ein gutes Erststimmenergebnis, damit ich Köln auch weiterhin im Bundestag vertreten kann. Es gibt noch viel zu tun!

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Zur Bundestagswahl

Standpunkt aus Berlin Depesche Nr. 77

Ein besseres Land kommt nicht von alleine

Vier Jahre schwarz-gelbe Bundesregierung waren verlorene Jahre für Deutschland. Innenpolitisch hat uns keine Entscheidung dieser Koalition wirklich nach vorne gebracht. Im Gegenteil. Klientelpolitik wie bei der Hoteliersteuer oder familienpolitisch unsinnige Maßnahmen wie das Betreuungsgeld haben uns ebenso zurückgeworfen wie eine katastrophal gemanagte Energiewende. Und groß angekündigte Wahlversprechen wie eine nachhaltige Steuersenkung wurden nicht eingehalten.

Auch für die Zukunft fehlt es Schwarz-Gelb an Visionen und Glaubwürdigkeit. Das Wahlprogramm der Union ist ein Sammelsurium leerer Versprechungen. Alles steht unter Finanzierungsvorbehalt. Es kommt also nicht. Denn trotz Rekordsteuereinnahmen hat diese Regierung 100 Milliarden neue Schulden aufgenommen. Wen will man also noch hinters Licht führen?

Bei der Bundestagswahl am 22. September geht es darum, ob die Merkel-Regierung sich weiter durchwursteln und Probleme aussitzen kann. Die Wählerinnen und Wähler haben es in der Hand, dies zu verhindern und einen Politikwechsel zu unterstützen. Ein besseres Land kommt nicht von alleine! Deshalb kämpft die SPD für ein rot-grünes Reformbündnis.

Die SPD will dafür sorgen, dass die Lasten in unserem Land wieder gerecht verteilt werden, damit die Gesellschaft wieder ins Gleichgewicht kommen kann. Wir brauchen mehr Investitionen in eine öffentliche Infrastruktur, die allen Bevölkerungsgruppen Teilhabe ermöglicht. Das soll aber nicht auf Pump finanziert werden, sondern aus realen Einnahmen. Wir haben hierfür ein ehrliches Finanzierungskonzept vorgelegt. Neben der Rücknahme unsinniger Steuergeschenke von Schwarz-Gelb sowie unökologischer Subventionen brauchen wir mehr Einnahmen des Staates. Dazu beitragen wird ein allgemeiner und flächendeckender Mindestlohn ebenso wie ein gerechtes Steuersystem, das ganz hohe Einkommen ein Stück weit mehr belastet. Für 95 Prozent der Steuerzahler wird sich hierdurch nichts ändern.

Wir brauchen mehr Investitionen in Bildung, Verkehrsinfrastruktur und Kommunen, damit unser Land seine Zukunftschancen wahren und sozialen Zusammenhalt organisieren kann. Mehr Menschen mit einer guten Ausbildung bedeuten ein besseres Leben für alle, auch in der Zukunft. Darum fordern wir mehr Geld für Bildung: zusätzliche Kitas, bessere Schulen und mehr Lehrerinnen und Lehrer.

Wir brauchen zusätzliche Ganztagsbetreuung, damit alle Kinder gleiche Startchancen haben und mehr Frauen in die Lage versetzt werden, Familie und Beruf miteinander zu verbinden. Das stärkt auch die deutsche Wirtschaft, die zunehmend Probleme haben wird, ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte zu bekommen.

Der Solidargedanke in den sozialen Versicherungssystemen muss wieder gestärkt werden: durch eine Bürgerversicherung bei Gesundheit und Pflege und die Einführung einer Solidarrente von 850 Euro als Mindestabsicherung für langjährig Versicherte.

In der Finanzwelt ist einiges aus dem Lot geraten. Es muss Schluss sein, dass immer nur die Steuerzahler haften. Deshalb brauchen wir strengere gesetzliche Regeln und Kontrollen, eine Steuer auf Finanzgeschäfte und die Finanzierung von Bankenrettungsfonds durch die Banken selbst.

Auch bei diesen Themen verschleppt die Bundesregierung wichtige Entscheidungen. Und sie lässt die zahlreichen arbeitslosen Jugendlichen in Europa im Stich, weil sie zu wenig für Wachstum und die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit unternimmt.

Es ist Zeit, dass sich etwas bewegt!

 

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Berliner Tagebuch

Um einen Einblick in die Arbeit eines Abgeordneten in Berlin zu geben, schildere ich nachfolgend den Ablauf der Sitzungswoche vor der parlamentarischen Sommerpause.

Montag, 24. Juni

8:30 Uhr: Flug von Köln nach Berlin. Heute tagt der Beirat der Bundesnetzagentur, der Regulierungsbehörde für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen. Dort bin ich als einer der Vertreter des Bundestages Mitglied.

10:15 Uhr: Vorbesprechung der Beiratsmitglieder der SPD

11:00 Uhr: Beirat der Bundesnetzagentur. Fast die ganze Sitzung werden Telekommunikationsthemen behandelt, für die ich innerhalb der SPD federführend bin. Es geht um Breitbandausbau und um das neue Tarifmodell der Telekom, das öffentlich heiß diskutiert wird. Hierzu hatte ich den Präsidenten der „BNetzA“ mit zahlreichen Fragen angeschrieben, die ausführlich beantwortet wurden.

13:00 Uhr: Unterausschuss „Neue Medien“. Zunächst gibt die Bundesregierung einen Bericht zu „Prism“ ab, mit dem der US-Amerikanische Nachrichtendienst NSA in vielen Ländern Daten ausspioniert hat. Es bleibt unklar, was die Regierung wirklich gewusst hat. Anschließend führen wir mit Experten ein öffentliches Fachgespräch zum Thema Netzneutralität. Dabei wird deutlich, dass der vom Bundeswirtschaftsministerium vorgelegte Verordnungsentwurf mehr Fragen aufwirft als Antworten zu geben.

15:00 Uhr: Bürobesprechung mit meinen Mitarbeitern Stefan Stader und Matthias Dahlke. Wir gehen die Sitzungswoche durch und klären einige Terminanfragen.

16:30 Uhr: Vorstand der SPD-Bundestagsfraktion.
Ich melde mich gleich nach den einleitenden Worten von Frank-Walter Steinmeier zu Verbesserungsmöglichkeiten beim Bundestagswahlkampf.

18:00 Uhr: Sondersitzung der SPD-Fraktion. Unsere drei Matadore Peer Steinbrück, Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier schwören in guten Reden die Fraktion auf den Wahlkampf ein.

19:00 Uhr: Sommerfest des Bundesverbandes Informati-onswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM). Zwischen zwei Terminen reicht es immerhin für einige kurze Gespräche. Olaf Scholz ist auch dabei.

20:00 Uhr: NRW-Landesgruppe der SPD-Fraktion mit Norbert Römer, dem Vorsitzenden der Landtagsfraktion.

Dienstag, 25. Juni

9:00 Uhr: Sondersitzung des Bundestages mit einer Regierungserklärung zur Hochwasserkatastrophe. Bund und Länder haben sich bezüglich der Finanzierung der Hochwasserhilfe geeinigt.

11:15 Uhr: SPD-Arbeitsgruppe Wirtschaft und Technologie. Wir bereiten die nächste Ausschusssitzung vor.

13:15 Uhr: SPD-Arbeitsgruppe Kultur und Medien. Zu Gast ist heute Oliver Scheytt, der im Kompetenzteam von Peer Steinrück für den Bereich Kultur zuständig ist.

14:30 Uhr: SPD-Fraktionssitzung. Das komplette Kompetenzteam Peer Steinbrücks nimmt teil, die zuletzt be-nannten stellen sich kurz vor. Anschließend gehen wir die Plenarthemen dieser Woche durch. Zwischendurch können die Fraktionsmitglieder ein Foto mit dem Kanzler-kandidaten machen. Peer ist gut drauf…

18:00 Uhr: Hoffest der SPD-Fraktion. Am Haus der Kulturen, landläufig „Schwangere Auster“ genannt, feiern wir unser traditionelles Fest vor der Sommerpause. Abgeordnete, Mitarbeiter/innen, viele Sozialdemokraten aus den Ländern und andere Gäste tauschen sich aus. Peer Steinbrück hält eine mitreißende Rede, in der er überzeugend seinen Siegeswillen zeigt und alle anwesenden Sozialdemokraten für den Wahlkampf motiviert.

Mittwoch, 26. Juni

8:45 Uhr: Obleuterunde Wirtschaftsausschuss. An der vorbereitenden Sitzung für den Ausschuss nehmen die Sprecher bzw. Obleute der Fraktionen teil, daneben Ernst Hinsken (CSU) als Vorsitzender und ich als sein Stellvertreter.

9:15 Uhr: Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie. Zu Beginn haben wir Experten eingeladen, um mehr über die Auswirkungen der Flutkatastrophe zu erfahren. Danach sprechen wir mit dem DGB-Vorsitzenden Michael Sommer. Er wirbt nachdrücklich für einen gesetzlichen Mindestlohn und zeigt sich hin-sichtlich der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung skeptisch. Wir haben heute eine Rekordzahl von Tagesordnungspunkten, deshalb werden die meisten Anträge ohne Debatte abgestimmt.

13:30 Uhr: Bürobesprechung. Mit meinen Mitarbeitern gehe ich aktuelle Anfragen und Vorgänge durch.

14:30 Uhr: Telefonkonferenz mit meinem Wahlkreisbüro in Köln. Wir stimmen Termine und Veranstaltungen ab. Anschließend arbeite ich einige Diktate ab.

17:30 Uhr: Gespräch mit Forsa-Chef Prof. Güllner. Ich kenne ihn aus früheren Kölner Tagen, als er noch Leiter des Statistischen Amtes der Stadt Köln war.

19:00 Uhr: Unitymedia Sommerfest. Die halbe TK-Branche scheint hier versammelt. Man geht hin, um sich auszutauschen. Und tatsächlich: ich erhalte eine sehr hilfreiche Informationen von einem Regierungsvertreter.

20:00 Uhr: „Bewegung jetzt“. Treffen einer neuen rot-grünen Initiative zur Bundestagswahl. Ein Manifest mit 10 Punkten wird vorgestellt. Die meisten rot-grünen Spit-zenkräfte von Partei und Fraktion sowie viele Unterstützer/innen sind gekommen, um ein Zeichen für den notwendigen Politikwechsel in Deutschland zu setzen.

Donnerstag, 27. Juni

7:30 Uhr: Parlamentarisches Frühstück. Von Vertretern der Deutschen Bahn AG werden wir über den Lärmschutz an Schienenwegen informiert.

9:00 Uhr: Regierungserklärung und Plenardebatte zum G8-Gipfel und zum Europäischen Rat. Das letzte Mal vor der Sommerpause kommt es zu einem parlamentarischen Schlagabtausch zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück. Die Kanzlerin hält mal wieder einen buchhalterischen Vortrag, der offensichtlich selbst die eigenen Leute eher ermüdet, einige gähnen auffallend oft. Dann kommt Peer. Er hat in den letzten Wochen einiges einste-cken müssen. Er kritisiert die weitgehende Tatenlosigkeit der Bundesregierung bei der Bekämpfung der europawei-ten Jugendarbeitslosigkeit sowie die horrenden Schulden, die die jetzige Regierung in den letzten vier Jahren ge-macht hat: „Sie können nicht mit Geld umgehen.“ Wir sind alle von der brillianten Rede und seinem souveränen Auftritt beeindruckt. Auch die Medien horchen auf. So einer kann Kanzler!
11:00 bis 23:00 Uhr: Büro und Plenum. Der heutige Tag hat es wieder in sich. Gleich zwei Bundestagsreden muss ich diktieren, die wegen der übervollen Tagesordnung leider nur zu Protokoll gehen. Darin geht es um unseren Gesetzentwurf für ein Presseauskunftsgesetz sowie um unseren Antrag zu Breitbandausbau und Netzneutralität. Zwischendurch einige Telefonate, Bürorücksprachen und immer wieder namentliche Abstimmungen, zu denen ich ins Plenum gerufen werde. Dazwischen:

20:00 Uhr: Netzwerktreffen mit Frank Stauss, der sein Buch „Höllenritt Wahlkampf“ vorstellt und alle mit geistreichen, witzigen Anmerkungen beeindruckt.

Freitag, 28. Juni
7:30 Uhr: Größerer Wohnungsputz vor der Sommerpause. Ordnung muss sein.

10:00 bis 15 Uhr: Büro. Den Vormittag verbringe ich fast ausschließlich mit dem Abarbeiten von Texten und Anfra-gen. Zwischendurch eine namentliche Abstimmung zum Betreuungsgeldgesetz. Wir wollen die „Herdprämie“ abschaffen und das Geld lieber in den Ausbau von Kita-plätzen stecken.

16:00 Uhr: Flug nach Köln. Ein Wochenende mit vielen Wahlkreisterminen steht vor der Türe.

 

 

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Netzneutralität und Breitbandausbau

Unter Federführung von Martin Dörmann hat die SPD-Bundestagsfraktion im Juni einen umfassenden netzpolitischen Antrag in den Bundestag eingebracht. Er hat den Titel „Netzneutralität und Diskriminierungsfreiheit gesetzlich regeln, Mindestqualitäten bei Breitbandverträgen sichern und schnelles Internet für alle verwirklichen“ (Drucksache 17/13892). Leider hat sich die Koalitionsmehrheit erneut wirksamen Maßnahmen verweigert.
Nachfolgend dokumentieren wir Auszüge der Bundestagsrede von Martin Dörmann vom 13. Juni:

Für die SPD Bundestagsfraktion ist es ein zentrales wirtschafts- und gesellschaftspolitisches Anliegen, die enor-men Chancen des Internets für alle zu sichern. Wir wollen gewährleisten, dass alle Menschen, Unternehmen und Regionen Zugang zu einer leistungsfähigen Breit-bandinfrastruktur und zu allen Inhalten haben. Einzelne Anbieter dürfen nicht diskriminiert werden und müssen gleichberechtigte Möglichkeiten haben, ihre Dienste und Anwendungen zu verbreiten. Es geht uns dabei um Teilhabe, die Sicherung von Meinungsvielfalt, fairen Wettbewerb und die Wahrnehmung wirtschaftlicher Chancen.

Mit dem von uns vorgelegten und heute diskutierten Antrag verfolgen wir im wesentlichen drei Ziele: Erstens wollen wir die Prinzipien von Netzneutralität und Diskriminierungsfreiheit gesetzlich festschreiben. Zweitens wollen wir Mindestqualitäten bei Breitbandverträgen sichern, auf die sich die Verbraucherinnen und Verbraucher berufen können. Und drittens wollen wir, dass schnelles Internet für alle endlich verwirklicht und der Breitbandausbau entschieden vorangetrieben wird. (…)

Die SPD-Bundestagsfraktion will die Gewährleistung von Netzneutralität als eines der Regulierungsziele im Tele-kommunikationsgesetz verbindlich regeln. Der Begriff soll im Sinne einer grundsätzlichen Gleichbehandlung und Diskriminierungsfreiheit bei der Durchleitung von Datenpaketen unabhängig von Inhalt, Dienst, Anwendung, Herkunft oder Ziel definiert werden. In der Sache geht es darum, das Verlangsamen, Benachteiligen oder Blockieren von Inhalten, Diensten oder Anbietern ohne hinreichenden sachlichen Grund zu verhindern. Mobilfunk und Festnetz sind dabei in der Frage der Netzneutralität gleich zu behandeln, sofern nicht zwingende technische Gründe ein unterschiedliches Netzwerkmanagement rechtfertigen.

Ein intelligentes Netzwerkmanagement kann auch im Festnetzbereich im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher sein und stellt nicht zwangsläufig einen materiellen Verstoß gegen Netzneutralität daher. Dies gilt allerdings nur, soweit es um das Ziel geht, die Funktions-fähigkeit der Netze zu sichern oder dafür zu sorgen, dass zeit- und qualitätskritische Dienste auch in Überlastungs-situationen in der erforderlichen Qualität bei den Endkunden ankommen. Beispielsweise wird heute bereits die IP-basierte Sprachtelefonie priorisiert, damit man ohne Störungen Telefonate über das Netz führen kann. Entscheidend ist jedoch, dass das so genannte „Best-Effort-Internet“ nicht zurückgedrängt werden darf. Dessen Kapazität muss auch in Zukunft wachsen und soll nicht von solchen Diensten ersetzt werden, die vom jeweiligen Infrastrukturanbieter präferiert werden. Verhindert werden muss auch, dass marktbeherrschende Unternehmen einzelne Anwendungen im Internet aus strategischen Gründen blockieren oder verzögern. Im Prinzip muss auch weiterhin jeder Inhalt frei im Netz verbreitet und abgerufen werden können.

Diese aus unserem Antrag zitierten Grundsätze sind für uns auch Leitlinien bei der Beurteilung des neuen Tarif-modells der Deutschen Telekom AG im Festnetzbereich, das gerade aktuell sehr kontrovers diskutiert wird. Vermutlich hätte die Telekom die Vorschläge in dieser Form gar nicht vorgelegt, wenn es hierzu bereits eine klarere gesetzliche Regelung geben würde. Obwohl sich formal fast jeder auf das Prinzip der Netzneutralität beruft, be-steht nämlich große Verunsicherung darüber, was darunter exakt zu verstehen ist – etwa im Hinblick auf die Frage, wo genau die Grenzen zwischen zulässigem Netzwerkmanagement und Tarifgestaltungsmöglichkeiten der Unternehmen einerseits und deren Begrenzung durch die Gebote der Netzneutralität und Diskriminierungsfreiheit andererseits verlaufen. Hier würde eine gesetzliche Rahmensetzung sowohl für Verbraucherinnen und Verbraucher als auch Unternehmen mehr Rechtsicherheit schaffen.

Klar ist, dass letztlich die Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde darüber wachen muss, ob die gesetzlichen Regelungen im Einzelfall eingehalten werden. Sie muss aber klare Kriterien vorgegeben und auch die Möglichkeit haben, wirksam gegen Verstöße vorzugehen. Insoweit besteht eine Regelungslücke im Gesetz und in der Praxis, die es zu schließen gilt. Neben verbesserten Befugnissen, konkret einzuschreiten, wollen wir, dass die Bundesnetz-agentur einen jährlichen Bericht an den Deutschen Bundestag zum Stand der Netzneutralität in Deutschland erstellt. Nach unseren Vorstellungen sollen darin nicht nur festgestellte Verstöße gegen Netzneutralität aufgenommen werden, sondern auch Aussagen über die Qualität des Netzes und die Sicherung von „Best Effort“ und Mindestqualitäten. Dies würde die Unternehmen unter Zugzwang setzen, dafür zu sorgen, dass das Best-Effort-Internet erhalten und ausgebaut und nicht durch eine Vielzahl von „Managed Services“ ausgehöhlt wird. (…)

Wenn wir die Teilhabe von allen am Internet und dessen Potenzialen sichern wollen, dann geht es nicht nur um Netzneutralität und ein diskriminierungsfreies Netz. Die Menschen müssen erst einmal den Zugang zu schnellem Internet haben, um die dort verbreiteten Dienste und Informationen überhaupt abrufen zu können. Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich deshalb seit langem dafür ein, schnelles Internet für alle endlich zu verwirklichen und den Breitbandausbau in Deutschland deutlich zu forcieren.

Auch bei der Breitbandversorgung bleibt die Bundesregierung weit hinter ihren eigenen Ankündigungen zurück. Alle in der Breitbandstrategie der Bundesregierung angelegten Ziele drohen zu scheitern. (…)

Zur Absicherung einer flächendeckenden Grundversorgung fordert die SPD bereits seit längerem, eine europarechtskonforme Universaldienstverpflichtung mit einer bestimmten Bandbreite in das Telekommunikationsgesetz aufzunehmen. Für uns stellt heute der Zugang zum schnellen Internet einen Teil der Daseinsvorsorge in der Informationsgesellschaft dar, auf den die Menschen einen Anspruch haben. (…)

Von der Grundversorgung und einer entsprechenden Universaldienstverpflichtung zu unterscheiden sind die weitergehenden Ziele der Bundesregierung im Hinblick auf höhere Bandbreiten von mindestens 50 Megabit pro Sekunde, die mit anderen Mitteln umgesetzt werden müssen. Eine solche Bandbreite ermöglicht es, dass mehrere Teilnehmer in einem Haus anspruchsvollere Anwendungen wie insbesondere HD-TV und Video-Downloads nutzen können. Es ist davon auszugehen, dass der Bandbreitenbedarf pro Haushalt gerade durch verstärkte Nutzung solcher audiovisueller Dienste weiter deutlich steigen wird. Deshalb brauchen wir eine dynamische Entwicklung beim Breitbandausbau und zusätzliche Investitionen in Hochleistungsnetze, insbesondere in den Ausbau der Glasfasernetze. (…)

Was Hochleistungsnetze angeht, ist die Situation in Deutschland gespalten. In größeren Städten haben wir einen funktionierenden Infrastrukturwettbewerb von Kabelunternehmen und Festnetzbetreibern wie der Deutschen Telekom. Aufgrund dieser Situation werden die Telekom und andere Unternehmen demnächst V-DSL mit der neuen Vectoring-Technik aufrüsten, so dass dort entsprechende Bandbreiten verwirklicht werden können. Es ist damit zu rechnen, dass dann etwa zwei Drittel der Haushalte eine gute Versorgung mit hohen Bandbreiten haben werden. Ein Viertel bis ein Drittel der Haushalte werden jedoch von dieser Entwicklung abgehängt.

Deshalb müssen wir die politischen Rahmenbedingungen so setzen, dass bestehende Wirtschaftlichkeitslücken in der Fläche schrittweise geschlossen und zusätzliche Investitionsanreize gesetzt werden. Wir schlagen hierfür in unserem Antrag einen Maßnahmenmix vor. Synergieeffekte müssen noch konsequenter genutzt und Rechts- und Planungssicherheit durch eine innovations- und investitionsfreundliche Regulierung geschaffen werden. Auch eine effiziente Frequenznutzung und zusätzliche Möglichkeiten für mobiles Breitband können einen Beitrag leisten, wobei Mobilfunk eine wichtige Ergänzung des Angebots darstellt, den weiteren Festnetzausbau aber keineswegs ersetzt.

Notwendige zusätzliche private Investitionen könnten durch eine intelligente Förderpolitik stimuliert werden, die Mitnahmeeffekte vermeidet und den optimalen He-beleffekt für Unternehmensinvestitionen setzt. Bestandteil eines solchen Gesamtkonzeptes sollten aus unserer Sicht beispielsweise ein KfW-Sonderprogramm sowie „Breitbandfonds“ sein, in die sowohl institutionelle Anleger als auch Bürgerinnen und Bürger investieren können, um zusätzliche Gelder für den teuren Ausbau von Hochleistungsnetzen zu mobilisieren. (…)

Will man zum Abschluss dieser Legislaturperiode der Bundesregierung ein Zeugnis in Sachen Netzpolitik ausstellen, so kann man leider Folgendes konstatieren: beim Urheberrecht, dem Datenschutz und bei der Netzneutralität hat sie das Thema weitgehend verfehlt, die Ergebnisse beim Verbraucherschutz und beim Breitbandausbau sind mangelhaft. Trotz dieser schlechten Bilanz plädiere ich jedoch für die Versetzung des für Telekommunikation zuständigen Ministers Rösler – allerdings in den Ruhestand. Ein Nachsitzen in der nächsten Wahlperiode in derselben Position würde uns netzpolitisch nur noch weiter zurückwerfen. Denn: es geht nicht um schöne Ankündigungen, es geht um Taten!“

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Zum SPD-Regierungsprogramm

Standpunkt aus Berlin Depesche Nr. 76

Deutschland besser und gerechter regieren

Liebe Leserinnenund Leser,

beim SPD-Parteitag in Augsburg hat Kanzlerkandidat Peer Steinbrück in einer überzeugenden Rede deutlich gemacht, worum es bei der Bundestagswahl am 22. September geht: Wir brauchen eine bessere und gerechtere Politik für unser Land!

Deutschland wird heute schlecht regiert. Die konfuse doppelte Energiewende von Schwarz-Gelb kommt Unternehmen und Verbrauchern teuer zu stehen. Die Regierungskoalition ist in wichtigen Fragen in sich zerstritten und nach wie vor in Klientelpolitik gefangen.

Auf europäischer Ebene profitiert Angela Merkel zwar noch von der wirtschaftlichen Bedeutung und Arbeitsmarktstabilität der Bundesrepublik, die nicht zuletzt durch die frühere SPD-Regierungspolitik ermöglicht wurde. Aber eigene Konzepte hat sie nicht vorgelegt, sondern manches Problem in Kohl‘scher Tradition versucht auszusitzen. Eine Lösung der Eurokrise ist jedenfalls noch nicht in Sicht, wie zuletzt das Beispiel Zypern deutlich gemacht hat.

In der Innenpolitik sind das Kürzen von Programmen wie „Soziale Stadt“ zu Lasten notleidender Kommunen, die Verweigerung eines gesetzlichen Mindestlohns und die Verabschiedung eines familien- und bildungspolitisch verfehlten Betreuungsgeldes weitere Beispiele dafür, dass diese Koalition den Herausforderungen nicht gewachsen ist.

Die SPD hat mit ihrem Regierungsprogramm bessere und gerechtere Alternativen dargelegt. Wer die Ungleichheit in unserer Gesellschaft wirksam bekämpfen will, muss zuvorderst in Bildung investieren. Nur so können wir gute Zukunftschancen für alle Bevölkerungsgruppen sichern. Das erfordert zusätzliches Geld. Finanziert werden soll dies jedoch eben nicht durch neue Schulden, die nachfolgende Generationen zusätzlich belasten würden.

Stattdessen möchte die SPD einen höheren finanziellen Beitrag von denen einfordern, die es am besten verkraften können. So soll der Spitzensteuersatz ab 100.000 Euro Einkommen auf 49 Prozent angehoben werden (200.000 Euro bei Verheirateten). Das ist immer noch deutlich weniger als unter

 

Helmut Kohl gezahlt wurde. Über eine Finanztrans­aktionssteuer soll auch der Finanzsektor stärker an den Kosten der Krise beteiligt werden. Und ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro wird verhindern, dass viele Menschen trotz Vollerwerbsarbeit auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Insgesamt werden wir dadurch eine neue soziale Balance herstellen.

Zusätzliche Finanzmittel sind für Kommunen und zum Ausbau unserer Infrastruktur vorgesehen. Hierdurch profitieren werden die Menschen vor Ort und nicht zuletzt auch die Wirtschaft.

So wollen wir die ökonomischen Chancen nutzen und den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft stärken. Hierfür treten Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten seit nunmehr 150 Jahren ein. Unsere Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität sind nach wie vor aktuell und Leitschnur unserer Politik.

Die SPD erinnert sich in ihrem Jubiläumsjahr an viele sozialdemokratische Persönlichkeiten, die in der Geschichte unseres Landes eine wichtige Rolle gespielt haben. An Otto Wels, dessen mutige Reichstagsrede gegen das Ermächtigungsgesetz der Nazis bis heute als ein Symbol für ein demokratisches Deutschland steht. Oder an Willy Brandt, dessen zunächst umstrittene Ostpolitik den Weg für Entspannung und eine Überwindung der europäischen Teilung bereitet hat. Und an zahlreiche gesellschaftliche Reformen, die wir angestoßen haben und die zu mehr Demokratie, sozialer Sicherheit und starken Arbeitnehmerrechten geführt haben.

Im Sinne dieser Traditionen wollen wir weiterarbeiten – für ein gerechtes Deutschland und ein friedliches Europa.

 

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Steinmeier begeistert in Porz

Neujahrsempfang des SPD-Stadtbezirks Porz/Poll

Die Stimmung hätte nicht besser sein können als der SPD-Stadtbezirk Porz/Poll am 5. März zum Frühjahrsempfang lud. Über 220 Gäste im gut gefüllten Porzer Rathaussaal ließen es sich nicht nehmen, der engagierten Rede des Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Frank-Walter Steinmeier, beizuwohnen.

SPD-Stadtbezirksvorsitzender Ingo Jurek eröffnete die Veranstaltung und konnte wieder einmal zahlreiche Vertreter aus Vereinen und Betrieben begrüßen. Der Kölner SPD-Vorsitzende und Landtagsabgeordnete Jochen Ott läutete den politischen Teil des Abends ein. Er lobte die aktuellen Konzepte der SPD-Bundestagsfraktion für eine verbesserte Infrastruktur: „Der Bund ist in der Pflicht, zusätzliche Mittel für die Instandsetzung maroder Straßen und Brücken bereit zu stellen, damit Land und Kommunen nicht erst der Verkehrskollaps und dann das wirtschaftliche Desaster droht“.

Moderator Wolfgang Link befragte anschließend den Bundestagsabgeordneten Martin Dörmann zu einigen seiner Schwerpunktthemen. Der medienpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion betonte die Bedeutung von Qualitätsjournalismus und Medienvielfalt für die Demokratie und wies auf wichtige SPD-Initiativen hin. Als Wirtschaftspolitiker setze er sich zudem insbesondere für die Modernisierung unserer Infrastrukturen ein, sei es im Bereich Energie, Verkehr oder beim Breitbandausbau. Kritisch äußerte er sich zum geplanten Wegzug der Lufthansa-Hauptverwaltung aus Köln: „Wir sollten alle Möglichkeiten nutzen, um die Arbeitsplätze am sehr leistungsfähigen Standort Köln zu halten.“ Entsprechende Gespräche mit Vorstand und Betriebsräten seien bereits verabredet.

dem Motto „Projekt Zukunft – Deutschland 2020“ spannte schließlich Frank-Walter Steinmeier einen weiten thematischen Bogen an bundespolitischen Themen. Er prangerte unzählige leere Versprechungen und dauernde Kurswechsel der schwarz-gelben Bundesregierung an: „Wenn sie uns dann kurz vor den Wahlen bei einigen Themen hinterherlaufen, heißt das doch, dass wir ihnen voraus sind“, bemerkte der Fraktionsvorsitzende.

Besonderes Augenmerk legte Steinmeier in seiner gut 45-minütigen Rede, die oft von großem Beifall unterbrochen wurde, auf die SPD-Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn. „Aber das kann nur die untere Grenze beschreiben. Wir brauchen eine darüber hinausgehende Perspektive für die Menschen mit ordentlichen Tariflöhnen!“ Hier verstehe sich die SPD durchaus als „Betriebsrat der Nation“. Perspektivisch sei zudem der sich weiter verschärfende Fachkräftemangel ein Problem, das noch stärker als bisher im Fokus der Politik stehen müsse. Deshalb müsse mehr in Bildung und Aus-
bildung investiert und Frauen bessere Berufschancen eröffnet werden. „Nicht das Blaue vom Himmel versprechen, sondern ehrliche Politik machen“ – das sei der Slogan, mit dem die SPD in diesem Jahr den Regierungswechsel schaffen wolle. „Wir brauchen wieder eine Politik, die ein Ziel hat, die voran geht, die unsere Gesellschaft stärker macht und gerechter!“

Zum Abschluss der Veranstaltung traf man sich im Foyer zum Gespräch mit den Mandatsträgern zu musikalischer Unterhaltung der Gruppe Rockabella’s.

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Medienpolitischer Dialog

Am 18 . April fanden auf Einladung von Martin Dörmann erneut Experten und Gäste aus Verbänden, Medien, Wirtschaft und Wissenschaft zusammen, um beim zweiten Medienpolitischen Dialog der SPD-Bundestags­fraktion über die Perspektiven des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu diskutieren. Neben dem Vorsitzenden der ARD und NDR-Intendanten, Lutz Marmor, und dem Intendanten des ZDF, Dr. Thomas Bellut, stellten der Verfassungsrechtler Prof. Dr. Wolfgang Schulz sowie die für die Seite der Bundesländer hauptzuständige Chefin der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, Staatssekretärin Jacqueline Kraege (SPD), ihre jeweilige Sicht auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk dar. Pointiert kommentiert wurden die Beiträge vom bekannten Blogger und SPIEGEL-Autor Stefan Niggemeier.

Erst kurz zuvor hatte die ARD bekannt gegeben, dass sie in Kooperation mit dem ZDF drei der sechs Digitalkanäle einsparen wolle. Da sich das ZDF wenig begeistert von diesen Vorschlägen gezeigt hatte, war nach Tagen der fachöffentlichen Debatte das Interesse groß, das erste öffentliche Zusammentreffen der beiden Spitzen von ARD und ZDF mitzuerleben.

Schon in seiner Einleitung wies Martin Dörmann darauf hin, wie breit das Feld der Herausforderungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist. Gerade im Zusammenspiel der Mediengattungen Rundfunk-, Print- und Online-Medien gebe es neue Gemeinsamkeiten, aber auch klare Konkurrenzsituationen. Hier sei es wichtig, dass die Mediengattungen nicht gegeneinander arbeiteten, sondern die gemeinsame Klammer der Qualitätsmedien zum Tragen brächten. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk habe auch im Internetzeitalter nichts an Relevanz eingebüßt, müsse nur auf gewohnt hohem Niveau zeitgemäßer und jünger werden. Dabei sei gutes Programm und ein scharfes Profil die beste Grundlage für größtmögliche Akzeptanz der öffentlich-rechtlichen Medien, die insbesondere nach der Gebührenumstellung Anfang 2013 unter neuem Legitimationsdruck ständen. Hierbei müsse der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine Gradwanderung zwischen populären Inhalten und Unabhängigkeit von der Quote hinbekommen, um somit dem Anspruch eines Vollprogramms aus Unterhaltung und Information für alle zahlenden Zuschauerinnen und Zuschauer gerecht zu werden.

Professor Wolfgang Schulz wies als Rechtsexperte auf die verfassungsrechtlich garantierte Entwicklungsgarantie des Rundfunks hin. Man dürfe die öffentlichen Inhalte nicht als bloßen „Lückenfüller“ für das begreifen, was der private Rundfunkmarkt nicht von selbst bereitstelle, sondern müsse Programmvielfalt und den „Erhalt einer politisch gehaltvollen Öffentlichkeit“ als Kernpunkt der Weiterentwicklung verstehen. Mit Blick auf Transparenz und Effizienz plädierte er in Anlehnung an den „3-Stufen-Test“ für Online-Inhalte für ein Verfahren, das Relevanz und Reichweite neuer Programminhalte auch im linearen Rundfunk überprüfen solle. Gleichzeitig dürfe man aber mit Blick auf das Verfassungsrecht „nicht Finanzierungsfragen mit Programmfragen vermischen“. Zentralen Optimierungsbedarf sah Schulz in der Erreichbarkeit aller und insbesondere der jüngeren Bevölkerungsgruppen. Dies könne nur durch verstärkte Innovations- und Experimentierfreudigkeit im Programm erreicht werden, die jedoch gleichzeitig die bestehende Programmqualität nicht aushöhlen dürfe.

Der ARD-Vorsitzende und NDR-Intendant Lutz Marmor ging in seinem Statement verstärkt auf die Daseinsberechtigung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein: „Unsere Aufgabe ist, den Menschen zu erklären, wofür es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt.“ Der Dreiklang aus Information, Qualität und (politischer bzw. wirtschaftlicher) Unabhängigkeit sei zentral für das Rundfunk-Selbstverständnis. Investigative Recherche (wie im jüngsten Fall der Steueroasen) sei ein gutes Beispiel für die demokratiestützende Arbeit des Rundfunks. Gleichzeitig seien die Sender über ihre Lokalredaktionen und Radiostationen auch in der Fläche verwurzelt und könnten auch dort für hochqualitative Berichterstattung sorgen, wo sonst mit Glück noch eine Lokalzeitung existiere. Mit Blick auf die Kritik am seichten Programm betonte er: „Das Schielen nach Quote ist nicht unanständig!“ Vielmehr müsse die ARD allen Zuschauern gerecht werden. Bewährtes auszubauen und Neues probieren gehörten da zusammen. Insgesamt müsse die Jugend stärker in den Blick genommen werden. Ein möglicher neuer Jugendkanal könne aber eine Verjüngung insbesondere der dritten Programme nicht ersetzen. Die ARD und ZDF seien nur „gemeinsam stark“ und müssten in Zeiten knapper Kassen ihre Kräfte bündeln.

Dr. Thomas Bellut räumte als Intendant des ZDF in manchen Programmbereichen „noch Luft nach oben“ ein. Das bisherige Familienprogramm sei lange ein großer Erfolg gewesen, jedoch seien jüngere Zuschauerschichten „ganz klar ein Problem“ im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die „schwierige Zuschauergruppe“ der Jugendlichen habe oft auch andere Ansprüche als zunächst erwartet. So finde das Doku-Segment bei jungen Zuschauern erstaunlich großen Anklang. Aber: Nur mit neuem Personal sei es möglich, neue Gesichter und Programme aufzubauen. Die Digitalkanäle betrachtete Bellut hier als einen Weg, „noch jünger, noch moderner“ zu werden. So sei im Ringen um die besten Konzepte auch die momentane „Disharmonie“ mit der ARD in Sachen Digitalkanäle zu bewerten. Deren Vorschläge seien aber einfach nicht praxistauglich. Dennoch wolle man die Vorschläge einer Reduktion der Digitalkanäle gründlich prüfen, um im Einklang mit der ARD zu effizienteren Strukturen zu kommen. Dies sei nötig, da die Sparzwänge bereits die Schließung des Kulturkanals erzwungen und die Eröffnung neuer Kanäle unmöglich gemacht hätten.

Der Medien-Blogger und SPIEGEL-Kolumnist Stefan Niggemeier legte nach den wohlabgewogenen Statements der Intendanten den Finger in die Wunde: Hart aber schmissig-pointiert ging er mit überhäufiger Berichterstattung über royale Ereignisse oder die „Check-Epidemie“ ins Gericht. Zu viel vom Gleichen und Seichten sorge dafür, dass jugendliche Zuschauer einfach nicht einschalten würden: „Ein fehlender Jugendkanal ist nicht der Grund, warum ARD/ZDF nicht von Jugendlichen gesehen wird.“ Die öffentlich-rechtlichen Sender würden nicht als die Orte wahrgenommen, in denen ausprobiert werde, zumal innovative oder hochqualitative Formate oft ins Nachtprogramm verbannt würden. Insgesamt lasse der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein Wir-Gefühl vermissen, das er letztlich allen Beitragszahlern schuldig sei.

Staatssekretärin Jacqueline Krage aus Rheinland-Pfalz wies auf die vieldiskutierte Gebührenreform und sich damit neu stellende Fragen vonseiten der Zuschauer hin. Dazu gehörten Forderungen nach verstärkter Transparenz und einem besseren Programm. Sie unterstrich, dass es für die Zuschauer nur ein öffentlich-rechtliches System gebe. Differenzen zwischen ARD und ZDF seien daher kaum vermittelbar. Kraege warnte mit Blick auf die mangelnde Erreichbarkeit der jüngeren Zuschauer vor einem „Generationenabriss“, erteilte jedoch jeden Wünschen nach höheren Geldern für einen Jugendkanal eine klare Absage. Alle Veränderungen müssten im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten bewältigt werden. Abschließend ging Kraege auf technische Zukunftsfragen ein, etwa die der Standards für die Übertragungswege (z. B. DVB-T) oder auch Verpflichtungen für Anbieter von sog. Hybrid-Fernsehern. Sie warnte davor, auch im internationalen Raum Medienregulierung nach rein wirtschaftlichen Kriterien zu bemessen: „Medien sind kein Wirtschaftsgut wie jedes andere.“

In der abschließenden, ausführlichen Diskussionsrunde mit den Podiumsteilnehmern brachten sich vor allem die Privatsender, Kabelnetzbetreiber und Verleger ein. Auch wenn am Ende der Veranstaltung der Eindruck stand, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk unter gewaltigem Veränderungsdruck steht, so wurde doch deutlich, dass das Rundfunksystem an sich ein bewährter Garant für Qualität und Vielfalt ist, das es anhand von vielen Detailfragen zeitgemäßer und innovativer auszurichten gilt.

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Berlin Depesche Nr. 76

Wahlkreiszeitung mit aktuellen Informationen aus Berlin und Köln.

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„Projekt Infrastrukturkonsens“

Ein zentraler Bestandteil für ein zukunftsfähiges Deutschland ist die Infrastruktur. Deshalb hat die SPD-Bundestagsfraktion in ihrem „Projekt Infrastrukturkonsens“ zu vielen Einzelaspekten neue Konzepte erarbeitet. Martin Dörmann hat hieran als Mitglied der „Steuerungsgruppe“ mitgearbeitet und selbst die Projektgruppe zum Thema Breitbandausbau geleitet.

Infrastrukturausbau setzt Investitionen und vorausschauende Planung voraus, in Energie- und Kommunikationsnetze, in Verkehrswege, in die Stadtentwicklung und in den Gebäudebestand. Wir müssen uns in unserem Land darüber verständigen, welche Investitionen besonders wichtig sind und vorrangig angegangen werden müssen. Kurzum: Es geht um das Projekt „Infrastrukturkonsens“. Zwei Jahre lang haben wir in mehreren Schwerpunkt-Projektgruppen innerhalb des „Infrastrukturkonsens“-Projekts konsequent an handfesten, realisierbaren Problemlösungen und praktischen Weichenstellungen für die kommenden Jahre gearbeitet.

Nachfolgend geben wir einen Überblick zu den wesentlichen Zielen, die wir für die betroffenen Politikfelder formuliert haben.

Moderne Infrastrukturpolitik: Unsere Ziele

Wir wollen die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig an der Planung neuer Infrastrukturvorhaben beteiligen und damit diese Vorhaben zugleich beschleunigen. Wir wollen die Energiewende voranbringen und dafür eine bezahlbare, sichere und umweltschonende Energieinfrastruktur bereitstellen. Der Neubau von Energieleitungen soll auf das notwendige Maß beschränkt werden. Mit einem Nationalen Verkehrswegeprogramm, in das 80 Prozent der Neu- und Ausbaumittel fließen, werden wir rasch die Engpässe an hoch belasteten Verkehrsachsen beseitigen. Wir wollen mehr Verkehr auf Schiene und Binnenschiff bringen und Staus verringern. Wir wollen eine flächendeckende Versorgung mit schnellen Internetanschlüssen sicherstellen. Neben einer Breitbandgrundversorgung für alle Nutzerinnen und Nutzer, die über einen Universaldienst sichergestellt werden soll, werden wir auch den weiteren privatwirtschaftlichen Ausbau der Hochgeschwindigkeitsnetze vorantreiben.

Wir werden die Städtebauförderung finanziell besser ausstatten und durch einen Investitionspakt mit den Ländern dafür sorgen, dass Gemeindestraßen und öffentliche Nahverkehrsinfrastruktur weiter angemessen vom Bund gefördert werden.

Bürgerinnen und Bürger frühzeitig beteiligen

Die Bürgerinnen und Bürger müssen bei Bauvorhaben wie Verkehrswegen oder Energietrassen künftig frühzeitig und umfassend beteiligt werden. Mehr Bürgerbeteiligung steht nicht im Widerspruch zu kurzen Planungs- und Bauzeiten. Im Gegenteil: Breite Akzeptanz von Bauvorhaben sichert deren rasche Umsetzung.

Durch eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung wollen wir die Bevölkerung frühzeitig bei der bundesweiten Planung der Energie- und Verkehrsnetze einbeziehen. Die Bürgerinnen und Bürger müssen zudem vor Ort frühzeitig bei der Auswahl der Trasse und der Dimensionierung des Projekts mitwirken

können. Wir wollen die Bürgerbeteiligung auch beim Bau von Flughäfen und der Festlegung von Flugrouten verbessern. Die Deutsche Flugsicherung soll verpflichtet werden, die Öffentlichkeit bei der Festlegung der An- und Abflugrouten frühzeitig einzubeziehen.

Transparenz herstellen

Sämtliche Planungsunterlagen müssen per Internet und an einem öffentlichen Ort zugänglich sein. Alle Anhörungs- und Erörterungstermine sollen öffentlich sein. Behörden sollen verpflichtet werden, Alternativvorschläge zu prüfen. Alle Genehmigungsbehörden und öffentliche Planungsträger sollen einen Bürgeranwalt einsetzen, der die Bürgerinnen und Bürger berät und auf die Einhaltung der Beteiligungsrechte achtet.

Planungen beschleunigen

Planungen sowie die gerichtliche Überprüfung von Planungsentscheidungen sollen beschleunigt werden, indem etwa Doppelprüfungen zur Umweltverträglichkeit vermieden werden.

Volksentscheide auf Bundesebene zulassen

Wir wollen Volksbegehren und Volksentscheide zu Grundsatzfragen der Infrastrukturentwicklung auf Bundesebene ermöglichen, beispielsweise zu den Bedarfsplänen für Bundesverkehrswege und zum Netzausbau im Energiebereich.

Die Energieinfrastruktur fit machen für die Energiewende

Der Umbau der Energieversorgung muss bezahlbar bleiben. Wir werden deshalb darauf achten, dass die Kosten nicht aus dem Ruder laufen.

Neubau auf das Notwendige beschränken

Den Neubau von Stromleitungen wollen wir daher auf das Notwendige beschränken. Dazu müssen alle Möglichkeiten der Energieeinsparung genutzt werden. Denn jede nicht benötigte Kilowattstunde verringert den Bedarf an neuen Stromleitungen. Um den Neubaubedarf an Stromleitungen zu verringern, werden wir außerdem Anreize schaffen, damit Anlagen zur Energieerzeugung verstärkt dort gebaut werden, wo die Energie benötigt wird.

Neue Techniken nutzen

Es müssen alle Möglichkeiten zur Erhöhung der Kapazität bestehender Leitungen ausgeschöpft werden. Vorhandene Trassen sollen deshalb mit Hochtemperaturseilen ausgerüstet werden, die gegenüber herkömmlichen Techniken die doppelte Strommenge transportieren. Zur Überbrückung größerer Entfernungen sollte die HGÜ-Technik (Gleichstrom-Höchstspannung) genutzt werden.

Die vier Pilotstrecken für die Erdverkabelung von Höchstspannungsleitungen müssen schnellstmöglich abgeschlossen, rechtliche und administrative Hemmnisse und Unklarheiten müssen beseitigt werden. Nach Auswertung der ersten Pilotstrecke soll die Erdverkabelung ausgeweitet und auf längeren Streckenabschnitten erprobt werden.

Finanzierung sichern

Die Finanzierung der Netze muss durch privates Kapital erfolgen. Investoren brauchen dafür Anreize. Für die Übertragungsnetze und die Anbindung von Meereswindparks streben wir eine deutschlandweite Netz AG an. An ihr soll sich die öffentliche Hand finanziell so stark beteiligen, dass sie die Netz AG steuern kann.

Sichere Versorgung gewährleisten

Die Versorgungssicherheit muss auch bei schwankender Stromeinspeisung aus Erneuerbaren Energien gewährleistet bleiben. Deshalb wollen wir das Vorhalten von Erzeugungskapazitäten und variabler Lasten stärker honorieren. Auch die Betreiber von Erneuerbare-Energie-Anlagen müssen verstärkt in die Verantwortung für die Systemstabilität der Netze genommen werden. Um den Bau von Energiespeichern voranzutreiben, werden wir ein Speichergesetz auf den Weg bringen. Den europäischen Stromverbund wollen wir so weiterentwickeln, dass es dazu beiträgt, ein auf erneuerbarer Energieversorgung beruhendes System zu stabilisieren.

Neuanfang bei der Planung der Bundesverkehrswege einleiten

Im Bereich der Verkehrswege sind wir mit gewaltigen Herausforderungen konfrontiert: Kapazitätsengpässe und Staus infolge wachsenden Güterverkehrs, Verkehrslärm, Verfehlen der Klimaschutzziele, Verfall der Infrastruktur durch fehlende Unterhaltung.

Verkehrsnetze verkehrsträgerübergreifend planen

Wir wollen deshalb einen Neuanfang bei der Planung der Bundesverkehrswege einleiten. Die Planung der Bundesverkehrswege muss künftig verkehrsträgerübergreifend erfolgen. Statt einer isolierten Betrachtung einzelner Projekte werden wir das verlässliche Funktionieren des Verkehrsnetzes als Ganzes in den Mittelpunkt stellen.

Engpassbeseitigung Priorität einräumen

Eine klare Priorität setzen wir bei der Beseitigung von Engpässen und dem Ausbau hoch belasteter Hauptachsen und Knotenpunkte. Hierfür werden wir ein „Nationales Verkehrswegeprogramm“ aufgelegen, in das 80 Prozent der Neu- und Ausbaumittel fließen. Die Erschließung der Fläche wird nicht vernachlässigt. Hierfür stehen weiterhin 20 Prozent der Investitionsmittel zur Verfügung.

Substanzverfall stoppen

Wir wollen den Substanzzerfall unserer Verkehrswege stoppen. Die Bundesregierung soll künftig alle zwei Jahre einen Verkehrsinfrastrukturbericht vorlegen, der Schwachstellen im Verkehrsnetz aufdeckt und den Finanzbedarf für die Erhaltung der Verkehrswege offen legt. Damit hierfür ausreichend Geld zur Verfügung steht, gilt der Grundsatz: Erhalt geht vor Aus- und Neubau.

Verkehr verlagern

Wir werden die Voraussetzung schaffen, um Verkehre auf Bahn und Binnenschiff zu verlagern. Dazu

müssen insbesondere die Kapazitätsengpässe im Schienennetz beseitigt werden. Nicht mehr die Erhöhung der Reisezeit auf isolierten Punkt-zu-Punkt-Verbindungen darf im Vordergrund stehen, sondern die Erhöhung der Netzkapazität – insbesondere für den Güter- und Regionalverkehr. Wir wollen eine höhere Zuverlässigkeit des Netzes erreichen und seine Störungsanfälligkeit vermindern.

Lärmbelastung verringern

Wir werden den Schutz vor Verkehrslärm deutlich verbessern. Wir wollen, dass ab 2020 keine lauten Güterwagen mit Graugussbremssohlen in Deutschland mehr verkehren. Wir werden deshalb alle Voraussetzungen für eine rasche Umrüstung des deutschen Güterwagenbestandes schaffen und darauf drängen, dass lauten Graugussbremssohlen 2020 die europäische Zulassung entzogen wird.

Schnelles Internet für alle

Leistungsfähige Internetanschlüsse sind entscheidend für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung Deutschlands. Sie bilden die Voraussetzung, dass sich Unternehmen ansiedeln und Arbeitsplätze schaffen, dass Menschen soziale Kontakte knüpfen und neue Formen der demokratischen Beteiligung nutzen.

Flächendeckende Versorgung sicherstellen

Wir wollen deshalb rasch eine flächendeckende Versorgung mit schnellen Internetanschlüssen in ganz Deutschland erreichen. Dabei setzten wir auf private Investitionen und kreative Wettbewerbslösungen. Für den Fall, dass wettbewerbliche Lösungen allein nicht zum Ziel führen, werden wir die Grundversorgung durch einen gesetzlichen Universaldienst absichern, mit der die Unternehmen je nach Marktanteil über ein Umlageverfahren zum Aufbau einer flächendeckenden Internetgrundversorgung verpflichtet werden

Hochleistungsnetze ausbauen

Darüber hinaus wollen wir den Aufbau von Hochleistungsnetzen mit modernen Glasfaserkabeln vorantreiben. Um Marktverzerrungen oder ineffiziente Doppelinvestitionen zu vermeiden, sollen alle Anbieter zu diskriminierungsfreien Konditionen die Netze von Wettbewerbern nutzen können. Um die Kosten zu senken, müssen die Wettbewerber stärker zusammenarbeiten. Dafür werden wir die Rahmenbedingungen schaffen.

Gezielter fördern

Wir werden die staatlichen Förderprogramme zielgerichteter ausgestalten. Sie  sind konsequenter als bisher auf Qualitätsentwicklung, kommunale Flächenversorgung und Hochgeschwindigkeitsnetze zu orientieren.  Dabei müssen bloße Mitnahmeeffekte vermieden und eine möglichst große Hebelwirkung für private Investitionen erreicht werden. Zudem werden wir ein neues KfW-Sonderfinan­zierungs­programm schaffen, um zusätzliche Breitbandinvestitionenvon Kommunen und Unternehmen anzustoßen.

Kommunale Infrastruktur sichern. Den Kommunen eine verlässliche Perspektive geben

Ob Kindergärten, Gemeindestraßen oder öffentlicher Personennahverkehr, überall stehen Städte und Gemeinden angesichts knapper Kassen und vielerorts sinkender Bevölkerungszahlen vor der Herausforderung, wie sie die grundlegenden Einrichtungen der Daseinsvorsorge für ihre Bürgerinnen und Bürger sichern können. In einer solchen Situation darf der Bund die Kommunen nicht allein lassen.

Städtebauförderung verbessern

Wir werden deshalb die Städtebauförderung weiterentwickeln und finanziell absichern. Die von der jetzigen Bundesregierung vorgenommene Kürzung der Städtebauförderung werden wir rückgängig machen und die Mittel hierfür auf mindestens 700 Millionen Euro jährlich anheben.

Soziale Stadt fortentwickeln

Stadtentwicklungspolitik ist mehr als Häuser-Bauen. Es geht um Investitionen in das Wohnumfeld und in lebenswerte Nachbarschaften, in das Zusammenleben von Menschen verschiedenen Alters, verschiedener Herkunft und aus unterschiedlichen sozialen Schichten. Wir werden deshalb das von der Bundesregierung halbierte Programm „Soziale Stadt“ zum Leitprogramm der Städtebauförderung ausbauen. Es ist ein zentrales Instrument im Kampf gegen die soziale Spaltung unserer Gesellschaft

Kooperation belohnen

Um vorhandene Mittel effizienter einzusetzen, wollen wir Anreize für Kooperationen zwischen Gemeinden schaffen. Solche Kooperationen werden wir zur Fördervoraussetzung machen bzw. durch bessere Förderbedingungen belohnen. Durch die Einführung von Regionalbudgets werden wir regional angepasste Entwicklungsstrategien unterstützen.

Verkehrsinfrastruktur der Gemeinden sichern

Wir streben einen Investitionspakt für die kommunale Verkehrsinfrastruktur an. Die Länder sollen Investitionsmittel für die kommunale Verkehrsinfrastruktur erhalten und sich im Gegenzug verpflichten, die Gelder zweckgebunden zu verwenden.

Sollte es bei der anstehenden Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs nicht gelingen, den Ländern einen ausreichenden Ausgleich für die entfallenden Entflechtungsmittel zu verschaffen, so sollen den Ländern nach 2019 zweckgebunden und verlässlich Mittel zur Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen in den öffentlichen Nahverkehr und kommunalen Straßenbau zur Verfügung gestellt werden.


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Zum neuen Rundfunkbeitrag

Standpunkt aus Berlin Depesche Nr. 75

Für eine gerechte und zukunftsfähige Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

seit Januar hat der neue Rundfunkbeitrag das bis-herige Gebührensystem im öffentlich-rechtlichen Rundfunk abgelöst. Hierauf hatten sich zuvor alle Bundesländer in einem Staatsvertrag verständigt, da Rundfunkangelegenheiten Ländersache sind.
Statt der bisherigen gerätebezogenen Abgabe (etwa für Fernseher, Radio, Autoradio) gibt es nun einen pauschalen Beitrag je Haushalt oder Betriebsstätte. Dieser ist bei Haushalten im Regelfall identisch mit dem bisherigen Beitrag von 17,98 Euro. Für die allermeisten Menschen in Deutschland ändert sich also nichts.

Durch den neuen Rundfunkbeitrag soll einerseits die langfristige Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sichergestellt werden. Gleichzeitig geht es aber auch darum, die öffentliche Akzeptanz zu erhöhen, in dem oftmals kritisierte Gerätekontrollen entfallen und ein System etabliert wird, das von allen solidarisch getragen wird.

Der große Vorteil ist, dass der Besitz von Empfangsgeräten nicht mehr von der GEZ überprüft werden muss. Viele Menschen haben diese bisherigen Kontrollen in ihrer Wohnung als unangenehm empfun-den. Einige haben sich durch Falschangaben oder Verweigerung der Überprüfung aus der finanziellen Verantwortung gestohlen. Gegen das „Schwarzsehen“ hat die GEZ aufwändige öffentliche Kampagnen durchgeführt.

Es ist nachvollziehbar, wenn einzelne Betroffenen dies kritisch sehen. In der Abwägung aller Argumente überwiegen aber meines Erachtens diejeni-gen für den neuen (solidarischen) Rundfunkbeitrag.

Von einigen Unternehmen wird kritisiert, dass sie im Ergebnis einen höheren Beitrag als bisher entrichten müssten. Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass die Modellrechnungen davon ausgehen, dass die Gesamtbelastung der Wirtschaft langfristig gleich bleibt. Dies war auch das von den Ländern verfolgte politische Ziel, da man eine Erhöhung für Bürgerinnen und Bürger vermeiden wollte. Durch den neuen – geräteunabhängigen – Berechnungsmodus ergeben sich Verschiebungen. Einige Unternehmen werden entlastet, andere belastet. Eine ganz perfekte Lösung ist hier zwangsläufig schwer zu finden. Bei der vorgesehenen Ãœberprüfung der Auswirkungen ist insofern sicherlich auch die möglichst gerechte Verteilung innerhalb der Wirtschaft zu betrachten. Sobald konkrete Einnahmezahlen vorliegen, wird über mögliche Änderungen zu entscheiden sein.

Wie sich die Beitragsneuordnung auf die Gesamt-einnahmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auswirkt, ist auch bei Experten umstritten. Bis 2014 wird geprüft werden, wie sich die Gesamteinnahmen entwickeln und ob der Rundfunkbeitrag nach oben oder unten korrigiert werden muss, um die festgesetzten Ausgaben zu decken. Auch ein späteres Absenken ist durchaus möglich, da die Rundfunkanstalten nicht einfach zu viel erhaltenes Geld einbehalten oder blind ausgeben dürfen, sondern eine Beitragsanpassung gesetzlich vorgeschrieben ist. Zudem werden die Bundesländer die Erfahrungen auswerten und prüfen, ob und welche Anpassungen insbesondere bei den Befreiungsregelungen gerecht und sinnvoll sind.

Alle Staatsbürgerinnen und Staatsbürger und auch die Wirtschaft profitieren direkt oder indirekt vom Informationsangebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und einer pluralen Medienord-nung. Diese besondere Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat auch das Bundesverfassungsgericht mehrfach herausgestellt. Gerade im internationalen Vergleich kann man feststellen, dass die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ei-nen ganz wesentlichen Beitrag für Qualitätsjournalismus, pluralistische Meinungsbildung sowie Vielfalt und damit für unser demokratisches Gemein-wesen leisten – und zwar im Hörfunk, im Fernsehen und im Onlinebereich. Diese Form von Informati-ons- und Unterhaltungsqualität gilt es zu bewahren und, wo nötig, zu verbessern. Gerade der neue Rundfunkbeitrag sollte dabei die Sendeanstalten noch mehr in die Pflicht nehmen, effizient mit den Geldern umzugehen, Verwaltungsstrukturen zu verschlanken und die Qualität und Akzeptanz der Angebote zu erhöhen.

Aus diesen Gründen möchte ich für die Neuord-nung der Rundfunkfinanzierung und den neuen Rundfunkbeitrag werben. Aus meiner Sicht ist ein leistungs- und zukunftsfähiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk für eine freie Information und Meinungs-bildung in einer demokratischen Öffentlichkeit un-verzichtbar. Auch von daher ist es wichtig, ein Bei-tragssystem zu schaffen, das langfristig die größtmögliche Akzeptanz in der Bevölkerung erfährt. Dies soll mit der Neuregelung des Rundfunkbeitrages erreicht werden. Einzelne Korrekturen nicht ausgeschlossen.

Wenn nun alle Wohnungen und Betriebsstätten einen Beitrag entrichten müssen, wird das Gebührensystem einfacher. Mittelfristig werden Kosten gespart, da Geräteerfassung, Kontrollen und Personal entfallen. Zudem lassen sich in Zeiten von Computern, Smartphones und Tablets kaum noch einzelne Empfangsgeräte sauber definieren. Es lässt sich nicht nachvollziehen, ob und in welchem Umfang auf solchen Geräten die Angebote abgerufen werden und deshalb das heimische Fernsehgerät entfällt. Somit ist es zeitgemäß, wenn nicht einzelne Geräte, sondern ganz allgemein die Möglichkeiten zum Empfang mit einer Abgabe belegt werden. Ebenso entfällt die Klärung komplizierter Eigentums- und Nutzungsverhältnisse, etwa in Wohngemeinschaften, nichtehelichen Lebensgemeinschaften oder Familien mit erwachsenen Kindern.

Das neue System ist unter dem Strich gerechter. Unabhängiger und hochwertiger Rundfunk für unterschiedliche Bedürfnisse und Vorlieben funktioniert nur als Solidargemeinschaft, an der sich alle beteiligen. Auch die Wirtschaft bleibt dabei einbezogen, wobei große Unternehmen mit vielen Angestellten einen höheren Beitrag als kleine zahlen.

Kritik haben vor allem die Veränderungen bei den Befreiungsregelungen erfahren. In der Tat war es früher eher leichter, sich von den GEZ-Gebühren befreien zu lassen. Dennoch bleibt eine Reihe von Befreiungs- oder Ermäßigungsmöglichkeiten bestehen: Für hochgradig schwerbehinderte Menschen mit dem Ausweiskennzeichen RF ist eine Reduzierung des Beitrags auf ein Drittel vorgesehen. Taubblinde Menschen und Empfänger von Blindenhilfe bleiben natürlich weiterhin befreit. Für die SPD war es zudem bei den Verhandlungen der Ländervertreter/innen von besonderer Bedeutung, dass vor allem die einkommensabhängigen Ausnahmeregelungen unverändert bleiben. Wer Sozialleistungen erhält, soll nicht mit Rundfunkgebühren belastet werden. Wer zum Beispiel Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe, Grundsicherung oder BAföG erhält, kann mit dem Nachweis der betreffenden Behörde die Befreiung vom Rundfunkbeitrag beantragen. Für bestimmte „Härtefälle“, etwa bei einem vergleichbar geringen Einkommen, sind zusätzliche Befreiungsmöglichkeiten durch die Rundfunkanstalten vorgesehen.

Insgesamt wurde ein Modell entworfen, das die Beiträge in der Regel stabil hält. Finanzielle Mehrbelastungen haben allerdings die Menschen, die bislang nur ein Radio zum Empfang genutzt haben oder gar keine Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Anspruch nehmen wollten. Im Sinne des Solidarprinzips wird dieser relativ kleine Personenkreis nun mit in die Verantwortung für unabhängigen und hochwertigen Rundfunk genommen. Die Reduzierung bei alleiniger Nutzung des Radios entfällt. Pro Wohnung ist ein Beitrag zu zahlen, unabhängig davon, ob und welche Rundfunkgeräte vorhanden sind. Der Beitrag wird also für die Möglichkeit gezahlt, sich über das Rundfunkangebot informieren, bilden und unterhalten lassen zu können – unabhängig von dem tatsächlichen Nutzungsverhalten.

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